Sepp Pircher bleibt einfaches Mitglied des Heimatpflegevereines Naturns-Plaus.

Der Netzwerker geht von Bord

Sepp Pircher, der Heimatpfleger mit musikalischer Ausrichtung, bündelt die Kräfte und blickt auf die Zeit im Heimatpflegeverein Naturns-Plaus zurück.

Publiziert in 10 / 2017 - Erschienen am 22. März 2017

Naturns - der Vinschger: Hat man nach dem Rücktritt die Steine vom Herzen rollen hören? Gab’s einen präzisen Grund?
Sepp Pircher: Ja, man hat sie kollern gehört, aber speziellen Grund… höchstens das Alter. Darauf hab ich meine Umgebung aber schon vorbereitet. Etwas musste ich lassen. Mit der Musik aufzuhören ist bei mir das letzte.

Wo lenkt der Sepp Pircher seine überschüssige Zeitressourcen hin?
Noch nie, seit ich in Naturns bin, bin ich so gefordert wie gerade jetzt. Noch nie hab ich mich so viel einbringen können. Im positiven Sinn. Obmann der Heimatpfleger sein können andere auch, aber Orgel spielen kann man nicht von einem Tag auf den anderen. Ich bringe mich in der Kirche mehr ein und habe das Gefühl, immer was dazu zu lernen.

Wie viele Jahre muss man zurückgehen? Seit wann gibt es die Ära Pircher und den Heimatpflegeverein?
Seit 1996. Am Valentinstag haben 45 Personen das Gründungsprotokoll unterschrieben.

Bestand ein besonderes Bedürfnis, die Heimat zu pflegen, oder hat das die Persönlichkeit eines Sepp Pircher gewollt?
Im Landesverband für Heimatpflege gab es damals ganz wenige Ortsvereine. Sogenannte Ortsbeauftragte beobachteten und berichteten aus ihren Gemeinden. Wahrscheinlich war ich 20 Jahre lang Ortsbeauftragter, aber es gab nie einen Verein. Den Anstoß hat dann der Hermann Wenter gegeben. Er war Trachtenmensch, aber auch Heimatpfleger. Trachtenverein schien mir etwas zu einseitig. Vor allem auch, weil damals die Turbogemeinde Naturns Fahrt aufgenommen hatte. Ja gut, hab ich gesagt, wie machen einen Heimatpflegeverein, der mehrere Felder beackert wie Baukultur, Sanierungen usw. Es hat ihn überzeugt. In wenigen Monaten waren die Statuten ausgearbeitet und schon ist es losgegangen. Ein „Mortserfolg“. Heute sind wir 170 zahlende Mitglieder.

Also einer der stärksten Ortsvereine im Lande. Wo war der Verein besonders erfolgreich?
Nicht leicht zu sagen. Ich würde hier eine bestimmte Vorgehensweise nennen. Meine Vorstellung war immer: Allein sind wir nicht sehr stark; wir müssen die Zusammenarbeit suchen, Kooperationen. Heute nennt man es Netzwerke. Damit haben wir Mitarbeiter über die Mitglieder hinaus bekommen. Alles projektorientierte Mitarbeiter, die sehr kompetent, sehr wertvoll sind. Zum Beispiel haben wir die Volksbühne ins Boot geholt. Wir haben in meiner Zeit fünf Singspiele erarbeitet und dabei viel Geschichtliches verarbeitet.

Hängt das nicht mit der musikalischen Ausrichtung des Obmannes zusammen?
Ja, schon. Aber es war mir wichtig, dass man lokalen Künstlern im Vinschgau – ich sage nur Ernst Thoma und Gernot Niederfriniger – Möglichkeiten bietet. Wichtig war mir die Zusammenarbeit mit Bauern und Bäuerinnen und - besonders wichtig - mit Gemeindeverwaltung und Pfarrei. Die musst du auf deiner Seite haben. Mir haben die Heimatpfleger zu viel gejammert; sie tun es heute noch. Und zu oft Nein sagen. Ich nenne ein Beispiel. Wer hat sich am meisten das Maul zerrissen, als Reinhold Messner Schloss Juval gekauft hat? Man muss nicht immer Ja sagen, aber man muss es in die heutige Zeit übertragen. Wer etwas erhalten will, muss bereit sein, etwas zu verändern.

Hat es je Themen gegeben, worüber man im Ausschuss nicht derselben Meinung war?
Vielleicht hab ich bei der Diskussion um das Hochregallager der OG Texel einige Personen vor den Kopf gestoßen. Im Ausschuss hat man schon gemeint, ich sei zu schnell gewesen. Wo ich mich immer dagegen ausgesprochen habe – und das Hochregallager geht in diese Richtung – war, die moderne Baukultur zu kritisieren, ohne ein Fachmann zu sein. Es ist nicht klug - wie unlängst mit einem Bau in Burgeis geschehen – sich zu schnell in Position zu bringen. Es ist wie in der Musik. Wenn mir etwas nicht gefällt, kann ich nicht sagen, dass es schlecht ist. Zurück zum Image des HPV. Ich habe junge Leute, die fleißig mitarbeiten, aber nicht Mitglied sein wollen, weil ihnen die Heimatpfleger immer noch zu konservativ sind. Baukultur gibt z.B. immer Stoff für große Auseinandersetzungen.

Was hat der Heimatpfleger im Verein besonders gepflegt?
Die Kulturfahrten und die Kulturwanderungen. Das Ziel war, Tirol, die 4 Landesteile des alten Tirols kennen zu lernen - von Kufstein bis Ala. Von den Trientnern kann man viel lernen. Wir waren natürlich auch im Engadin. Häufig haben wir es mit Begegnungen verbunden.

Gibt es etwas, was der Heimatpfleger Pircher anders machen würde?
Ich würde mehr Wert auf den Erhalt historischer Bausubstanz legen. Ganz im Sinne des Bauernbundes, der erfreulicherweise den Slogan geprägt hat: alt vor neu. Naturns hat viel von seinem Gesicht verloren.

Günther Schöpf
Günther Schöpf

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