Martin Geier (links) und Astrid Pardeller überreichten dem Mönch Hannes Spiss ein besonderes Geschenk, nämlich ein buddhistisches Mönchskleid, das sie 2015 bei einem Aufenthalt in Bhutan erworben hatten.
Hannes Spiss und Gudrun Esser
Der Raiffeisensaal im CulturForum war bis auf den letzten Platz besetzt. Richard Theiner (stehend links) freute sich über die vielen Besucher aus nah und fern.

Wie wird der Mensch glücklich?

Ein etwas anderer Valentinstag in Latsch. Aussagen eines buddhistischen Mönchs stoßen teilweise auf Unverständnis.

Publiziert in 7 / 2020 - Erschienen am 25. Februar 2020

Latsch - Zu einem „glücklichen Valentinstag“ hat der Weltladen Lasch am 14. Februar in das CulturForum eingeladen. Dass das Thema Glück viele interessiert, zeigte schon der Besucherzustrom. Der Raiffeisensaal war bis auf den letzten Platz besetzt. Auch viele Landtags- und Gemeindepolitiker sowie Persönlichkeiten aus der Wirtschaft, dem kirchlichen Leben, der Kultur- und Schulwelt sowie dem Gesundheitswesen befanden sich unter den Gästen. „Der steigende materielle Wohlstand in unserem Land hat nicht dazu geführt, dass wir zufriedener oder gar glücklicher werden“, schickte Richard Theiner im Namen des Weltladens voraus. Dass es auch anders geht, zeige das Beispiel des kleinen Königreichs Bhutan. 

„Bhutan: Das Geheimnis des Glücks“

In das Land, die Religion und das Leben der Bhutaner wurde das Publikum mit dem Fernsehfilm „Bhutan: Das Geheimnis des Glücks“ eingeführt. Gedreht hat den Dokumentarfilm der amerikanische CNN-Reporter Bill Weir. Erstmals ausgestrahlt hatte den Film der US-amerikanische Fernsehsender CNN im Jahr 2016. Es ist anzunehmen, dass sich in Buthan seither einiges verändert hat. Immer wieder lässt Bhutan damit aufhorchen, dass dort angeblich die glücklichsten Menschen der Welt leben. Im Film bestätigen fast alle von Bill Weir befragten Bhutaner, dass sie tatsächlich glücklich sind. Glücklich deshalb, weil sie im Einklang mit der Natur leben, weil der materielle Wohlstand nicht die oberste Priorität ist, weil sie einen guten König haben, weil sie kaum gestresst sind und weil sie von der Lehre des Buddha überzeugt sind. 

„Bruttonationalglück“

Schon in den 1970er Jahren hatte der damals noch sehr junge IV. König von Bhutan, Jigme Singye Wangchuck, in einem Interview gesagt, dass ihm das „Bruttonationalglück“ wichtiger sei als das Bruttoinlandsprodukt. Das Glück der Bevölkerung war in Bhutan schon im 18. Jahrhundert als Ziel der Politik und der Entwicklung des Pufferstaates, der sich am östlichen Rand des Himalayas zwischen der Volksrepublik China und Indien befindet, festgeschrieben worden. Im Rechtskodex aus dem Jahr 1729 heißt es: „Wenn die Regierung kein Glück für sein Volk schaffen kann, dann gibt es keinen Grund für die Existenz der Regierung.“ Um das „Bruttonationalglück“ zu fördern, wurden 4 Säulen definiert und eine Staatskommission eingesetzt. Im Gegensatz zu einem konventionellen Wirtschaftswachstum wird eine ausgewogene und nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft angestrebt, wobei materielle, kulturelle und auch spirituelle Akzente einander ergänzen sollen.

Sozial gerechtes Wirtschaften

Groß geschrieben werden bei der Entwicklung des „Bruttonationalglücks“ daher die Förderung einer sozial gerechten Gesellschafts- und Wirtschaftsentwicklung, die Bewahrung von Religion und Kultur sowie der Schutz der Umwelt. Bei der letztgenannten Säule geht es darum, dass die Menschen, die heute leben, die Umwelt so behandeln sollen, dass auch noch zukünftige Generationen ihre Bedürfnisse auf der Erde befriedigen können. Das große Ziel des „Bruttonationalglücks“ ist es, die Lebensbedingungen der weniger glücklichen Bewohner des Landes zu verbessern. Über 90 Prozent der im Film befragten Personen bezeichneten sich als glücklich. Als besonders wichtig werden eine soziale und ökologische Harmonie erachtet, ein kontinuierlich positives Lebensgefühl, auf Mäßigung in allen Bereichen und die Ablehnung gegen eine Jagd nach ausschließlich materiellem Wohlstand, weil dieser die Unzufriedenheit steigere. 

Einflüsse aus der westlichen Welt

Aber auch vor dem buddhistischen Königreich, in dem derzeit rund 742.000 Menschen leben, das von der Fläche her etwas kleiner ist als die Schweiz und wo über zwei Drittel des Landes bewaldet sind, gibt es vermehrt Anzeichen und Tendenzen typisch westlicher Wertvorstellungen und Handelsweisen. Es gibt zum Teil Arbeitslosigkeit sowie Drogenkonsum. Auch das Fernsehen und das Internet mit allen ihren Folgen haben Einzug gehalten. Außerdem nimmt der Tourismus ständig zu. Bill Weir wirft am Ende des Films die Frage auf, wie lange die Idylle noch halten wird und ob es gelingen wird, die Einflüsse aus der westlichen Welt in Bhutan einzuschränken. In die Religion des Buddhismus führte ein besonderer Gast ein, nämlich der buddhistische Mönch Hannes Spiss, vom Institut für Höhere Tibetische Studien Rabten Choeling am Genfersee. Im Zwiegespräch mit der Rai-Journalistin Gudrun Esser und in der Diskussion mit dem Publikum erläuterte der Mönch die Grundsätze des Buddhismus, ging auf Unterschiede im Vergleich zum Christentum und anderen Religionen ein und wartete zum Teil mit Aussagen auf, die bei so manchen Zuhörern für Kritik, Unverständnis oder gar Kopfschütteln sorgten.

„Glück für andere erzeugen“

Zu Essers Feststellung, dass er nicht nur buddhistischer Mönch, sondern weiterhin auch Mitglied der Katholischen Kirche sei, meinte Spiss, dass er dies wegen seiner Mutter ist, mit der er den Rosenkranz bete. Glücklich sein im Sinne Buddhas bedeute, „Glück für andere zu erzeugen.“ Der Mensch solle unheilsame Handlungen vermeiden, heilsame ausführen und den Geist zähmen. Spiss rief dazu auf, sich nicht mit anderen zu vergleichen, sondern sich ein realistisches Bild von sich selbst zu verschaffen. Liebe ist für ihn der „uneigennützige Wunsch, das Glück des anderen zu erzeugen.“ Das Leid, das Menschen auf dieser Erde erleiden, seien auf negative Handlungen der Vergangenheit zurückzuführen. „Daher ist es wichtig, heute gut zu handeln“, um im nächsten Leben weniger Leid zu erdulden. Der Mönch gab sich von der Wiedergeburt des Menschen überzeugt: „Der Schöpfergott ist mit der buddhistischen Logik unvereinbar.“ Mit diesen und weiteren Aussagen taten sich so manche Zuhörer schwer.

„Ursachen des Leids bei sich selbst suchen“

Dasselbe war auch bei der Behauptung zu spüren, dass die Ursachen des Leids immer bei den Betroffenen selbst bzw. deren Vergangenheit zu suchen seien. Für Einzelpersonen treffen das ebenso zu wie für Gruppen von Menschen. Die Frage aus dem Publikum, ob seine Behauptung auch auf das jüdische Volk zutreffe, bejahte der Mönch. Er hält es für gefährlich, „die Ursachen des Leids außerhalb sich selbst zu suchen.“ Im Umgang mit Leid brauche es eine bestimmte Gelassenheit. Zur Frage, was Geld für ihn bedeute, meinte er: „Geld zu haben ist nichts Negatives. Es ist ein Resultat guter Handlungen. Die Frage ist, wie ich persönlich mit dem Geld umgehe. Will ich noch mehr Geld oder will ich das, was ich habe, dazu verwenden, um Glück für andere zu erzeugen?“ Zum Thema Meditation sagte Spiss, dass diese keine Entspannungstechnik sei, sondern ein Bemühen des Geistes für heilsame Handlungen. Außerdem sei Meditieren sei eine gute Möglichkeit, um nicht Opfer von Stress und Geschäftigkeit zu werden, „allerdings müssen wir uns die Zeit dafür nehmen.“ Wenngleich manche Ansichten des Mönchs alles eher als auf Zustimmung stießen, so war der etwas andere Valentinstag in Latsch sicher für viele ein Anstoß, über ihre eigenen religiösen Überzeugungen bzw. Wertvorstellungen nachzudenken. Abgeschlossen wurde der Abend mit einer „fairen Glücksspeise“. Hannes Spiss nahm nichts zu sich, „denn nach Mittag essen wir Mönche nicht mehr.“

Josef Laner
Josef Laner

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