„Jenseits der Front“
Vinschgau - Konflikte in Familien und Gemeinschaften sind so alt wie die Menschheit selbst. Dasselbe gilt für Konflikte und kriegerische Auseinandersetzungen zwischen Völkern und Ländern. „Uns geht es weniger darum, Konflikte zu ‚lösen‘, sondern sie zu transformieren“, sagt Matthias Gossner. Seit über 15 Jahren beschäftigt sich der österreichische Friedensforscher mit Friedens- und Konfliktthemen in Praxis und Forschung in Europa und Lateinamerika, vor allem in Mexiko. Er ist unter anderem Mitglied der „Mexikanischen Plattform für Friedensbildung“ und auch Trainer für Gewaltfreie Kommunikation (GFK), entwickelt von Marshall B. Rosenberg. Die GFK ist eine Methode zur Verbesserung zwischenmenschlicher Beziehungen, die auf Empathie und ehrlicher, respektvoller Interaktion basiert. Ziel ist es, Verbindung herzustellen und erst auf Basis von verstärktem Vertrauen zu mehr Optionen für eine Konflikttransformation zu kommen. Unter dem Motto „Jenseits der Front“ fand vom 29. Juni bis zum 7. Juli unter der Leitung von Matthias Gossner und in Zusammenarbeit mit Silvertip Tours Innsbruck eine Weitwanderwoche im Vinschgau statt. „Meine Absicht war es, einerseits zu erfahren und uns vor Augen zu führen, wie im Dreiländereck vor allem im Ersten Weltkrieg unter unvorstellbaren Bedingungen gekämpft wurde, und uns andererseits mit dem Heute zu beschäftigen“, sagte Gossner dem der Vinschger. Fragen, die sich angesichts noch immer sichtbarer Schützengräben, Panzerstellungen und Bunker aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg aufdrängen, gebe es viele: Was ist Friede? Was sind Frieden und wie kommen wir zu ihnen? Angenähert hat sich die sechsköpfige Gruppe aus Österreich, Deutschland und Polen einer „nachhaltigen Friedenskultur“ mit Vorträgen, Wanderungen entlang der Frontlinie, Workshops und Gesprächen. Externe Gastreferenten während der Woche waren Melanie Platzer vom „Ortler Sammlerverein Erster Weltkrieg“, Wolfgang Dietrich, Begründer der Innsbrucker Schule für Friedensforschung, der Schauspieler und Regisseur Ernst Gossner – von ihm stammt u.a. der Film „Der Stille Berg“ – und Herbert Bauer, ehemaliger Generalmajor des österreichischen Bundesheeres. Den Personen, die an der außergewöhnlichen Wander- und Bildungswoche teilgenommen haben, ging es laut Matthias Gossner in erster Linie darum, „für sich selbst und ihr unmittelbares Umfeld Ansätze und Tipps für ein friedliches Zusammensein und Zusammenleben mit nach Hause zu nehmen.“ Grundsätzlich ist Gossner überzeugt, „dass Konflikte transformiert und in konstruktivere Beziehungen verwandelt werden können.“ Ein Dankeschön spricht Matthias Gossner der Vinschger „Regionalgruppe GFK Südtirol“ in der Person von Sonja Blaas aus, die bei der Organisation der Woche hilfreiche Unterstützung geleistet hat. Auch 2026 soll es wieder eine „Wanderung hin zu Frieden” und darüber hinaus eine Fortbildungs- und Vertiefungswoche zu Gewaltfreier Kommunikation geben.