Im Bild (von links): Alfred Habicher, Raimund Rechenmacher, Alexander Lutt und Anton Pobitzer.
Holzlose für eine gerechte Wasserverteilung.
Der Zahlwaal

Gemeinnutz vor Eigennutz

Eine Filmdokumentation über die „Zahl“, die Kortscher Wasserader.

Publiziert in 18 / 2025 - Erschienen am 7. Oktober 2025

Schluderns - Der Vinschgau zählt zu den trockensten Alpengebieten, weshalb künstliche Bewässerung schon immer nötig war. Vor Jahrhunderten wurden Zuleitungskanäle von wasserreichen Gletscherbächen gebaut, um das Haupttal mit Wasser zu versorgen. Der Schlandraunbach speiste einst 15 Waale, der größte war der Zahlwaal der Kortscher. Dessen Ursprung ist unklar, erstmals erwähnt wurde ein Waal in Außereggen 1288, der Name Zahl (von Sala = rätoromanisch Rinne) und Roaden erscheint in einer Niederschrift von Goswin in Marienberg um 1390. Dieser wichtigen Kortscher Wasserader ist ein Film von Alfred Habicher und Raimund Rechenmacher gewidmet, der kürzlich im Vuseum in Schluderns gezeigt wurde. Anlass dafür war das Euregio-Museumsjahr, in dem 12 Museen ein Objekt vorstellen, das eine Geschichte erzählt. Im Vuseum ging es um die Holzlose für eine gerechte Wasserverteilung des Zahlwassers in Kortsch. Dazu wurden in einer beeindruckenden Filmdokumentation der Lauf des Zahlwaales sowie mehrere interessante Interviews von Zeitzeugen aufgezeigt. Diese Gespräche hatte Raimund Rechenmacher u.a. mit Frieda Weissenhorn, Elmar und Hans Niedermair und Johann Mair geführt. Um Wasser gerecht zu verteilen, gab es jahrhundertelange Streitigkeiten. 1614 wurde ein Vertrag zwischen Schlanders und Kortsch abgeschlossen, der die Aufteilung regelte. Eine Teilungsschleuse wurde gebaut, die das Bachwasser halbierte. Im Frühsommer hatten die Kortscher das Recht, 4 „Landfurch“ mit etwa 160-180 Sekundenlitern Wasser auf ihre Felder zu leiten. Der Waal verlief 2,6 km von der Einkehr unterhalb des Schupfer-Hofs am Schlandraunbach steil den Berghang entlang, durch Felsen und gefährdete Zonen bis Außereggen. Dann floss das Wasser über zwei Täler und dem Tragwaal oberhalb des Dorfes bis zum heutigen Sportplatz in Kortsch. Ab dort floss der Waal als nahezu gefälleloser Wiesenwaal fast hangparallel bis zum Gadria-Lahngraben hinter Brugg. Die Wasserzeit wurde in „Weilen“ gemessen, jeder Besitzer hatte eine definierte Wasserzeit, die auch unabhängig vom Grundstück gekauft oder verkauft werden konnte. Ein Tag umfasste 24 Weilen mit dem ganzen Bach, der 4 Furchen Wasser lieferte. Die Hälfte des Wassers war in fixen Roaden zu bestimmten Zeiten eingeteilt, die andere Hälfte wurde jährlich vor Beginn der Bewässerungszeit verlost. Dazu wurden Holzlose mit eingeritzten Hofzeichen verwendet.  Jedem Bauernhof entsprach ein Holzlos mit dem entsprechenden runenartigen Symbol, dem March. Trotz exakter Verteilung kam es besonders bei Wasserknappheit zu Konflikten. Gemeinnutz stand jedoch immer vor Eigennutz, um allen das Auskommen zu sichern. Der Präsident des Vuseums, Anton Patscheider, und der Museumsleiter Alexander Lutt dankten für diese interessante Filmdokumentation über ein Jahrhunderte altes Vinschger Kulturgut.

Ingeborg Rainalter Rechenmacher
Ingeborg Rainalter Rechenmacher

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