Agums
Publiziert in 15 / 2004 - Erschienen am 29. Juli 2004
Fotos: Florian Peer, Text: Andrea Perger
[F] Das Dorf über das der hl. Georg wacht [/F]
[K] Ortsnamenbedeutung: Mundart: "Agums", amtl. ital. Name: "Agumes". Der Name geht wahrscheinlich auf das lateinische "Lacuna", was "Sumpf" bedeutet, zurück.
Quellen:
"Die Ortsnamen Südtirols und ihre Geschichte", von Egon Kühebacher 1991
"Vinschgau" von Josef Rampold, Auflage 1997
"Prad um 1900, ein Beitrag zur Dorfgeschichte", herausgegeben vom Kultur- und Freizeitverein Obervinschgau 1984
Informationen: Ludwig Veith [/K]
[F] Historisches [/F]
Erstmals erwähnt wurde Agums in einem Rechtsspruch aus dem Jahre 1209, in dem ein Rudolf von Agums auftaucht. Der Streit fand zwischen den Kortschern und den Marienbergern um den Montatschwald statt.
1911 wurden die letzten Reste der Ruine Gargitz abgetragen. Über Jahrhunderte stand an dieser Stelle eine Burg, deren Grundbesitzer die Bischöfe von Chur waren Hier war der Sitz ihres Amtsmannes für Prad und das Suldental. Gargitz (mundart: Ragitz) wurde 1328 erstmals urkundlich erwähnt, dürfte aber wesentlich älter sein. Hier befand sich eine wichtige Überwachungs- und Zollstelle des Urweges (heute Archaikweg), so wurden zum Beispiel die Erzfuhren von hier aus überwacht. Auf alten Stichen ist erkennbar, dass die Burg Gargitz von imposantem Ausmaß war und dementsprechend bedeutungsvoll gewesen sein muss. Anfang des 15.Jh. starb das einstmalige Adelsgeschlecht "cargutz" aus. Ab 1411 verwalteten die Herren von Schlandersburg den Ansitz, ab 1590 Hans Viktor Kasler aus dem Unterland. Im spanischen Erbfolgekrieg (1701-1714) stand die Verwaltung den Paiersbergern zu, später den Grafen von Wolkenstein-Trostburg, unter denen die Burg langsam zu verfallen begann, denn das Interesse dieser Herren war gering, so verpachteten diese Gargitz an Kaspar Wallnöfer, der die verfallene Burg 1859 kaufte und Teile der Ruine bewohnte. 1910 erwarb sie der Maurermeister Heinrich Stecher, der die Ruine 1911 endgültig abriss und innerhalb weniger Monate an derselben Stelle ein Wohnhaus errichtete.
[F] Dorfzahlen [/F]
Im Dorf Agums selbst leben 290 Menschen, der Kiefernhainweg (Gewerbezone), der geografisch eigentlich auch zum Dorf Agums gehört, zählt 233 Einwohner.
[F] Dorfleben [/F]
Die beiden Dörfer Prad und Agums sind kaum mehr einen Steinwurf voneinander getrennt. Genau genommen bildet der Suldenbach die Grenze. So gehört alles westlich der Suldenbachbrücke zu Agums. Agums ist eine Fraktion der Gemeinde Prad, doch einst war Agums der bedeutendere und größere der zwei Orte, was sich erst mit Bau der Stilfserjoch-Straße zu Beginn des 19. Jh. geändert hat. Auffallend ist, dass in Agums die Häuser zueinander einen sichtbaren Abstand haben, eine massive Verbauung des Ortskernes wie in anderen Orten, hat hier nicht stattgefunden. So sind die einzelnen Häuser durch kleine Gärten oder Obstanger voneinander getrennt. Durch das Dorf führt die alte Landstraße, die einst die Dörfer Prad, Agums und Lichtenberg verband.
Ab 1303 war Agums- Prad eine eigene Pfarrei. Die Prader kamen zur Hauptmesse nach Agums, lediglich die Frühmesse wurde von einem eigenen Frühmessner in der Kirche St. Johann gehalten. Vor Ausgliederung der Pfarre besuchten die Agumser und Prader, mit ihnen die Trafoier, Suldner und Stilfser die Messe in Schluderns. Dazu versammelten sich die Kirchgänger aus dem Suldental oberhalb von Agums beim Hofe "Wartamstein". Die Herren von Lichtenberg schickten zwei Burgknechte, die dann die Kirchgänger alle gemeinsam nach Schluderns und zurück begleiteten, denn der Weg dorthin führte durch unwegsames Augelände, man fürchtete wilde Tiere, aber ebenso Wegelagerer. Für diesen Begleitschutz zahlten die Bauern den Herren von Lichtenberg einen Getreidezins, der selbst lange nachdem die Pfarre Agums- Prad entstanden ist, noch entrichtet wurde.
Erst seit dem Jahre 1956 besitzt Prad eine eigene Kirche, obwohl es bereits früher Bauvorhaben gab. Unter anderem wurde ein bereits beträchtlicher Fonds im ersten Weltkrieg in eine Kriegsanleihe umgewandelt und ging auf diesem Wege verloren. In der neuen Pfarrkirche "Maria Königin" in Prad gab es aber auch Jahre nach deren Fertigstellung keinen eigenen Glockenstuhl. Über eine Lautsprecheranlage erklang eine Aufnahme des Geläuts von Marienberg. Da das Geld fehlte, wurde kurzerhand eine der Glocken von Agums abmontiert und nach Prad gebracht. Die Sache war umso schmerzlicher für die Agumser, die es schafften ihre Glocken über die Weltkriege zu retten, indem sie sie eingruben und sie so vor dem Einschmelzen bewahren konnten.
Bei den Umbauarbeiten am Kirchturm in Agums, die mit der Abmontage der Glocken verbunden war, kam es zum Kirchenbrand von 1971, die Kirche war zu diesem Zeitpunkt sehr verwahrlost. Bei diesem Brand schmolzen die verbliebenen drei Glocken, aus den Schmelzresten konnten in Innsbruck zwei neue Glocken gegossen werden, die wieder nach Agums gebracht wurden. Der "große Herrgott", damals wie heute beliebtes Wallfahrtsziel, konnte in letzter Minute den Flammen entrissen werden. Der Kirchenbrand war der Anfang einer ganzen Serie von Dorfbränden. Erst nach der Restauration der Kirche St. Georg bauten die Agumser langsam wieder den Bezug zu dieser Kirche auf.
Nicht nur kirchlich sondern auch politisch stand Agums Prad in nichts nach. So stellten früher beide Dörfer einen so genannten Dorfmeister. Beide miteinander vertraten dann die Interessen der Gemeinde. Am Scheibenschlagsonntag trafen sich die zwei auf Gargitz und vereinbarten Rechte und Pflichten für das folgende Geschäftsjahr. Nach Einführung des Gemeindevorstehers stellte Agums nur mehr einen Fraktionsvorsteher.
Zu Agums gehören ebenfalls die Agumser Höfe Wartamstein, Patzlaid und Mitterhof. Am Mitterhof ließ der damalige Befehlshaber der Ortlerfront im ersten Weltkrieg, Oberst Freiherr von Lempruch, 1915 eine Kapelle zu Ehren der Gefallenen errichten. Alte Geschichten erzählen, dass der Oberst, der in Wien verheiratet war, sich in die Bauerntochter des Patzlaidhofes verliebte. Seine Kapelle wurde später von den Faschisten verwüstet und erst in den 80er Jahren vom Frontkämpferverband wieder restauriert. Seit der Segnung zur Herz-Jesu-Kapelle findet hier jährliche eine Messe statt.
[F] Wanderung [/F]
Der Archaikweg ist ein alter Wegverlauf, auf dem früher die Stilfser, Trafoier und Suldner unter anderem Waren wie Erze vom und ins Tal transportierten. Dieser Weg wurde in der jüngeren Vergangenheit mit Schautafeln ausstaffiert. Bei der Suldenbachbrücke biegt man in Richtung Gargitz (beschildert) ab. Der Straße folgend, erreicht man nach kurzer Zeit den Mitterhof. Hier startet der Archaikweg, der nach Stilfs führt und der aufgrund seiner geringen Steigung sehr familientauglich ist. Entlang des Archaikweges finden sich uralte Siedlungsstätten, wie Kaschlin. Alle bedeutenden Orte sind sehr gut mit anschaulichen Tafeln beschrieben. Regelmäßig finden hier auch geführte Wanderungen statt, bei denen die Geschichte dieser bedeutenden Wegstrecke genauer erläutert wird.