Referentin Monika Kompatscher
Die Anwesenden bekamen einige Ratschläge mit auf den Weg gegeben.
Im Anschluss konnte bei einem Umtrunk noch über das Thema diskutiert werden.

Mental Load sichtbar machen 

Die unsichtbare Last (der Frauen). 

Publiziert in 8 / 2024 - Erschienen am 23. April 2024

LATSCH - Den so genannten Mental Load sichtbar machen und darüber zu reden, ist zumindest ein erster Schritt in die richtige Richtung, so der Tenor beim Vortrag von Psychologin und Counsellor Monika Kompatscher am 18. April in der Aula der Mittelschule Latsch. Der Elternrat des Schulsprengels Latsch hatte dazu geladen, mit Unterstützung der Raiffeisenkasse Latsch, von Schweitzer Getränke, der Bierbrauerei Probiers und Kostbar. Zahlreiche Interessierte – größtenteils Mütter, aber auch durchaus einige Männer – waren der Einladung gefolgt. „Es ist wichtig, dass wir uns damit beschäftigen“, betonte Kompatscher. Die gebürtige Völserin, die heute in Vahrn lebt, ist selbst Mutter von 2 Söhnen. „Ich kann damit natürlich auch aus eigener Erfahrung sprechen“, erklärte sie. 

Wenn es zu viel wird 

Aber worum geht es eigentlich bei diesem Mental Load, fragten sich doch einige der Gäste. Wie durch eine interaktive Umfrage, mit welcher die Referentin im Rahmen des Vortrags immer wieder arbeitete, klar wurde, seien sich doch einige Besucherinnen und Besucher im Vorfeld nicht darüber im Klaren gewesen, wie der englische Begriff zu interpretieren sei. Zumindest bis sie das Plakat zur Veranstaltung sahen. „Unter Mental Load verstehen wir alle sichtbaren und unsichtbaren Aufgaben rund um das Familienleben“, erklärte die Referentin. Den Begriff, zu Deutsch etwa mentale bzw. psychische Belastung, gibt es schon seit Jahrzehnten, wirklich prominent Einzug erhielt er im deutschsprachigen Raum aber erst in den vergangenen Jahren. Ein Problem und Gefühl von Generationen von Frauen werde damit endlich in einem Begriff thematisiert. 
„Mental Load ist die To-do-Liste, die niemals aufhört“, betonte Monika Kompatscher. Ist für den morgigen Schulausflug des Kindes alles vorbereitet, der Arzttermin geplant, ist die Auto-Versicherung bezahlt und auch die Abzugshaube könnte mal wieder geputzt werden – nicht zu vergessen die täglichen Arbeiten, kochen, Wäsche machen, planen. Meist für die ganze Familie. Generationen an Frauen hätten sich gefragt, warum sie müde, erschöpft, kaputt sind. „Mit Mental Load hat das Kind nun einen Namen“, so die Vortragende. 

Wenig Wertschätzung 

„In der Regel ist es so, dass es für die unsichtbaren Aufgaben wenig Wertschätzung gibt. Das ist belastend und mühsam“, erklärte die Psychologin. Kein Wunder, dass Frauen vielfach davon betroffen sind. „Wir sind die Familienmanagerinnen. Aber wollen wir das sein. Wollen wir zuständig für alles sein“, fragte sie. Und: Müsse man das. Hierbei müsse man auch von einem gesellschaftlichen Problem sprechen. „Das was wir daheim tun als nicht-bezahlte Arbeit wird oft zu wenig wertgeschätzt“, mahnte die Referentin. Mental Load könne zwar auch Männer betreffen, aber in erster Linie seien es eben Frauen, welche sich um das Familienmanagement kümmern – weil die Gesellschaft das Bild der Frau und Mutter so geprägt habe. 

Erschöpfung und Müdigkeit

Die Folgen von Mental Load seien Erschöpfung und Müdigkeit als Dauerbegleiter. Auch Schlafstörungen sind die Regel. „Wir sind immer wie ein TV, der nie abgeschaltet wird“, betonte Kompatscher. Vergesslichkeit und weitere psychische und physische Probleme kommen hinzu. Ein Problem sei auch der oft „fehlende Raum für eigene Wünsche, Träume und Hobbys“. Der fehlende Lohn, der Verzicht auf die Karriere und eine finanzielle Abhängigkeit die entstehen könne, sorgen auch für schlechte Zukunftsaussichten. Es verwundere somit nicht, dass dies oft in Depressionen und Burn Outs münde. 
„Wenn ein Manager erklären würde, dass es ihm schlecht gehe, er arbeitet 14 Stunden am Tag und hat seit 6 Jahren nicht durchgeschlafen, dann lautet die Diagnose Burn Out. Bei Müttern wird dies vielfach fälschlicherweise nicht diagnostiziert“, so die Referentin. Dabei sei es dasselbe. „Auch Eltern starten voller Elan und Energie, wenn sie ein Kind kriegen. Die Wertschätzung für die viele Arbeit ist dann häufig gering“. Dies sei frustrierend, ein Burn Out dann oft nicht mehr zu vermeiden. „Es ist wie im Berufsleben, wenig Wertschätzung bei einem hohen Arbeitspensum führt zum Burn Out“, so Kompatscher. 

Was zu tun ist 

Was könne man tun? „Unsichtbares sichtbar machen“, forderte die Referentin. Es gelte für das Thema zu sensibilisieren, in der Partnerschaft, in der Gesellschaft. „Viele meinen, es ist ein Frauenthema. Das ist es aber keineswegs. Es ist ein Männerthema. Männer sind der Schlüssel“, erklärte die Psychologin. Die Verteilung der Aufgaben sei dabei ein wesentliches Thema. Man müsse sich die Frage stellen, wer zu wie vielen Teilen die Verantwortung der oft unsichtbaren Prozesse in einem Familienleben übernehme und ob sich dies stimmig und gerecht anfühle. „Wie viele Teile müsstest du schätzungsweise abgeben, damit es dir wirklich gut geht“, fragte die Referentin. Dies seien nicht selten riesige Brocken. Freilich, wenn die Aufteilung für beide in Ordnung gehe und sich stimmig anfühle, dann sei dies auch in Ordnung. „Wir streben nicht ein Ideal von 50/50 an, aber es muss einfach stimmig sein“, erklärte die Psychologin. Es gebe einiges zu tun, von der Haushaltsorganisation (Einkaufen, Kochen, Putzen, Wäsche, Haushaltsbudget, Terminplanung, etc.), über die Kinderbetreuung und die Familienorganisation bis hin zur Beziehungsarbeit. Es könne nicht sein, dass hierfür quasi ausschließlich die Frau zuständig ist – und dann sogar noch den Arzttermin des Mannes organisieren müsse. „Geteiltes Leid ist halbes Leid“, forderte die Referentin eine gerechtere Verteilung der Aufgaben. Das Miteinander reden sei hier ein Schlüssel zum Erfolg. 

Nein sagen 

Als konkrete Tipps hatte sie unter anderem das Thema „Küchenmeeting“ von Laura Fröhlich, einer Expertin für Mental Load, parat. „Schauen wir, uns zusammenzusetzen“, erklärte Kompatscher. Es gelte die Aufgaben fair zu verteilen, wobei auch ein Mindeststandard festgelegt werden müsse. „Die Küche aufräumen bedeutet, dass wirklich alles sauber ist und auch der Tisch geputzt ist“, brachte die Referentin ein Beispiel. Weitere Ratschläge als „Medizin“ gegen den Mental Load waren, endlich damit aufzuhören, sich mit anderen zu vergleichen oder sich zu hohe Erwartungen zu setzen. Zudem gehe es darum „Nein“ zu sagen.  Nein sagen sei eine der wichtigsten Kompetenzen. „Wir müssen lernen, Nein zu sagen“, forderte die Psychologin. Schluss mit Schuldgefühlen, Schluss mit Perfektionismus. „Niemand ist perfekt“, fand sie klare Worte. 

„Welches Goldkörnchen nimmst du mit?“

Im Rahmen der interaktiven Teilnahme wurden Besucherinnen und Besucher am Ende des Vortrags gefragt: „Welches Goldkörnchen nimmst du heute mit?“. Die Antworten waren dabei vielfältig, die Richtung aber klar. Einige Beispiele: Verantwortung teilen, Wertschätzung, Respekt haben, Kommunikation verbessern, sichtbar machen, Verantwortung abgeben, Arbeiten besser teilen, Perfektionismus ablegen, Prioritäten setzen, Zuständigkeiten neu klären, Nein sagen dürfen, gegenseitige Wertschätzung, nur ein Miteinander funktioniert. Die Aufgabenverteilung wurde dabei mehrmals genannt. 

Michael Andres
Michael Andres

Diese Seite verwendet Cookies für funktionale und analytische Zwecke. Lesen Sie unsere Cookie-Richtlinien für weitere Informationen. Durch die Nutzung dieser Website erklären Sie sich damit einverstanden.