Zuglose Zeit
Vollsperre der Vinschger Bahn ab 26. Oktober: Ersatzverkehr mit Bussen – Rückkehr der Züge am 29. März.
Latsch - Ein großes, wichtiges Projekt werde umgesetzt und man befinde sich auf der Zielgeraden, aber: Es muss funktionieren, die Herausforderung Schienenersatz müsse gemeistert werden. Das war der Tenor der Informationsveranstaltung zum Stand der Arbeiten im Hinblick auf die Elektrifizierung der Vinschger Bahn unlängst im Latscher CulturForum. Ab dem 26. Oktober kommt der Zugverkehr zwischen Meran und Mals vollständig zum Erliegen. „Wenn die gesamte Vinschger Bahnlinie gesperrt wird, dann wird das eine Herausforderung für alle“, unterstrich die Vinschger Bezirkspräsidentin Roselinde Gunsch. Ihr Amtskollege aus dem Burggrafenamt, Ulrich Gamper, pflichtete ihr bei: „Die Vinschger Bahn ist eine wichtige Entlastung. Hoffen wir, dass sie bald mit vollem Strom und voller Energie wieder fährt“, so Gamper. STA-Projektleiter Michael Prader informierte über den Stand der Arbeiten. Die Oberleitung befinde sich im Bau und sei teils schon zertifiziert, auch Testfahrten der neuen Elektrozüge standen bereits auf dem Programm – und zwar in Tschechien.
„Heißer Herbst“
Es stehe aber noch einiges an Arbeit bevor. „Wir haben einen heißen Herbst vor uns“, betonte Prader. Während der Komplettsperre der Bahn werden grundlegende Arbeiten durchgeführt, darunter der Abbau des alten Signalsystems, die weitere Installation der neuen Oberleitung und die Einführung und Erprobung des modernen Europäischen Zugsicherungssystems (ETCS, EuropeanTrain Control System). Hinzu kommen infrastrukturelle Eingriffe an den Bahnsteigen und am Depot in Mals sowie Gleisanpassungen in Schlanders. „Ab dem 29. März wollen wir mit den Dieselzügen wieder starten“, erklärte Prader. Diese werden an die neuen Zugsicherungssysteme angepasst. Schritt für Schritt werden dann auch die Elektrozüge aktiviert. Zur Erinnerung: Insgesamt wurden 21 Elektrotriebzüge des Typs Coradia Stream bestellt, 15 vom Land Südtirol und sechs von den Österreichischen Bundesbahnen. Die neuen Züge werden in ganz Südtirol sowie auch im Trentino und im österreichischen Bundesland Tirol im Einsatz sein. Die Dieselzüge werden aber noch für eine Zeit lang parallel dazu eingesetzt, voraussichtlich bis 2029.
Schienenersatzverkehr vorgestellt
Mirko Waldner, der Direktor des Landesamtes für Personenverkehr, stellte den Schienenersatzverkehr vor. Hierfür ist ein Halbstundentakt vorgesehen, 18 Haltestellen sind zu bedienen, die Fahrtzeit von Meran nach Mals beträgt etwa 90 Minuten. Die Ersatzbusse halten überwiegend in den Ortszentren und nicht immer direkt bei den Bahnhöfen. „Vorgesehen ist ein Bus pro Zug, in den Hauptverkehrszeiten gibt es Verstärkerfahrten“, so Waldner. So fährt ein weiterer Bus pro Zug zu den Stoßzeiten, jedoch nur bis Spondinig, da im oberen Vinschgau hierfür kein Bedarf sei. Auch Verstärkerfahrten für Schüler/innen zu den Schulen nach Meran, Schlanders und Mals sind vorgesehen. Die Sonderfahrten starten immer vor dem Standard-Bus. Im Fahrplan werden diese nicht angeführt, jedoch in der südtirolmobil-App. Waldner unterstrich, dass es wichtig sei, die Fahrtzielanzeiger in den Bussen zu beachten. Mit Fahrgastzählungen zwei Wochen im Jahr (im April und im Oktober), mit den Entwertungsdaten und den Daten der Schulen zu den Wohnorten der Schüler/innen habe man den Bedarf genau erheben können. Bisher habe der Schienenersatzverkehr für den seit Februar bereits gesperrten Abschnitt zwischen Laas und Mals durchaus gut funktioniert, wie auch die Laaser Bürgermeisterin Verena Tröger und ihr Schludernser Amtskollege Heiko Hauser bescheinigten.
Direktverbindungen und mehr Platz
Das Warten auf die elektrifizierte Bahnlinie zahle sich schlussendlich aus, erinnerte Waldner. Ein Halbstundentakt und eine direkte Verbindung von Bozen nach Mals sind dann Realität. „Wenn ich heute in Bozen gestartet bin, machte mir die knappe Zeit für den Umstieg in Meran Sorgen; das ändert sich“, brachte der Amtsdirektor ein Beispiel. Auch eine direkte Verbindung von Mals nach Innsbruck sei dann möglich. Zudem haben die Elektrozüge weit mehr Kapazitäten; jeder Zug bietet 381 Sitzplätze, mehr als doppelt so viel wie die Dieselzüge. Auch für Fahrräder gebe es dann mehr Platz, „es wird aber weiter nicht möglich sein, alle mitzunehmen“, so Waldner. Bei einer Radgruppe von 30 Personen dürfte es bereits zu Problemen kommen. Jedoch seien hierfür die separaten Fahrradtransporte da.
Scharfe Kritik, offene Fragen
Scharfe Kritik gab es im Rahmen der Infoveranstaltung aus Marling. Bürgermeister Felix Lanpacher kritisierte, dass das Dorf vom Schienenersatzdienst ausgenommen sei. „Ihr nehmt uns einen Dienst und es gibt keinen Ersatz“, schimpfte er. Marling brauche diese Verbindung. Waldner entgegnete, dass für die vier Schüler/innen, die eine Ober- bzw. Berufsschule in Schlanders besuchen, ein direkter Transport eingerichtet werde. Bei Pendler/innen bestehe keine Nachfrage, als Anbindung genüge die Busverbindung 212 nach Meran. Der Latscher Bürgermeister Mauro Dalla Barba wies auf die im Februar beginnenden Arbeiten an der Plimabrücke auf der Hauptstraße zwischen Latsch und Goldrain hin, was eine Sperre von vier bis sechs Monaten nach sich ziehe. Waldner meinte, man habe dies auf dem Schirm und bis Februar müsse es auch eine Lösung für die Ausweichroute der Busse geben, was aber „keine einfache Aufgabe“ darstelle. Gustav Tappeiner, der Bürgermeister von Kastelbell-Tschars, wies eindringlich darauf hin, dass die Bahn ab Ende März unbedingt wieder fahren müsse. „Der Termin wird halten, wir haben auch noch Puffer. Aber natürlich gibt es immer Risiken und keine Garantien“, antwortete Prader.