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Skifahren in Schöneben

Wer leistet was im Skiparadies Reschenpass?

Publiziert in 20 / 2016 - Erschienen am 25. Mai 2016
Nauders hat den Kartenverbund gekündigt, weil man sich über ein leistungsgerechtes Abrechnungssystem nicht einigen konnte. Reschen/Nauders - Fest steht, dass die wintersportliche Zusammenarbeit über die Staatsgrenze hinweg einseitig gekündigt worden war. Der Einschreibebrief der Nauderer Bergbahnen war am 9. Juli 2014 am Sitz der Schöneben AG eingegangen. Deren Präsident, Oswald Folie, reagierte seinerseits mit einer Aussendung und erklärte: „Man konnte sich trotz intensiver Bemühungen und außergewöhnlich guter Angebote an die Nauderer Bergbahnen Bergkastel nicht einigen.“ Für einen Großteil der Bevölkerung sei dieser Schritt von Nauders unverständlich. Die 16-jährige, grenzüberschreitende Zusammenarbeit werde fahr­lässig aufgegeben, schreibt Folie. Von den Bergbahnen sei zudem über die Medien „ein verzerrtes Bild“ entstanden, mit dem der Schöneben AG „die Hauptschuld“ zugeschrieben werde. Präsident Folie bezog sich auf die Presseaussendung der Bergbahnen mit dem Titel „Vorläufiges Ende der Skigebietskooperation am Reschenpass“ vom 29. April 2016. Demnach sei die Südtiroler Seite der Nauderer Forderung nach einer leistungsbezogenen Abrechnung nicht entgegen gekommen. „Wir stellen gut die Hälfte aller Liftanlagen (Nauders 12, ­Schöneben 6, Haideralm 5) und Pisten im Kartenverbund und damit den größten Teil des Angebots, tragen aber auch die größten Kosten. Gleichzeitig bekommen wir gleich viel für unsere Leistung wie die kleineren Partner“, wird Geschäftsführer Heinz Pfeifer in der Nauderer Pressemeldung zitiert. Einseitige Darstellung Dazu meinte Oswald Folie dem der Vinschger gegenüber: „Die Nauderer Bergbahnen haben das sehr einseitig dargestellt. Mit unserer Stellungnahme wollen wir erklären, wie alles zustande gekommen ist“. Am 12. Mai 2016 „sah sich die Schöneben AG gezwungen, die Angelegenheit ins rechte Licht zu rücken“. Die seit 1999 bestehende Zusammenarbeit erfolgte über „ein leistungsbezogenes System und zwar wurde nach Zeiteinheiten abgerechnet.“ Auf Drängen von Nauders seien „nach relativ kurzer Zeit die ersten Anpassungen zum Vorteil von Nauders“ vorgenommen worden und zwar in Form von Vorweganteilen. Dem Skigebiet, wo der Skipass gekauft wird, bleibt diese Art Selbstbehalt. Dieser sei – immer auf Drängen von Nauders – auf 26 % erhöht worden. „Auch damit waren die Bergbahnen Nauders nicht mehr zufrieden“, schrieb Folie. Die Schöneben AG sei auf einen so hohen Prozentsatz nur deshalb eingegangen, um die Zusammenarbeit im Skiparadies zu erhalten. Die Forderung der Bergbahnen sei ein vollkommen neues Abrechnungssystem gewesen, das auf die Größe des Skigebietes ausgelegt war, ohne die Qualität der Aufstiegsanlagen und der Pisten zu berücksichtigen. „Es wäre ein zu großer und nicht annehmbarer wirtschaftlicher Nachteil für die Schöneben AG entstanden“, liest man in der Aussendung. Nicht angenommen hätten die Nauderer den Vorschlag, nach Fahrten abzurechnen, wie es z.B. bei „Dolomiti Superski“ gehandhabt werde. Dort würden auch Förderleistung und Qualität der Anlagen mit einberechnet. Um die Zusammenarbeit im Skiparadies weiterhin zu erhalten, habe die Schöneben AG den Bergbahnen angeboten, den Vorweganteil von 26 % auf 38 % zu erhöhen und damit das derzeitige Abrechnungssystem beizubehalten, sagte Folie. In der Aussendung wurden auch die 68 % der Kosten für die Skibusse angeführt, die zu Lasten der Schöneben AG gingen. Ökonomisch ein Wahnsinn Die Entscheidung, alle Vorschläge und Angebote abzu­lehnen, sei sehr bedauerlich, meinte Folie, da es sicher für beide Seiten in touristischer Hinsicht einen großen Rückschritt und einen Schaden in unabsehbarer Höhe bedeute. „Ein wesentlicher Teil der Bettenbetriebe, sei es in unserer Gemeinde wie auch in der Gemeinde Nauders, sind mit der Entscheidung der Nauderer Bergbahnen nicht glücklich bzw. nicht einverstanden“, zeigte man sich in der Schöneben AG überzeugt. Entscheidend für die „Abwanderung“ einer Wert­schöpfung von 1,19 Millionen Euro nach Schöneben statt der 607.500 Euro laut Verhältnis Bettenzahl seien die hohe Qualität der Aufstiegsanlagen, die preisgekrönten Pisten, die Familienfreundlichkeit und die Freundlichkeit der Mit­arbeiter. Nicht die Größe sei für die Frequenzen ausschlaggebend, schrieb Präsident Folie. Er nannte es einen „ökonomischen ­Wahnsinn“, einen Skipassverbund auseinanderzureißen. „Wir sollten vielmehr einen Schritt nach vorne machen, um über Möglichkeiten eines effektiven Zusammenschlusses zu diskutieren und nicht über eine Trennung“, schloss Folie sein Stellungnahme und meinte: „Wir werden natürlich versuchen, einen Kartenverbund mit ­Haideralm und Watles einzurichten.“ Ob die Kündigung und der damit zu erwartende Ausfall an Einnahmen Aus­wirkungen auf die Situation der Haideralm oder auf den viel beschworenen Zusammenschluss haben, wollte man wissen. Möglicherweise habe das gar nicht so große Auswirkungen, gab Folie zu bedenken. Man müsse abwarten, wie sich jetzt die wirtschaftliche Situation entwickle. „Wir erwarten uns trotzdem einen bestimmten Betrag aus Nauders. Schließlich lassen sich die Gäste ja nicht anbinden“, nahm Folie an. Geographischer Vorteil Dass Gäste von Nauders nach Schöneben fahren, hängt für Geschäftsführer Heinz Pfeifer, Bergbahnen, ganz einfach mit der Lage zusammen. „Wenn Sie ins nächste Skigebiet wollen, dann ist das halt Schöneben“, sagte er. Jeder 10. Gast in Nauders fahre einmal nach Schöneben, erklärte er, das seien bei 300.000 Erstzutritten 30.000. Rund 7.000 bis 8.000 würden nach Nauders kommen. „Das liegt an den 4.200 Betten bei uns und an den 2.420 in der Gemeinde Graun.“ Das sei normal und erschrecke ihn auch nicht. Aber bei diesem Abrechnungssystem seien die Ausgleichszahlungen zu hoch. „Sie wollen ein leistungsbezogenes Abrechnungssystem und auch Präsident Folie spricht von einem leistungsgerechten System“, fragte der Vinschger. „Wir haben 12 Anlagen bei uns und 75 km Skipisten, die wir instandhalten und pflegen müssen. Das heißt, wir haben einen höheren Kostenfaktor. Schöneben hat weniger, ist ungefähr halb so groß. Die Haideralm ist noch kleiner. Der Tag kostet mich wesentlich mehr als in Schöneben. Ich bekomme aber gleich viel. Wir halten das nicht für leistungsbezogen. Wir wollen, dass bei der Abrechnung die Aufwendungen, die wir haben, und die sind höher als bei den anderen, ausgeglichen oder berücksichtigt werden. Wenn Sie schauen, es ist immer so, dass Sie, wenn Sie in einem größeren Skigebiet Einzelkarten kaufen, mehr bezahlen. Wenn Sie nur einen Lift haben, sind die Kosten niedriger und die Karten günstiger“, erklärte Pfeifer. Ein schwacher Vorschlag Auf die Frage, warum man nicht nach Fahrten abrechnen könne, wie von Schöneben vorgeschlagen, fragte Pfeifer zurück: „Ich habe ein Gebiet mit 12 Anlagen. Der Gast fährt im Schnitt 8 Mal mit dem Lift. Er fährt bei mir auf 8 verschiedenen Anlagen und diese 8 Anlagen muss ich betreuen, Personal haben und dieses bezahlen. Der andere im Extremfall hat einen Lift und der Gast fährt 8 Mal auf und nieder. Der bekommt genau so viel, obwohl er die Kosten nicht hat. Ist das jetzt leistungsbezogen?“ Auch der Hinweis auf den von ­Schöneben vorgeschlagenen Selbstbehalt von 38 % konnte Pfeifer nur ein müdes Lächeln entlocken. Beim bestehenden Abrechnungssystem wären das rund 50.000 Euro weniger an Ausgleichzahlungen. „Bei einer Wertschöpfung von fast 1 Million Euro, die durch Ausgleich und Ausfällen in unseren Gastronomie-Betrieben entstehen, ist das ein schwacher Vorschlag“, entgegnete Pfeifer. Nach Nauderer Abrechnung bekäme Schöneben um die 250.000 Euro. Derzeit würden bereinigte 590.000 Euro über die Grenze abfließen. Jetzt müsse man sich in Schöneben fragen: Bekommt man um 340.000 Euro weniger oder bekommt man immerhin noch 250.000 Euro. Die Einnahmen aus der Gastronomie auf Schöneben bzw. in der Gemeinde Graun gar nicht mitgerechnet. „Der Schnitt war notwendig“, meinte Pfeifer überzeugt, „damit über was Neues verhandelt werden kann.“ Günther Schöpf
Günther Schöpf
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