Kommentar: Mehr direkte Demokratie tut Not
Publiziert in 8 / 2007 - Erschienen am 7. März 2007
Wenn in einem Land das Volk herrscht, ist dieses Land demokratisch. „demos“ steht für Volk, „kratía“ für Herrschaft. Das Volk eines demokratischen Landes herrscht großteils indirekt. Es wählt seine Vertreter und lässt sich von diesen beherrschen. Bei wichtigen Dingen aber will das Volk direkt entscheiden. Jeder einzelne soll Ja oder Nein sagen können. Auf die Spitze getrieben haben die direkte „Herrschaft“ die Schweizer. Es vergeht kaum ein Sonntag, an dem die Eidgenossen nicht irgendwo dazu aufgerufen sind, die Hand zu heben oder sie unten zu lassen.
Südtirol ist auch demokratisch, lässt sich aber noch stark indirekt „beherrschen.“ Die „indirekten Herrscher“ haben wenig Interesse daran, dass das Volk direkt entscheidet. Das ist verständlich, denn es könnte sich dadurch „indirekt“ zeigen, dass das Volk bisweilen anderer Meinung ist als seine gewählten Vertreter. Im derzeit geltenden Landesgesetz, das die direkte Demokratie regelt, sind die Möglichkeiten der direkten Mitbestimmung stark eingeschränkt. Das fängt schon beim Quorum an: Nur wenn 40 Prozent der Wahlberechtigen abstimmen, ist eine Volksabstimmung gültig.
Diskrepanzen zwischen manchen Absichten der „indirekten Herrscher“ und dem Willen des Volkes gibt es allenthalben. Was würde das Volk wohl zur Erweiterung des Flugplatzes sagen? Zum Brennerbasistunnel? Was hätte das Volk zum Bau der Tunnels auf der Strecke Forst-Töll gesagt?
Die Bemühungen, den Bürgern in Südtirol mehr und vor allem bessere Möglichkeiten der direkten Mitbestimmung einzuräumen, sind berechtigt. Ob sich darum eine einzelne Partei bemüht oder aber ein sehr breites Bündnis, wie es das Bündnis für mehr Demokratie ist, bleibt nebensächlich. Es geht um den Inhalt und das ist die direkte Demokratie.
Die Erweiterung der direkten Demokratie ist der Inhalt von einem der 3 Volksabstimmungsanträge der Union für Südtirol. Ab dem 20. März beginnt nun auch die Initiative für mehr Demokratie mit der Sammlung von Unterschriften für eine Volksabstimmung über ein besseres Gesetz zur direkten Demokratie. Unsicherheiten bei der Bevölkerung sind vorprogrammiert, wenngleich sich die 2 Anträge inhaltlich und nicht nur in einigen wesentlichen Punkten unterscheiden (siehe Bericht oben). Jetzt ist vor allem Aufklärung gefragt, denn sonst könnte das unter die Räder kommen, worum es eigentlich geht, nämlich um die „direkte Herrschaft“ des Volkes.
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Josef Laner