Stiftungspräsident Walter Anderau, die unlängst neu gewählte Priorin Sr. Aloisia Steiner (siehe eigenen Bericht) und der Bündner Regierungspräsident Jon Domenic Parolini (v.l.).

50 Jahre Stiftung 

Rundes Jubiläum  im Kloster St. Johann in Müstair.

Publiziert in 35 / 2019 - Erschienen am 15. Oktober 2019

Müstair - Kürzlich feierte die Stiftung Pro Kloster St. Johann in Müstair ihr 50-jähriges Jubiläum. Sie wurde 1969 mit dem Ziel gegründet, die Lebensverhältnisse der Klosterfrauen zu verbessern und das Kloster zu erhalten und zu restaurieren. Zum offiziellen Auftakt der Feierlichkeiten gab ein Bläserquintett der Tonhalle Zürich ein Festkonzert in der Klosterkirche. Es sollte ein Dankeschön an alle über ein halbes Jahrhundert in Müstair aktiven Menschen aus allen möglichen Bereichen sein. Die Klänge lösten helle Begeisterung aus. In einer kurzen Ansprache erinnerte Sr. Domenica Dethomas an die mittelalterlich anmutenden Lebensbedingungen im Kloster, wie sie noch zur Gründungszeit der Stiftung herrschten. Diese Bedingungen markant zu verbessern, war dann auch die erste Aufgabe der Stiftung. Jon Domenic Parolini, der Regierungspräsident des Kantons Graubünden, dankte für die herausragenden Leistungen der Stiftung zur Erhaltung des wertvollen Kulturgutes aus dem Frühmittelalter. 

Ein Bild für Walter Anderau

Der Stiftungspräsident Walter Anderau wies auf die zunehmende Bürokratisierung der Stiftungsarbeit hin, die eine zunehmend größere, aber dennoch moderate Professionalisierung der Stiftungsorgane nach sich zieht. Für sein Engagement in den vergangenen 30 Jahren überreichte ihm der Geschäftsführer der Stiftung, Ulrich Veith, im Namen der Stiftung ein rund ein Meter langes Bild, welches das bekannte romanische Fresko der Mittelapsis der Klosterkirche mit der tanzenden Salome zeigt. Das Kloster geht der Legende nach auf Karl den Großen zurück. Die reiche künstlerische Ausgestaltung aus der Gründerzeit lässt kaum einen anderen Schluss zu. In der 1.200-jährigen Geschichte hat das Kloster nach der französischen Revolution eine sehr wechslungsvolle Geschichte erlebt. Zwar wurden die besonders wertvollen Fresken 1894 von den Kunsthistorikern Josef Zemp und Robert Durrer neu entdeckt. Die Klosteranlage war aber damals in einem derart schlechten baulichen Zustand, dass die damaligen Lebensbedingungen des Konvents als mittelalterlich bezeichnet werden müssen.

Einst „mittelalterliche Zustände“

Eine Schoggitaler-Aktion des Schweizerischen Heimatschutzes zugunsten des Klosters schärfte dann 1969 das Bewusstsein im ganzen Land für die Notwendigkeit eines langfristigen Engagements zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Klosterfrauen und zur fachmännischen Restaurierung dieses kulturgeschichtlich herausragenden Bauwerks. Mit diesem Ziel wurde auf Initiative der damaligen Bündner Ständeräte Gion Darms und Arno Theus die überkonfessionelle Stiftung Pro Kloster St. Johann in Müstair ins Leben gerufen. In den Anfangsjahren bestimmten dann auch Sanierungs- und Erneuerungsarbeiten im Wohnbereich der Benediktinerinnen und die Verbesserung der Infrastruktur der Landwirtschaft die Tätigkeitsfelder der Stiftung. Parallel dazu wurde die Geschichte des Klosters im wahrsten Sinne des Wortes „ergraben“. Da Feuersbrünste und kriegerische Einflüsse die Archive weitgehend zerstörten, sind die heutigen Kenntnisse der Geschichte das Resultat umfassender archäologischer Forschungsarbeiten.

Seit 1983 UNESCO-Weltkulturerbe 

1983 wurde das Kloster St. Johann zusammen mit der Berner Altstadt und dem Stiftsbezirk von St. Gallen als erste schweizerische Welterbestätten in die Liste der UNESCO Weltkulturerbestätten aufgenommen. Mit dieser bedeutenden Auszeichnung wurde die größte Herausforderung für ein lebendiges Kulturgut noch akzentuiert: das einvernehmliche Nebeneinander von Konvent sowie Wissenschaftlern (Archäologen und Restauratoren) und Tourismusverantwortlichen. Der Stiftungspräsident bezeichnete dieses als wichtigste Voraussetzung für die Stiftungstätigkeit. In den vergangenen 50 Jahren konnten neben der Herrichtung der Clausura und der Landwirtschaft wichtige Vorhaben realisiert werden. Dazu gehören u.a. die Einrichtung des Klostermuseums im Plantaturm, die umfassende Restaurierung der Heiligkreuzkapelle und weitere Arbeiten. Viele halfen mit, um die Vorhaben umzusetzen: der Konvent, kirchliche Institutionen, der ehrenamtlich tätige Stiftungsrat, die motivierten Mitarbeiter im Kloster und in der Bauhütte sowie eine große Zahl von Spendern, darunter auch der Verein der Freunde des Klosters mit über 500 Mitgliedern. Auch der Bund, der Kanton Graubünden und die Gemeinde Val Müstair haben die Restaurierungsarbeiten immer mit Wohlwollen begleitet und finanziell unterstützt. Den vielen beteiligten Persönlichkeiten sprach der Stiftungspräsident einen großen Dank aus.

Noch kein Ende der Arbeiten

„Aber auch nach 50 Jahren ist in einer derart großen Anlage kein Ende der Restaurierung abzusehen“, so Walter Anderau. Derzeit steht die umfassende Reinigung, Restaurierung und Stabilisierung der einzigartigen frühmittelalterlichen Fresken in der Klosterkirche als zentrales Projekt im Fokus der Stiftung. Ebenso wichtig ist eine umfassende Erneuerung des Klostermuseums. Aber auch kleinere und nicht unwichtigere Arbeiten und Projekte zur Erhaltung dieser historisch wichtigen Anlage sind immer wieder notwendig. Nicht zu vergessen ist außerdem die Einrichtung einer altersgerechten Infrastruktur für die Klosterfrauen. Ebenso bedeutend ist die Aufarbeitung und Weitergabe des Wissens, das sich in all diesen Jahren der intensiven Forschung und Restaurierung im Kloster angesammelt hat. Einerseits wird dieses Wissen in der neuen Publikationsreihe „Müstair-Studien“ veröffentlicht. Andererseits soll ein Kompetenzzentrum vor Ort entstehen. Müstair soll als Forschungsstandort ausgebaut werden. Als Zeichen für das gute Miteinander der Stiftung mit dem Konvent übergab der Stiftungspräsident der Priorin einen Blumenstrauß mit zwölf Rosen: elf rote als Symbole der elf Klosterfrauen des jetzigen Konvents und eine weiße als Hoffnungsrose für den kommenden Nachwuchs.

Redaktion

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