Tschars

Publiziert in 22 / 2003 - Erschienen am 20. November 2003
Fotos: Florian Peer, Text: Andrea Perger [F] Blickfang am Schuttkegel [/F] Erstmals erwähnt 1188 als "Sardes", ab 1406 Tschars, Mundart: "Tschoorsch", amtl. ital. Name: "Ciardes". Herkunft und Bedeutung des Namens sind nicht geklärt. Eine Vermutung geht in die Richtung, dass der Name auf das germanische "skarda" zurückzuführen ist und insgesamt "durch Erosion zerrissenes Gelände" bedeuten könnte. Quellen: "100 Jahre Musikkapelle- Tschars, Dorfleben und Häusergeschichte", Herbert Raffeiner, Walter Müller, Hans Lanbacher, Susanne Lesina Debiasi, Robert Kaserer "100 Jahre Freiwillige Feuerwehr Tschars Dorfchronik", Hermann Theiner, Engelbert Kofler u.a., herausgegeben von der Freiwilligen Feuerwehr 1991, "Die Ortsnamen Südtirols und ihre Geschichte", Band 1 von Egon Kühebacher, herausgegeben vom Landesdenkmalamt Bozen [F] Historisches [/F] Die Geschichte von Tschars ist erst ab etwa dem 12. Jh. dokumentiert, wobei hier Genaueres nicht vorliegt. Doch wie vielerorts im Vinschgau lassen Hof- und Flurnamen aus dem Romanischen, sowie die Lage an der Via Claudia Augusta, oder auch Funde aus der späten Steinzeit bereits eine frühe Siedlungsgeschichte vermuten. 1183 wurde das Dorf erstmals erwähnt. Bis zur Übernahme des Patronats durch die Grafen Hendl 1587 betreuten die Steingadner Mönche die Pfarre Tschars. Dorfleben, Verwaltung und Landwirtschaft waren im Dorfbuch aus dem Jahre 1432 streng reglementiert. Durch die Lage am Trockenhang kam vor allem dem "Wassern" bis zum Bau der Beregnung 1973 eine große Bedeutung zu. Der Schnalswaal (Inbetriebnahme 1517), sowie der parallel dazu verlaufende obere Waal an der Sonnenseite und der Etschwaal auf der Nörderseite versorgten Äcker und Wiesen mit dem lebensnotwendigen und kostbaren Wasser. Im 18. Jahrhundert zerstörten einige Dorfbrände wiederholt das Dorf. [F] Dorfzahlen [/F] 1900 zählte das Dorf 510 Einwohner in 65 Häusern, 274 Rinder, 294 Schafe, 102 Schweine und 20 Pferde. 100 Jahre später beeindruckt die Anzahl der Nutztiere längst nicht mehr, eine Angabe über die Anzahl der Apfelbäume und Rebstöcke aber würde sehr wohl imponieren.1991 zählte Tschars 844 Einwohner, 1996 837 Einwohner und 2001 828 Einwohner. Auch die Schülerzahlen sind rückläufig. [F] Dorfleben [/F] Vor allem im Winter möchte wohl jeder gerne in Tschars leben. Dann liegt das Dorf sonnengeküsst an der Nordseite der Talsohle auf einer leichten Anhöhe, die Stuben von der Sonne gewärmt. Trotz günstiger Lage wächst das Dorf nicht mehr. Rundherum grenzen Obstwiesen direkt an den Dorfrand. Die Ausweisung einer neuen Bauzone ist schwierig, Projekte dieser Art wurden in den letzten Jahren durch Rekurs blockiert. Die betroffenen Bauern wehren sich gegen die Grundstücksablöse, denn die Lage um das Dorf ist für den Obstbau optimal. Nicht zuletzt deshalb sinkt die Einwohnerzahl stetig. Lediglich Urlauber strömen ungebremst ins Dorf, wovon die großen Pensionen und Hotels am unteren Dorfrand zeugen. Im sonnigen Dorf heißt auch das einzige Gasthaus innerhalb der Ortschaft treffend "Zur Sonne". Hier treffen sich die Hausfrauen nach dem Einkauf, die Vereine nach ihren Zusammenkünften, die "Kortner", aber auch die Jugendlichen des Ortes an den Wochenenden. Im Untergeschoss findet jährlich der gut besuchte Faschingsball des Fischervereins statt. In Gesprächen wird dieser Ball immer wieder erwähnt, als ein Ereignis auf das sich beinahe jeder im Dorf freut. Über das Gasthaus Sonne, das erstmals 1383 erwähnt wurde, gibt es einige Erzählungen. "Hier soll sogar Maria Theresia übernachtet haben!", flüstert uns die junge Wirtin. Ein fast 700 Jahre alter Gastbetrieb hätte wohl noch so manch andere Geschichte zu erzählen, aber das alte Mauerwerk schweigt geduldig. Auch der Nikolausumzug der Bauernjugend ist weithin bekannt. Eine weitere Besonderheit des Dorfes ist das Neujahrsanwünschen der Musikkapelle. Dabei wird nicht nur ein Instrumentalstück vorgetragen, sondern auf Wunsch auch eines von zwei alten Liedern, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden, gesungen. Rund ein Viertel der Dorfbevölkerung ist in der Landwirtschaft tätig. Dieser Anteil ist im Vergleich zu anderen Dörfern relativ hoch. Dabei stellten die Tscharser sehr früh auf moderne Landwirtschaft um und so gibt es heute im Dorf nur mehr einen einzigen Viehbauern und eine einzige Heuwiese. Der Schnalswaal hat zwar seine ursprüngliche Bedeutung verloren, bleibt aber weiterhin Lebensader für das trockene Gebiet, der Waalweg erfuhr aber eine Renaissance als beliebter Wanderweg (siehe unseren Wandertipp). Zum Schluss noch eine Anekdote aus früheren Zeiten. Aus Angst vor Dorfbränden stand einst am Dorfeingang ein Schild mit der Inschrift "Bei Oberwind Rauchen verboten". [F] Wanderung [/F] Waalwege dienten ursprünglich nur für den "Waaler". Heute werden diese Wege als familienfreundliche Spazierwege mit angenehmer Atmosphäre viel begangen. Gerade im Herbst und Frühjahr bietet der Schnalswaal seinen Besuchern einiges. So begegnet man hier der einzigartigen Trockenlandschaft der Vinschger Leiten mit seiner Herbheit, Schönheit und der außergewöhnlichen Tier- und Pflanzenwelt. Der Waalweg, der von Tschars aus über einen Kastanienhain erreichbar ist, führt unterhalb Schloss Juval vorbei bis nach Ratteis im Schnalstal. Höhenunterschied fast 300 m, Länge ca. 7 km.

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