Die Bodenökologin Julia Seeber mit soeben entnommener Erde auf der Bergwiese am Lechtlhof in Muntetschinig.
Über 50 Pflanzenarten wurden auf dieser extensiv bewirtschafteten Bergwiese, die nur einmal im Jahr gemäht wird, festgestellt.

Der Artenvielfalt auf der Spur

Groß angelegtes Biodiversitätsmonitoring in ganz Südtirol

Publiziert in 26 / 2020 - Erschienen am 30. Juli 2020

Matsch/Muntetschinig - Wie ist es derzeit um die Artenvielfalt in Südtirol bestellt? Wie sieht es in intensiv bewirtschafteten Böden in der Talsohle aus, wie auf Bergwiesen, in den Wäldern und auf Flächen im hochalpinen Raum? Mit diesen und vielen weiteren Fragen rund um die Biodiversität in Südtirol beschäftig sich das groß angelegte Biodiversitätsmonitoring, mit dem Eurac Research von der Landesregierung beauftragt worden ist. Mit ersten Erhebungen wurde bereits 2019 begonnen. Das Monitoring ist auf 5 Jahre ausgelegt. „Wir befinden uns jetzt im zweiten Arbeitsjahr. Ziel ist es, 64 unterschiedliche Flächen pro Jahr in ganz Südtirol zu untersuchen, sodass wir nach 5 Jahren anhand von 320 untersuchten Flächen ein umfassendes Spiegelbild der Artenvielfalt in Südtirol gewinnen können“, sagte kürzlich die Bodenökologin Julia Seeber von Eurac Research auf einer Bergwiese, die zum Lechtlhof in Muntetschinig gehört. Wir trafen sie dort mit einem Pürckhauer an, mit dem sie Erde entnahm, um sich die Bodenhorizonte anzuschauen. Ihr Spezialgebiet sind die Bodentiere. Die entnommene Erde wird zur weiteren wissenschaftlichen Auswertung an das Versuchszentrum Laimburg weitergeleitet. Um auch die Vielfalt der Lebewesen im Boden zu erheben, „werde ich im Anschluss an die Heuernte offene Gläser ebenerdig im Boden vergraben, um festzustellen, welche und wie viele Lebewesen sich dort ansammeln“, kündigte die Expertin an. Die auf rund 1.500 Höhenmetern gelegene Wiese wird als Beispiel einer extensiv bewirtschafteten Bergwiese untersucht. Die Wiese gilt als absolutes Biodiversitäts-Highlight. Der Botaniker Simon Stifter (Eurac Research) hatte dort bereits im Vorfeld über 50 Pflanzenarten finden können. Bei den Schmetterlingserhebungen konnten ganze 16 Arten identifiziert werden, darunter der seltene und als gefährdet eingestufte Maculinea arion (Thymian-Ameisen-Bläuling). Eine weitere recht seltene Art, den Hamearis lucina (Schlüsselblumen-Würfelfalter), konnten die Entomologen ebenfalls nachweisen. Bezüglich der Vogelwelt konnte der Ornithologe Matteo Anderle 22 Arten bestimmen. Bei den landesweiten Erhebungen auf den Wiesen und Weiden 2019 konnten durchschnittlich 6 bis 11 Arten vernommen werden. Damit liegt die extensive Wiese in Muntetschinig weit über dem Durchschnitt. Nachweisen konnte Anderle u.a. den mittlerweile seltenen Neuntöter, dessen Habitat an extensiv bewirtschafteten Wiesen und Weiden gebunden ist. Das Vorkommen von Gefäßpflanzen, Vögeln, Fledermäusen, Tagfaltern, Heuschrecken, Moosen und Flechten sowie verschieden Bodenorganismen bildet den Fokus der Untersuchungen. Neben den Tier- und Pflanzengruppen werden auch Bodenparameter und die Landschaftsstruktur aufgenommen. Laut Julia Seeber darf man sich nach dem Abschluss der Erhebungen ein realistisches Gesamtbild der Biodiversität in Südtirol erwarten, zumal extensive und intensive Flächen in allen Höhenstufen untersucht werden. Bereits gezeigt habe sich, dass Magerwiesen an besonders nährstoffarmen Standorten zu den artenreichsten Lebensräumen Südtirols gehören. Weitergehende Schlussfolgerungen und Vergleiche bezüglich des Einflusses des Klimawandels, der Arten der Bewirtschaftung und weiterer Einflussfaktoren werden sich erst im Anschluss an die Erhebungsphase ziehen lassen.

Josef Laner
Josef Laner

Diese Seite verwendet Cookies für funktionale und analytische Zwecke. Lesen Sie unsere Cookie-Richtlinien für weitere Informationen. Durch die Nutzung dieser Website erklären Sie sich damit einverstanden.