Gefährdete Demokratie?

Gefährdete Demokratie?

Deutsch-italienische Beziehungen auf dem Prüfstand: Eine prominente Runde von Historikern und Journalisten diskutiert im Rahmen einer an der Freien Universität Bozen stattfindenden Tagung über den Stand der deutsch-italienischen Beziehungen. Haben Finanzkrise, Zuwanderung und zunehmende Europaskepsis das Verhältnis zwischen den beiden Staaten verändert?

- Das Thema ist hochaktuell. In den letzten Jahren haben sich zu den alten Belastungen neue Probleme von ungeahnter Wucht gesellt. Seit 2008 kämpfen beide Länder mit den Fol­­gen einer dreifachen Krise: der Krise der Fi­nanz­märkte, der Krise durch den Flücht­lings­­zu­­strom aus Afrika und dem Nahen Osten so­wie der Krise der europäischen Institutionen, gip­felnd im Votum der britischen Wähler für den Aus­tritt aus der Eu­ro­­päischen Union. Diese drei­­fache Krise ließ in Deutschland wie in Italien das Ver­­trauen in etab­lierte po­litische In­sti­tu­tionen und Parteien schwinden, sie sorgte für politische Verstimmungen zwi­schen Berlin und Rom, die einer Revitalisierung giftiger Stereotype Vorschub leisteten, und sie förderte den Auf­stieg po­­pu­lis­tischer Bewegungen wie dem Movimento 5 Stelle oder der Al­ternative für Deutsch­­­land, die das „System“ nicht nur auf den Prüfstand, sondern in Frage stellen.

Diese dreifache Krise mit ihren weitreichenden Folgen ist das Thema der prominent besetzten Tagung „Gefährdete Demokratie? Deutschland und Italien zwischen Finanzkrise, Zuwanderung und Europaskepsis“. Sie setzt sich zum Ziel, die Situation in Italien und Deutschland zu vergleichen und das Beziehungsgeflecht zwischen den beiden Staaten auszuleuchten: Treiben antisystemische und antidemokratische Parolen und Bewegungen die politische Ordnung, in die wir beinahe alle hineingeboren wurden und mit der wir aufgewachsen sind, in den Abgrund? Wie steht es mit den Gegenkräften, können sie noch stabilisierend wirken? Und wie stehen Deutschland und Italien in dieser krisenerschütterten Zeit zueinander? Wie sehen und interpretieren sie sich gegenseitig? Experten aus Deutschland und Italien, Historiker und Journalisten, gehen diesen Fragen nach. Dabei werfen sie auch Schlaglichter auf den in­ter­na­tionalen Kontext der deutsch-italie­nischen Be­son­derheiten sowie auf all­ge­mei­ne Entwicklungen in wichtigen Län­dern der Europäischen Union. Nicht zuletzt geht es auch darum, aktuelle Entwicklungen zu diskutieren und in den historischen Kontext einzuordnen: Deutschland hat soeben gewählt, Italien steht vor der Wahl!

Hochkarätig besetzt ist auch die im Rahmen der Tagung am Donnerstag, den 12. Oktober (18 Uhr) 2017, stattfindende Podiumsdiskussion: Der ehemalige deutsche Botschafter in Rom, Michael Steiner, diskutiert mit dem Philosophen Angelo Bolaffi, dem Historiker Hans Heiss, dem ARD-Korrespondenten in Rom Jan-Christoph Kitzler, Christiane Liermann vom Deutsch-italienischen Zentrum Villa Vigoni und Stefan Ulrich von der Süddeutschen Zeitung über „Scharfmacher oder Aufklärer? Zur Rolle von alten und neuen Medien in der dreifachen Krise“.

Von dieser Tagung soll ein Signal ausgehen: Die Organisatoren, das Kompetenzzentrum für Regionalgeschichte der Freien Universität Bozen, die Arbeitsgruppe „Geschichte und Region“ und das bekannte Institut für Zeitgeschichte München-Berlin (Herausgeber der kritischen Edition von Hitlers „Mein Kampf“), haben sich vor­ge­nom­men, die deutsch-italienischen Beziehungen auf dem Feld der Zeit­­- und Gegenwartsgeschichte zu in­ten­si­vieren und damit der „schleichenden Entfremdung“ zwischen diesen bei­den Kernländern Eu­ropas entgegenzuwirken. 

unibz

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