Stolz präsentierten einige Frauen ihre Engadiner Tracht mit ihrem typischen Nelken-Motiv.
Sr. Pia Willi mit ihrem Neffen Pascal Gregor und einigen Schwestern der Klostergemeinschaft.
Die berühmten „Willi-Karten“ mit Motiven aus dem Klosterleben.
Sr. Pia zeigt ihre kunstvollen Stickereien auf der Schürze der Engadiner Tracht.

Pia Willi. Kunst und Kloster

Kunst in Frauenklöstern – eine lange übersehene Tradition

Publiziert in 13 / 2025 - Erschienen am 15. Juli 2025

Müstair - Der Beitrag von Klosterfrauen zur Kunstgeschichte ist groß. Seit dem Mittelalter sind sie Expertinnen in der Buchmalerei, Textilkunst oder Dichtung. Dennoch wurden ihre Beiträge lange Zeit übersehen. Erst in den letzten Jahrzehnten hat sich das geändert. Das UNESCO-Welterbe Kloster St. Johann in Müstair widmet zu seinem 1250-jährigen Bestehen seiner ältesten Klosterfrau, Künstlerin, Textilgestalterin und ehemaligen Priorin Pia Willi eine umfassende Retrospektive. Die Ausstellung „Pia Willi. Kunst und Kloster“ wurde Ende Juni 2025 im Beisein der Klostergemeinschaft, Vertretern der Stiftung Pro Kloster St. Johann Müstair, Verwandten der Klosterfrau und vielen Interessierten eröffnet. Die Ausstellung bleibt bis zum 6. April 2026 zu den Öffnungszeiten des Klostermuseums zugänglich und bietet neue und überraschende Sichtweisen auf die spannungsreiche Beziehung zwischen Kunstschaffen und Klosterleben. In ihren wertschätzenden Grußworten berichtete Museumsdirektorin Romina Ebenhöch aus dem Leben der in Zürich als Johanna Willi geborenen Klosterfrau, die mit 18 Jahren die Kunstgewerbeschule in Zürich besuchte. Stiftungsratspräsident Walter Anderau warf einen ebenso respektvollen wie humorvollen Rückblick auf die Jahre von Schwester Pia in Müstair. Sie war es, die begann, gemeinsam mit der Stiftung Pro Kloster St. Johann die Lebensumstände für die Klostergemeinschaft im Kloster zu verbessern. Walter Anderau hob die Verdienste von Sr. Pia für das Kloster hervor und nannte sie „die personifizierte Botschafterin der Freundschaft zwischen Zürich und Müstair“.

Trachtenstickerei und „Willi-Karten“

Die 93-jährige Pia Willi stand zwischen 1986 und 2013 dem Konvent als Priorin vor. In dieser Umbruchsphase lenkte sie die Gemeinschaft mit Weitsicht und Feingefühl. Was weniger bekannt ist: durch ihre Ausbildung in Zürich und Frankreich arbeitete Sr. Pia auch nach ihrem Eintritt ins Kloster 1958 künstlerisch weiter. Neben Trachtenstickereien für Engadiner Trachten wurden besonders ihre Karten mit Motiven aus dem Klosterleben zu ihrem Markenzeichen. Ihr vielfältiges Repertoire umfasst über 150 Zeichnungen, Aquarelle und Grafiken, über 90 Stickentwürfe für Engadiner Trachten sowie über 45 Illustrationen mit Szenen aus dem Klosterleben. Über 800 Trachten sind nach den Entwürfen von Sr. Pia Willi entstanden. Sie hat damit wesentlich das Brauchtum im Engadin mitgeprägt.

Ingeborg Rainalter Rechenmacher

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