Bevor der Zug abfährt

Publiziert in 16 / 2025 - Erschienen am 9. September 2025

Im Wartesaal, am Tisch, im Auto, auf dem Berggipfel, im Klo. Es ist immer und überall mit dabei. Hält man es nicht gerade in der Hand, muss man zumindest wissen, wo es steckt. Ja, es ist da. Gott sei Dank. Ich spüre es am Gewicht der Jackentasche. Hätte ich es nicht dabei, wäre ich aufgeschmissen. Vor allem heute und jetzt. Eigentlich immer. Am wohlsten fühle ich mich, wenn es voll aufgeladen ist. Dann kann kommen, was will. Ich bin gewappnet und brauche keine Angst zu haben, dass es mich verlässt. Wenn das passiert, komme ich mir vor, als hätte ich keine Beine mehr. Es wird alles leer. In mir und um mich herum. Es zu verlieren, ist ein Alptraum. Erst wenn das verflixte Ding fehlt, wache ich langsam auf. Mir wird bewusst, dass es um mich herum Menschen gibt, ich sehe Dinge, die immer da waren und die ich nie bemerkte. Ich betrete eine neue Welt. Eine, die da ist und nicht eine imaginäre, verzerrte und verlogene Welt. Wie bei vielen anderen Sachen kommt es auch beim Smartphone, das uns zweifelsfrei viel Positives beschert, auf die richtige Dosis und den richtigen Umgang an. Ob das nun staatsweit geltende Verbot von Smartphones an Schulen das Problem an der Wurzel löst, wage ich zu bezweifeln. Ansetzen sollte man möglichst früh, bereits im Kindesalter und noch bevor es zum Wechsel von der realen in die imaginäre Welt kommt. Denn ist dieser Punkt überschritten, ist der Zug der Sucht leider schon viel zu oft abgefahren. 

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Josef Laner

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