Das tut man nicht

Publiziert in 15 / 2018 - Erschienen am 24. April 2018

Ist es nicht herrlich, abends im Bad zu liegen und die Füße von sich zu strecken? Der Tag ist vorbei. Einiges, was man sich vorgenommen hat, ist getan. Nichts tut weh. Und morgen? Ach, vergiss doch den nächsten Tag. Es wird schon irgendwie gehen. Wenn ich früh aufstehe, mir die Zeit gut einteile, mich nicht aufhalten lasse, auf das Mittagessen ausnahmsweise verzichte und am Abend das nachhole, was ich am Vormittag nicht schaffe, wird alles klappen. Aber wenn ich dort, wo ich hin muss, nicht sofort drankomme? Und wenn mich jemand aufhält und mir die Ohren mit Dingen vollstopft, die ich gar nicht hören will? Dann muss ich eben versuchen, auszuweichen. Man müsste einfach mehr Zeit haben. Auch für dieses Bad habe ich nur wenige Minuten, denn das Abendessen wartet. Mit der anfänglichen „Herrlichkeit“ ist es nun vorbei. Die Gedanken an den morgigen Tag haben mir das bisschen Ruhe wieder genommen. Und morgen wird das Ganze wieder von vorne beginnen. Weil ich nicht imstande sein werde, alles zu schaffen, werde ich so Manches auf übermorgen verschieben müssen. Das ist aber ungut, denn für übermorgen hatte ich mir schon gestern etwas vorgenommen. Es ist schier unmöglich, aus dem Hamsterrad herauszukommen. Man läuft zwar, kommt aber nicht weiter. Man wird gelaufen. Man lebt nicht, man wird gelebt. Man tut und tut und tut. Das Einzige, was helfen könnte, wäre nichts zu tun. Aber das tut man nicht.

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Josef Laner
Josef Laner

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