Kochen und Prozessieren 

Publiziert in 3-4 / 2021 - Erschienen am 4. Februar 2021

Es ist kaum vorstellbar, was während der Lockdowns alles passiert wäre, wenn plötzlich der Fernseher gestreikt hätte. So manche wären wohl die Wände hochgegangen. Andere hätten vielleicht ein Brettspiel abgestaubt, nach Spielkarten gesucht oder ein Buch ausgegraben. In der Not frisst der Teufel Fliegen. Ohne Fernseher wären wir ganz schön arm dran. Man könnte oft nicht einmal mehr miteinander reden, denn vieles, über das man spricht, kommt aus der „Kiste“. Ohne das Fernsehen wären wir gehandikapt. Wir können nicht überleben, wenn man uns nicht regelmäßig „füttert“. Mit Informationen und Unterhaltung. Immer höher im Kurs ist „leichte“ Fernsehkost. Koch-Sendungen zum Beispiel, Klatsch-Tratsch-Formate oder Gewinnshows. Es ist auch hier die Nachfrage, die das Angebot bestimmt. Es geht um Einschaltquoten, um Werbung, um Geld. Die Grenzen zwischen Information und Unterhaltung werden immer schwammiger. Besonders in Italien ist es zur Mode geworden, im Zusammenhang mit besonderen Gewalttaten monatelang Sondersendungen auszustrahlen. Im Fernsehen finden parallel zu den offiziellen Ermittlungen und Verfahren sozusagen „Liveprozesse“ statt. Journalisten werden zu Detektiven, Experten zu Richtern. Das Publikum spaltet sich an der Schuldfrage. Seit dem Verschwinden eines Bozner Ehepaars und dem Verdacht, dass der Sohn des Paars seine Eltern getötet haben könnte, steht auch dieser Fall im Zentrum von „Fernseh-Prozessen.“ 

Josef Laner
Josef Laner

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