Claudia Santer und P. Andreas Resch

„Man muss schon etwas spinnen, um normal zu sein“

Publiziert in 28 / 2006 - Erschienen am 22. November 2006
Wann immer es irgendwo auf der Welt Dinge gibt, die un­erklärlich sind, wird meist P. Andreas Resch um Hilfe gerufen. Der 72jährige Doktor der Theologie und der Psychologie ist ein gebürtiger Steinegger und einer der weltweit größten Experten für Grenzbereiche der Wissenschaften. P. Resch ist Professor für Paranormologie an der Päpstlichen ­Lateran Universität in Rom und Autor zahlreicher Bücher. Um das Fortleben nach dem Tod auf der Höhe des ­heutigen naturwissenschaftlichen, psychologischen und theologischen Wissens und um die Welt des Paranormalen ging es kürzlich auf Schloss Goldrain. P. Resch versuchte den zahlreichen, interessierten Zuhörern eines Abendvortrages Antworten auf diese zentrale Frage des menschlichen Lebens zu geben. Im Seminar „Die Welt des Paranormalen“ zeigte er in einer weltweit angelegten Darstellung paranormale Phänomene in den verschiedenen Kulturen und Religionen auf. „Der Vinschger“ hat im Anschluss an die Veranstaltungen mit Prof. P.Andreas Resch ein Gespräch geführt: „Der Vinschger“: Gibt es eine Seele oder ist der Mensch nur ein Produkt seiner Körperlichkeit? P. Andreas Resch: Rein von der Hirnphysiologie her kann sich die Dimension des menschlichen Bewusstseins nicht erklären. Es muss einen nichtmateriellen Teil, also eine Seele im Menschen geben, denn sonst gäbe es kein Fortleben und damit auch keine Freiheit. Es gäbe für den Menschen letztlich auch keine Verantwortung, weil sich sein Handeln auf seine körperlichen Funktionen reduzieren würde. „Der Vinschger“: Also gibt es ein Fortleben nach dem Tod? P. Andreas Resch: In den großen Weltreligionen wird das Fortleben insofern unterschiedlich gesehen, dass bei den östlichen Religionen die Wiedergeburt im Mittelpunkt steht, während im Judentum, Christentum und Islam der Glaube an den Fortbestand des Menschen in seiner Seele vom Diesseits ins Jenseits besteht. Ich persönlich vertrete hier die theologische begründete Ansicht, dass der Mensch in einem kontinuierlichen Bewusstsein in eine andere Seinsdimension übergeht. „Der Vinschger“: Sie gelten als einer der weltweit größten Experten auf dem Gebiet der Paranormologie. Wie viele paranormale Phänomene haben Sie persönlich erlebt? P. Andreas Resch: Wenn ich große Fälle nenne, sind dies recht wenige. Da wäre zum einen die unerklärliche Bewegung eines Glaszylinders, den niemand berührte. Dann erinnere ich mich an eine Ekstase, an einen Bewusstseinszustand, bei dem die Person völlig weg ist, d.h., sie ist voll bei Bewusstsein, sieht und spürt aber nach außen nichts und ist schmerzunempfindlich. Zudem hatte ich mehrere Erfolge bei Hypnose mit Rückführung in frühere Jahre, konkret bis zum Erlebnis, das eine Störung verursachte, um so den Knoten der Störung an der Wurzel aufzulösen. Und ich habe einen Spuk, den berühmten Fall von Rosenheim miterlebt. Eine Frau hatte psychokinetische Kräfte. Das ist Fernbeeinflussung durch psychische Kraft in einem besonderen Bewusstseinszustand. „Der Vinschger“: Sie haben als Leiter eines Untersuchungsteams die Seher von Medjugorje untersucht. P. Andreas Resch: Zwölf Ärzte und zwei Psychologen haben die sechs Seher in Hypnose versetzt, um festzustellen, ob es möglich ist, durch Suggestion hervorzurufen, was sie erlebt haben. Die Personen wurden mit modernsten Messtechniken der Medizin, mit Lügentests und psychophysiologisch untersucht. Das Ergebnis: die Seher hatten ein Erlebnis, das nicht aus ihrer Lebenserfahrung erklärt werden kann und somit auch nicht von ihnen erfunden wurde. Die Wissenschaft kann die Erscheinung der Mutter Gottes nicht beweisen, aber auch nicht verneinen. Sie kann aber sagen, dass die Seher nicht lügen. „Der Vinschger“: Wurden Sie eigentlich von anderen ­Theologen und Wissenschaftlern in Ihrer Arbeit immer ernst genommen? P. Andreas Resch: Zweifler gab es immer. Man sagte: „Beim Resch weiß man nicht, ob er spinnt, oder ob er so gescheit ist.“ In diesem Spannungsfeld bin ich geblieben. 1969 wurde ich aber nach Rom an die päpstliche Lateranuniversität gerufen, um als erster in der Geschichte der Kirche Vorlesungen über die Grenzgebiete der Wissenschaft zu halten. Die Kirche heute respektiert meine Arbeit. Im September hat mir Papst Benedikt in Manopello persönlich für meine Arbeit im Grenzgebiet der Wissenschaft gedankt. Man nennt mich oft den „Papst des Okkulten“. „Der Vinschger“: Sie nahmen an Untersuchungen von Sterbebettvisionen teil? P. Andreas Resch: Die größten Untersuchungen haben Freunde von mir in Amerika und in Indien gemacht. Den Sterbenden erscheint ein Wesen und sagt: „Ich bin da und ich hol dich ab“. Diese Menschen sterben in Ruhe und Heiterkeit. „Der Vinschger“: Sind diese Erscheinungen tatsächlich Botschaften von jenseits oder Einbildung? P. Andreas Resch: Beweise können wir nicht liefern. Personen, die solche Erlebnisse hatten, sind zum Großteil heiter und locker gestorben. Bei Nahtod-Erfahrungen geht es um Erfahrungen der Sterbenden, die plötzlich zum Bewusstsein kommen und von den bildhaften Visionen sprechen. „Der Vinschger“: Menschen versuchen oft in Sitzungen mit Verstorbenen in Verbindung zu treten. Was halten Sie davon? P. Andreas Resch: Diesen Techniken gegenüber bin ich sehr zurückhaltend. Beim Tischchenrücken beispielsweise wird ein Geist angerufen, allerdings mit der Gefahr, eine negative Botschaft zu bekommen. Diese Botschaften machen den Menschen oft schwer zu schaffen. „Der Vinschger“: Das Phänomen der Esoterik ist im Moment sehr stark. Was kann die Kirche tun, um Menschen wieder an sich zu binden? P. Andreas Resch: Die Menschen suchen in der Esoterik die persönliche Ewigkeit. Sie suchen Erlebnis und Geborgenheit. Die Kirche ist hier in einem Dilemma. Sie ist der Wahrheit verpflichtet, es läuft alles zu rational ab, da ja alles theologisch erklärbar sein muss. So wird oft ein Teil des Menschen vergessen, und zwar das Gefühl. Die Gefühle sind im Leben wichtiger als das Denken. Interview: Ingeborg Rechenmacher
Ingeborg Rainalter Rechenmacher

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