„Natürlich bin ich aufgeregt“

Publiziert in 41 / 2011 - Erschienen am 16. November 2011
Toni Bernhart aus Prad, Autor, Literaturwissenschaftler und Koordinator der „Graduiertenschule für die Künste und die Wissenschaften“ an der Universität der Künste Berlin, ist zurzeit besonders arg beschäftigt. Er ist einer der drei Anwärter für den Posten des Rektors der Leopold-Franzens-Universität in Innsbruck. Am Dienstag der nächsten Woche finden die öffentlichen Anhörungen statt. „Der Vinschger“: Herr Bernhart, Sie wurden am 4. Oktober 40 Jahre alt. Es gibt Leute, die in diesem Alter immer noch studieren, und Sie wollen Rektor der Universität Innsbruck werden? Toni Bernhart: Gute Frage (lacht). Es gibt aber auch Leute, die in diesem Alter Minister sind oder schon gewesen sind. Wie bereitet man sich auf solche Anhörungen vor? Toni Bernhart: Durch gründliches Lesen aller verfügbaren Daten und Fakten zur Universität Innsbruck und darüber hinaus, dann durch gründliches Interpretieren dieser Informationen und im dritten Schritt durch den Abgleich der eigenen Überzeugungen und Vorstellungen mit der gegebenen Realität. Sind Sie aufgeregt? Toni Bernhart: Natürlich! Es handelt sich immerhin um das höchste und verantwortungsvollste Amt an einer Universität. Aufregung im Sinne von Anregung und Beflügelung ist aber immer auch ein Motor, der hilfreich und nützlich ist. Wann erfahren Sie, ob Sie Rektor werden oder nicht? Toni Bernhart: Dies erfahre ich, sobald der Universitätsrat den Rektor gewählt hat. Nach derzeitigem Planungsstand soll dies bis Mitte Dezember der Fall sein. Wie gut kennen Sie Ihre Mitbewerber Dieter Jaksch, Physiker an der Universität Oxford, und den interimistischen Uni-Rektor Tilmann Märk? Toni Bernhart: Ich kenne die beiden Herren nicht persönlich. Auf jeden Fall sind sie sehr starke Mitbewerber. Was sind Ihrer Meinung nach die starken Trümpfe, mit denen sie das „Spiel“ vielleicht gewinnen können? Toni Bernhart: Meine mehr­jährige Erfahrung in einer Leitungsposition an der international agierenden Universität der Künste Berlin, meine Erfahrung im Umgang mit den sehr unterschiedlichen Fakultäten und Disziplinen, die eine Universität prägen, und meine Verankerung in der Region. Sie leben und arbeiten seit über 10 Jahren in der Weltstadt Berlin. Wäre ein Wechsel nach Innsbruck nicht eine Rückkehr in die Provinz? Toni Bernhart: Innsbruck ist zwar keine Metropole, auf die alle Welt blickt, aber ganz bestimmt einer der attraktivsten Forschungs-, Bildungs-, Wirtschafts- und Kulturstandorte in ganz Europa. Innsbruck liegt im Herzen der Alpen und hat sich in den letzten zehn Jahren zu einem sehr dynamischen regionalen Zentrum entwickelt. Ich bin überzeugt, dass die Stadt die Rolle einer wichtigen Vermittlerin zwischen Österreich, Italien, der Schweiz und Deutschland übernehmen kann. Dies mitzuerleben und mitzugestalten hat in meinen Augen wenig mit der Vorstellung von einer Rückkehr in die Provinz zu tun. Wir bewerten Sie die Arbeit des bisherigen Rektors Karlheinz Töchterle? Toni Bernhart: Karlheinz ­Töchterle hat ausgezeichnete Arbeit geleistet! Es kommt ja nicht von ungefähr, dass er öster­reichischer Wissenschaftsminister geworden ist. Töchterle hat die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit der Universität Innsbruck bis weit über seine Amtszeit hinaus gesichert. Die Latte für den neuen Rektor liegt entsprechend hoch. Was kann man sich unter der „Graduiertenschule für die Künste und die Wissenschaften“, die Sie an der Universität der Künste Berlin leiten, konkret vorstellen? Toni Bernhart: Die Graduiertenschule für die Künste und die Wissenschaften ist ein europaweit einzigartiges Qualifikationsprogramm für Absolventen aus allen künstlerisch-praktischen und allen wissenschaftlichen Disziplinen. Das Besondere daran ist die interdisziplinäre Breite, die größer nicht sein könnte. In gewisser Weise ist diese Graduiertenschule eine Utopie, die auch erst nach Jahren den Rang erreichen kann, den wir uns wünschen. Es ist uns gelungen, die Einstein Stiftung Berlin und die Deutsche Forschungsgemeinschaft als Förderer zu gewinnen. Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Ich bin sehr stolz, dass ich dieses Projekt entwickeln und aufbauen durfte und jetzt auch koordiniere. Angenommen, Sie kommen tatsächlich nach Innsbruck: Wie würden Sie sich die Zusammenarbeit mit der Freien Universität Bozen vorstellen? Toni Bernhart: Mit der Freien Universität Bozen kooperiert die Universität Innsbruck bereits seit Jahren, weitere Kooperationsprojekte sind in Planung. Schließlich ist Innsbruck nach wie vor die Landesuniversität auch für Südtirol. Ich würde auf die bereits bestehende Zusammenarbeit aufbauen und diese aufmerksam pflegen, aber natürlich auch in einen noch größeren regionalen und internationalen Zusammenhang stellen. Ganz Österreich, Südtirol, Norditalien, die Schweiz und Süddeutschland sind der Raum, mit dem die Universität Innsbruck interagiert. Wie gut kennen Sie die Anliegen der Studenten in Innsbruck, unter denen sich auch viele Vinschger und junge Leute aus ganz Südtirol befinden? Toni Bernhart: Die Anliegen von Studierenden kenne ich insgesamt sehr gut: Einerseits aus meiner Lehrerfahrung an zwei Berliner Universitäten und andererseits durch zahlreiche Gespräche mit Studierenden im Zuge meiner Planungsarbeit an der Universität der Künste Berlin. Über die Interessen und Anliegen der Innsbrucker Studierenden weiß ich viel durch persönliche Kontakte. In vielen Dingen unterscheiden sie sich nicht von den Studierenden in ganz Europa: Lust auf Neues, die Faszination am Studium, das Interesse an einem hochwertigen Studium zur wettbewerbsfähigen Berufsqualifikation oder zur persönlichen Bildung sind die positiven Faktoren, denen die Verunsicherung durch den Bologna-Prozess, die Angst vor Studienbeiträgen, der Platzmangel an der Uni und die mangelnden Wohnmöglichkeiten in der Stadt gegenüberstehen. Spezifisch für Innsbruck sind das etwas hektische Hin- und Herfahren zwischen dem Studienort Innsbruck und dem Heimatort irgendwo in Tirol oder Südtirol, aber auch die relativ große Identifizierung der Studierenden mit der Universität als „ihrer“ Universität. Angenommen, Sie müssen ein Theaterstück schreiben, falls Sie Uni-Rektor in Innsbruck werden: Wie würde der Titel heißen? Toni Bernhart: Oh, darüber habe ich noch nicht nachgedacht. Vielleicht würde ich ein Stück über einen Schilehrer schreiben, der Toni heißt, weil die Berliner und Hamburger oft vermuten, dass ich Schilehrer bin, weil ich Toni heiße und aus Südtirol komme. Und wie falls Sie in Berlin bleiben? Toni Bernhart: Der Titel würde der gleiche bleiben, weil ich als Mensch ja der gleiche bin. Interview: Sepp Laner
Josef Laner
Josef Laner

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