Schätzen, was da ist
Bio-Dorfsennerei Prad und Kulturcafé Salina
Bio-Dorfsennerei Prad und Kulturcafé Salina
Von der Produktion der Milch und der Anlieferung bis zu den fertigen Qualitätsprodukten ist es ein langer Weg.
Von der Produktion der Milch und der Anlieferung bis zu den fertigen Qualitätsprodukten ist es ein langer Weg.
Von der Produktion der Milch und der Anlieferung bis zu den fertigen Qualitätsprodukten ist es ein langer Weg.
Von der Produktion der Milch und der Anlieferung bis zu den fertigen Qualitätsprodukten ist es ein langer Weg.
In der Bio-Dorfsennerei in Prad (v.l.): Sigrid Sparer, Michael Hofer, Matthias Zienhöld und Katharina Sulo; auf dem Titelbild sind der Bio-Bauer Emilian Perger und seine Freundin Carolin Höller vom Dornackerhof in Prad zu sehen.
Sigrid Sparer im Käsekeller.
Im Kulturcafé Salina in Glurns: Maria Magdalena Prugger und Michael Hofer.

Zwei stramme BGO-Kinder

„Sennereifestl“ anlässlich des 5-jährigen Bestehens. Tapas im Salina.

Publiziert in 7 / 2024 - Erschienen am 9. April 2024

Prad/Glurns - „Je mehr wir Beispiele eines solidarischen, eines nachhaltigen Wirtschaftens in der Region Wirklichkeit werden lassen, desto zukunftsfähiger wird unsere Region und desto mehr zeigen wir, dass der nötige Wandel möglich ist.“ Diese Aussage des Visionärs Armin Bernhard, der am 8. Jänner 2023 im Alter von nur 51 Jahren gestorben ist, bleibt unvergessen. Armin Bernhard war nicht nur Mitbegründer und Vorstandmitglied der Genossenschaft „da - die Bürger*Genossenschaft Obervinschgau“, kurz BGO, sondern auch Vordenker und Wegbereiter, der es verstand, Menschen zum Mitdenken und Mitmachen zu begeistern. „Wir müssen das schätzen, was da ist“, pflegte er zu sagen. Er selbst ist im übertragenen Sinn auch noch „da“, vor allem in der Bio-Dorfsennerei in Prad und im Kulturcafé Salina in Glurns.

Ran an den Ziegenkäse

Es war im Herbst 2018, als die Dorfsennerei im Herzen von Prad plötzlich vor dem Aus stand. Um die Sennerei, die auf eine 150-jährige Geschichte zurückblicken kann, nicht endgültig sterben zu lassen, bündelte die BGO alle Kräfte, unterzeichnete einen Pachtvertrag mit der Fraktion Prad, der die Sennerei gehört, und wagte im Frühjahr 2019 einen Neuanfang unter neuen Vorzeichen und mit neuen Zielen. Um den 5. Geburtstag der Bio-Dorfsennerei nicht sang- und klanglos verhallen zu lassen, laufen bereits jetzt die Vorbereitungen für ein Sennereifest am Samstag, 11. Mai., bei dem es Schaukäsen, ein Kinderprogramm mit großer Ziegenschatzsuche und viele Gerichte rund um Käse und Kitz geben wird.  Aber wie steht die Dorfsennerei, die heuer in das 6. Produktionsjahr geht, heute da? „Es ist gelungen, uns mit unseren hochwertigen Qualitätsprodukten aus Bio-Ziegenmilch auf dem Markt zu etablieren und den Weiterbestand der Sennerei in diesem Sinn zu sichern“, stimmten der BGO-Geschäftsführer Michael Hofer und die Verkaufsleiterin Sigrid Sparer bei einem Besuch in der Sennerei überein. Mittlerweile werden jährlich rund 120.000 Liter Ziegenmilch zu rund 12.000 Kilogramm Ziegenkäse verarbeitet. Die Ziegenmilch stammt von insgesamt rund 200 Ziegen, die den Sommer über auf drei Höfen gemolken werden: Faslar in Stilfs, Untervellnair in Prad und Kopfenegg in Schlanders. Im Vorjahr hinzugekommen ist der junge Bio-Bauer Emilian Perger vom Dornackerhof in Prad. Das Wirtschaftsgebäude des Hofs war im September 2020 durch einen Brand vollständig zerstört worden. „Von Emilian bekommen wir vor allem während der Wintermonate Bio-Kuhmilch, sodass wir unser Sortiment erweitern können“, freuen sich Sigrid und Michael.

„Wir brauchen mehr Milch und mehr Mitarbeitende“

Nicht hinter dem Berg hält die BGO mit den Herausforderungen, denen sich die Bio-Dorfsennerei und auch das Salina ausgesetzt sehen. Es ist dies die händeringende Suche nach Mitarbeitenden. Insgesamt beschäftigt die BGO zwischen 12 und 20 Mitarbeitende, wobei sich der Anteil der Frauen auf rund 70 Prozent beläuft. Wer Interesse an einer Mitarbeit hat, kann sich unter Tel. 340 5468830 melden. Um der Marktnachfrage dauerhaft nachzukommen und die hohen Fixkosten decken zu können, braucht es aber auch mehr Milch, speziell Ziegenmilch. Michael Hofer: „Wir hoffen, dass einer oder mehrere Höfe aus der Umgebung dazukommen.“ Zwischen 80 und 90 Prozent der hochwertigen Weich-, Schnitt- und Hartkäse, des Camembert und weiterer Produkte werden in Südtirol vermarktet, zum Großteil in inhabergeführten Lebensmittelgeschäften. Aber auch auf Traditionsmärkten im Vinschgau und ganz Südtirol ist die BGO vertreten. Nicht zu unterschätzen ist außerdem die Gastronomie, obwohl es in diesem Bereich laut Sigrid noch viel Luft nach oben gibt. Auch mit neuen Produkten wartet die Sennerei laufend auf. Beim Sennerei-Besuch war der „Stammsenn“ Matthias Ziernhöld, der der Sennerei seit der ersten Stunde bis heute treu geblieben ist, gerade dabei, mit der Sennin Katharina Sulo Schnittkäse mit Vinschger Brotklee herzustellen, der am Dornackerhof gewachsen ist.

„Die Produkte sind teuer, aber …“

Zur Feststellung, dass für die Produkte der Sennerei relativ viel Geld hinzulegen ist, meinte Sigrid, dass das zwar stimme, „aber Qualität hat eben seinen Preis.“ Einerseits handle es sich um hochwertige Erzeugnisse in Bioqualität und andererseits müsse das ganze „Rad“ stimmig sein, angefangen beim Preis, der jeden Tag den Produzenten für die Milch gezahlt wird. „Gekast“ wird in der Dorfsennerei jeden zweiten Tag. Der Direktverkauf in der Sennerei findet bei der heimischen Bevölkerung ebenso Zuspruch wie bei den Gästen, „sodass wir heuer über die Sommermonate zum ersten Mal fix täglich am Vormittag geöffnet haben werden.“  Zusätzlich zur Käseherstellung will die BGO die Sennerei auch anderweitig immer stärker aufwerten. Michael Hofer: „Wir planen derzeit auch  Käsekurse für Einheimische und Gäste, bei denen man von unserer Sennerin Katharina in die Welt des Käsens eingeführt wird.“ Führungen und Verkostungen werden regelmäßig von Mitte Juli bis Ende Oktober angeboten (Info und Anmeldung: info@bio-dorfsennerei.it oder Tel. 338 31 42 431).

Köstliches aus der Region und viel Kultur

Zu einem beliebten Treffpunkt, vor allem auch für Einheimische, hat sich mittlerweile auch das vor rund eineinhalb Jahren eröffnete Kulturcafé Salina in Glurns entwickelt. Die BGO hat das ebenerdige Geschoss des vorbildhaft sanierten „Söleshauses“ in den Glurnser Lauben von der Stadtgemeinde gepachtet. Im Salina gibt es nicht nur Bio-Produkte aus der Region, sondern auch regionale Köstlichkeiten aus der Küche. Ausstellungen und weitere kulturelle Veranstaltungen kommen dazu. Als weitere Neuheit kündigte Michael die Verabreichung von Tapas an. Für die Zubereitung der kleinen Appetithäppchen, wie man sie vor allem aus Spanien kennt, werden ebenfalls Produkte aus der Region verwendet. Die Tätigkeitsfelder der BGO sind insgesamt breit gestreut. So erntet die Genossenschaft zum Beispiel Jahr für Jahr die Früchte Dutzender Palabirnbäume. Mit zur Aktionskette gehört auch die Sozialgenossenschaft Vinterra, von der zum Beispiel frische Rohprodukte für die Salina-Küche bezogen werden. Detail am Rande: Auf den Namen Salina wurde das Kulturcafé deshalb benannt, weil das die frühere Bezeichnung für Söles war. Eingetreten ist die BGO auch in die Beherbergungswirtschaft in Glurns, und zwar mit einem Streuhotel (Albergo Diffuso). Bei Streuhotels sind die Gästezimmer auf verschiedene Gebäude einer Kleinstadt oder eines Dorfes aufgeteilt.

160 BGO-Mitglieder

Die Zahl der Mitglieder der BGO beläuft sich mittlerweile auf rund 160, wobei es sich bei 35 davon um Höfe handelt. Einig sind sich die Vorsitzende Elisabeth Prugger sowie die Vorstandsmitglieder Michael Hofer und Martina Schäfer, dass die BGO mehr ist als eine klassische Genossenschaft, die ausschließlich die Mitglieder im Blickfeld hat. Die BGO arbeite in diesem Sinn für das gesamte Gebiet und nicht nur für die Mitgliederförderung.

Josef Laner
Josef Laner

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