Wieder Fuß gefasst
Dem Vinschger Steinwild geht es gut
Wieder Fuß gefasst
Das Fangen, die Besenderung, die Markierung und die Umsiedelung der Tiere waren mit viel Zeitaufwand und Mühen verbunden.
Das Fangen, die Besenderung, die Markierung und die Umsiedelung der Tiere waren mit viel Zeitaufwand und Mühen verbunden.
Das Fangen, die Besenderung, die Markierung und die Umsiedelung der Tiere waren mit viel Zeitaufwand und Mühen verbunden.
Das Fangen, die Besenderung, die Markierung und die Umsiedelung der Tiere waren mit viel Zeitaufwand und Mühen verbunden.
Der ISPRA-Chef Piero Genovesi (rechts im Bild) war im Laufe der Projektumsetzung zweimal persönlich am Reschen, um sich mit den Nordtiroler und Graubündner Steinwildspezialisten auszutauschen. Dieses Foto entstand bei seinem ersten Besuch im März 2017 bei der Steinwildfalle im Felsgelände zwischen Graun und dem Weiler Arlund. In der Bildmitte ist der damalige Landesrat Arnold Schuler zu sehen. Genovesi macht übrigens auch bei Bär und Wolf „gut und schlecht Wetter“.
Bei der Besenderung in der Falle Pitztal in Nordtirol.
Bei einem Treffen von Revierleitern und Jagdaufsehern mit Wildbiologen und Vertretern aus Nordtirol.
Dieser präparierte Steinbock ist das Herzstück des Steinwildhabitates in der Erlebnisschule in Langtaufers.
Wildbiologen der Edmund-Mach-Stiftung in San Michele all‘Adige haben das Wanderverhalten des Steinwildes genauestens dokumentiert und bewertet.

„Fester Bestandteil der Bergwelt“

Wissenschaftliche Interreg-Projekte zum Wanderverhalten und zur Genetik der grenzüberschreitenden Kolonien umgesetzt.

Publiziert in 5 / 2024 - Erschienen am 12. März 2024

Graun/Mals/Taufers im Münstertal - Vor rund 150 Jahren war der Alpensteinbock (Capra ibex) fast gänzlich ausgerottet. Nun ist er wieder ein fester Bestandteil in der Vinschger Bergwelt. Der erste Versuch, in Südtirol wieder Steinwild anzusiedeln, wurde bereits Ende der 1930er Jahre im Nationalpark Stilfserjoch unternommen. Rund 10 Jahre später wurde im Kanton Graubünden, der einen „aufrechten schwarzen Steinbock“ in seinem Wappen führt, die Steinwildkolonie Terza-Sesvenna gegründet. In den darauffolgenden Jahren wurden während der Sommermonate immer wieder einzelne Tiere dieser Kolonie auf der Südtiroler Seite des Piz Sesvenna beobachtet. Ende der 1960er Jahre tauchten auch im Gebiet der heutigen Kolonie Weißkugel einzelne Tiere auf. Im Gegensatz zur Schweiz und zu Österreich gehört der Alpensteinbock in Italien zwar nicht zu den jagdbaren Wildarten, aber gemäß dem Landesjagdgesetz, das in den 1990er Jahren erlassen wurde, konnte der zuständige Landesrat Jahr für Jahr eine Regulierung vorsehen, die zunächst primär darauf abzielte, einzelne ältere und schwache bzw. kranke Tiere zu entnehmen. Später wurde aufgrund der erfolgreichen Entwicklung eine regelmäßige Entnahme zugelassen.

Erste Entnahme im Jahr 1985

Im Jahr 1985 erfolgte im Revier Schnals die erste Steinwildentnahme. Im Revier Graun zum Beispiel konnten 20 Jahre später über 20 Stück Steinwild jagdlich entnommen werden. Während dieses Zeitraums brachten staatliche Umweltorganisationen aber jedes Jahr Rekurse gegen das Südtiroler Jagddekret zur Steinwildbejagung ein. Das Dekret wurde vom damaligen Landeshauptmann Luis Durnwalder meistens an einem Freitag unterzeichnet. Weil das Verwaltungsgericht dem Rekurs aber stattgab und das Dekret aussetzte, war die Jagdsaison in der Regel bereits am darauffolgenden Dienstag zu Ende.

Konzept für Steinwildmanagement

Nach der für das Steinwild erfolgreichen „Ära Durnwalder“ kam es 2014 in Bezug auf die Wiederansiedlung des Alpensteinbocks und aufgrund der bis dahin erfolgreichen Bestandsentwicklung zu einem Neuanfang. Auf der Basis einer überarbeiteten Durchführungsbestimmung wurde 2015 ein Konzept für einen 5-jährigen Steinwildmanagementplan in Südtirol erarbeitet. Die Steinwildentnahme war zu dieser Zeit auf ganz wenige „Sanitärabschüsse“ beschränkt, de facto auf „Hegeabschüsse bei offensichtlicher Notwendigkeit“. In der Sesvenna-Kolonie wurden keine Entnahmen mehr genehmigt, weil die auf Südtiroler Seite erfasste Kolonie von 60 bis 100 Tieren laut den wildbiologischen Kriterien der ISPRA („Istituto Superiore per la Protezione e la Ricerca Ambientale“, auf Deutsch „Höheres Institut für Umweltschutz und Umweltforschung“) zu klein war und der grenzüberschreitende Charakter nicht wissenschaftlich nachgewiesen war. Außerdem gab es zu diesem Zeitpunkt keinen gemeinsamen Managementplan mehr mit den Nachbarn in Graubünden. Zumal Südtirol bei der Jagd primäre Zuständigkeit hat, konnten Ausnahmen für die Bejagung von staatlich geschützten Wildarten, wie es der Alpensteinbock ist, vereinbart werden. Es wurde erreicht, dass der Landeshauptmann im Einvernehmen mit dem Umweltminister, nach Einholen der Stellungnahme der ISPRA und nach Anhören des Ministers für Land- und Forstwirtschaft für bestimmte Zeiträume Änderungen an der staatlichen Liste der jagdbaren Tierarten verfügen kann.

Entnahme von höchstens 5 Prozent

Die Metapopulation „Reschen-Brenner“ mit über 1.200 Stück Steinwild hat die strengen ISPRA-Richtlinien erfüllt. Unter Metapopulationen versteht man mehrere Populationen, die zwar in getrennten Lebensräumen vorkommen, aber miteinander im genetischen Austausch stehen. Andere Kolonien im Osten Südtirols, an der Belluneser Grenze oder in Ulten haben diese Richtlinien noch nicht erfüllt. In der Metapopulation „Reschen-Brenner“ kann seit 2017 eine beschränkte Anzahl von Steinwild von höchstens 5% des gezählten Frühjahrsbestandes entnommen werden. Mindestens 25% hingegen werden für Auswilderungszwecke in geeigneten Habitaten gefangen. 2023 wurden 87 Stück erlegt, 24 davon in der Kolonie Weißkugel. 38 Stück waren südtirolweit Fallwild und 26 wurden gefangen und besendert oder ausgesiedelt.

Nachhaltiges Management in der Terra Raetica

Um auch die Kolonie Sesvenna in den Gemeinden Graun, Mals und Taufers im Münstertal jagdlich nutzen zu können, hat der frühere Kammerabgeordnete Albrecht „Abi“ Plangger im Jahr 2018 ein Interreg-Projekt auf den Weg gebracht. Ziel war es, „die grenzüberschreitende Steinwildkolonie näher zu untersuchen, einige Tiere mit Narkosegewehren zu fangen und zu besendern und so Aufschluss über das Wandererhalten dieser Stücke zu erhalten.“ Auch die Genetik und die „Diät“ der Tiere wurden wissenschaftlich untersucht. Dankbar ist der frühere Parlamentarier der Gemeinde Graun für die verwaltungstechnische Betreuung des Projektes, das erfolgreich umgesetzt werden konnte. Seit 2023 gibt es nicht nur 3 bis 4 Entnahmen und wieder einen gemeinsamen Wildmanagement-Plan zwischen Bozen und dem Engadin, sondern auch gemeinsame Zählungen, eine gute Kommunikation und eine funktionierende grenzüberschreitende Zusammenarbeit.

Mit Steinbockwürsten nach Rom

Die ISPRA in Rom hat den Steinwildbestand auf Vinschger Seite als Bestandteil einer großen grenzüberschreitenden Kolonie anerkannt und die Entnahme genehmigt. Plangger: „Es wurde wissenschaftlich nachgewiesen, dass die Raumnutzung auf beiden Seiten der Grenze erfolgt und es Wintereinstände für Böcke und Geiße auch auf Südtiroler Seite gibt.“ Der Chef der ISPRA, Piero Genovesi, der übrigens auch bei Bär und Wolf „gut und schlecht Wetter“ macht, war im Laufe der Projektumsetzung zweimal persönlich am Reschen, um sich mit den Nordtiroler und Graubündner Steinwildspezialisten auszutauschen. Diese guten Kontakte will Plangger weiterhin pflegen. Als er zu Weihnachten 2023 nach Rom fuhr, hatte er nicht nur den neuen Südtiroler Jagdkalender im Gepäck, sondern auch Steinbockwürste und einen Vinschger Marillen-Panettone.

„Naturerlebnis Terra Raetica 2021-2023“

Mit der Gemeinde Graun als Junior-Projektpartner und dem Tiroler Jägerverband als Projekt-Leader ist bereits 2021 das Interreg-Projekt „Naturerlebnis Terra Raetica 2021-2023“ angelaufen. Ziel war es, eine weitere wissenschaftliche Studie über das grenzüberschreitende Wanderverhalten der Kolonie Weißkugel zu den Nordtiroler Kolonien Kaunergrat und Pitztal zu erstellen. An diesem Projekt waren neben Schnals (Kolonie Texel) alle Vinschger Steinwildreviere beteiligt. Zusätzlich zu Graun wurden auch in Mals, Matsch und Schlanders Fallen errichtet und mehrere Stück Steinwild gefangen, besendert und markiert. Die Jagdaufseher wurden geschult, die Kommunikation mit den Nordtiroler Revieren intensiviert und der Erfahrungsaustausch entscheidend verbessert, etwa in punkto Krankheiten.

Wanderverhalten genau dokumentiert

Das Wanderverhalten von den Winter- in die Sommereinstände und umgekehrt wurde Monat für Monat von Wildbiologen der Edmund-Mach-Stiftung in San Michele all‘Adige bei Trient genauestens dokumentiert und bewertet. Beim Projekt ging es unter anderem darum, das Naturwissen und die Zusammenhänge der Lebensräume Bergwald und Hochgebirge mit seinen vielen Nutz- und Schutzfunktionen zu vermitteln. Plangger: „Das Steinwild stellt in unserem Gebiet eine höchst interessante Attraktion dar, mit welcher der Wert von Naturschutz erklärt werden kann.“ In St. Leonhard im Pitztal wurde vor einiger Zeit das Steinwildzentrum erweitert. Dort gibt es seither auch viele Angebote für Kinder und Schulen. Auf Vinschger Seite ist es die Erlebnisschule in Langtaufers, die mittlerweile schon von über 40.000 Kindern besucht wurde und die mit einem interessanten didaktischen Baustein zum Steinwild und anderen Wildtieren aufwartet. Es wurde u.a. ein Steinwildhabitat mit einem Steinwild-Präparat nachgebaut. Während der Wintermonate stehen Beobachtungen von Steinwild in der freien Natur auf dem Programm. Zusammenfassend hält Plangger fest: „Dem Vinschger Steinwild geht es gut. Wir Vinschger Jäger schauen darauf und kümmern und um den Bestand und Lebensraum.“

Bezirkshegeschau am 16. und 17. März

Das Steinwild wird nur eines der Themen sein, über die der Bezirksjägermeister Günther Hohenegger, seines Zeichens auch Leiter des Jagdreviers Graun, bei der heurigen Bezirkshegeschau berichten wird. „Wir haben mittlerweile einen guten Bestand, allerdings ist das Steinwild in Sachen Wildkrankheiten etwas anfällig,“ sagte Hohenegger in einem Vorgespräch. Offiziell eröffnet wird die Bezirkshegeschau am Samstag, 16. März um 17 Uhr im Kulturhaus Karl Schönherr in Schlanders. Im Mittelpunkt steht dabei der Rückblick auf das Jagdjahr 2023. Die Hegeschau ist für alle Interessierten frei zugänglich, und zwar am 16. März ab 10 Uhr sowie am Sonntag, 17. März von 8.30 bis 17 Uhr. Für die musikalische Begleitung der Eröffnung sorgt die Schnalser Jagdhornbläser „Similaun“. Ausgerichtet wird die Hegeschau von der Jagdhornbläsergruppe „Hirschruf“ des Jagdreviers Graun, die heuer übrigens das 40-jährige Bestehen feiert. Im Zuge der zweitägigen Hegeschau werden verschiedene Jagdhornbläsergruppen ihr Können und Beweis stellen. Sepp

Josef Laner
Josef Laner

Diese Seite verwendet Cookies für funktionale und analytische Zwecke. Lesen Sie unsere Cookie-Richtlinien für weitere Informationen. Durch die Nutzung dieser Website erklären Sie sich damit einverstanden.