Von Kunst und Sport

Publiziert in 24 / 2004 - Erschienen am 16. Dezember 2004
Der Laaser Marmor ist weit herumgekommen: Wien, München, Berlin, London, New York, Washington – in jeder Weltstadt stehen Statuen und Prunkfassaden aus dem Lieblingsstein der Habsburger, den kein geringerer als Josef Lechner entdeckte, Benedikt Fundneiders Urgroßvater. "Der ´Marmor-Lechner` hat den ersten Betrieb mit 100 Leuten aufgebaut. Man kann also sagen, dass ich in diese Arbeit hineingeboren bin. Und ich liebe es, mit Marmor zu arbeiten", meint der junge Künstler. Nach der Marmorfachschule in Laas hat es ihn wie so viele in die Kunstschule nach St. Ulrich verschlagen, wo er sich derzeit mit Bildhauerei auseinandersetzt. Die dreidimensionale Arbeit fasziniert ihn sehr. Und doch will er in seinem künstlerischen Schaffen vielseitig bleiben: "Man kann so viel machen. Musik, Malerei, Bildhauerei, Photographie, Sport. Da möchte ich mich nicht einschränken". Seine Vielseitigkeit stellt der Proberaum im Keller unter Beweis, in dem sein Schlagzeug steht. Und die Dunkelkammer, an deren Wänden verschiedene Photoserien, zum Großteil Schwarz-Weiß-Arbeiten, hängen. Es sind vor allem Menschen und Landschaftsdetails. Während seines Zivildienstes im Altersheim Latsch hat Benedikt Fundneider eine Photoreihe von Senioren gemacht. Er erklärt mir, wie man durch verschiedene Belichtungsarten Alterserscheinungen auf einem menschlichen Gesicht manipulieren kann. Außerdem experimentiert er mit Schwarz-Weiß-Effekten und erzielt damit erstaunliche Ergebnisse. Ein Mund etwa, der ohne Lichteinfall von vorne wie ein tiefschwarzes Loch aussieht und nichts Menschliches mehr an sich hat. Benedikt möchte machen, was ihm entspricht. Mit Leuten, die zu viel trinken und rauchen und sonst nur zu Hause herumsitzen, weil das dem Image eines Künstlers entspricht, kann sich der Laaser, der seit einiger Zeit als Yoseikan Budo-Trainer in Brixen arbeitet, nicht identifizieren. Ihn begeistert das Vorbild des klassischen Altertums, in dem neben dem menschlichen Geist auch dessen Körper eine wesentliche Rolle spielte. "Ein Ideal, das nicht so leicht zu erreichen ist. Aber man kann daran arbeiten", meint er. "Sport und Kunst sind genaugenommen gar nicht so unterschiedlich, wie man oft denkt. Hat man etwa im Yoseikan Budo den 1. Dan (das, was beim Karate dem schwarzen Gürtel entspricht), dann bedeutet das ganz einfach, dass man die Technik beherrscht. Das Äquivalent in der Bildhauerei wäre, dass man einem Stück Marmor oder Holz die gewünschte Form verleihen kann. Alles, was darüber hinausgeht, ist dann Kunst. Im Sport genauso wie in der Bildhauerei. Alle führen bestimmte Bewegungen nach demselben Muster aus, und doch hat jeder seinen eigenen Stil. Der hat sehr viel mit Gefühlen zu tun." Und Gefühle sind ein wesentlicher Aspekt in der Arbeit des jungen Künstlers. Ein Werk ist für ihn dann gelungen, wenn der Schaffende seine Gefühle zum Ausdruck bringen konnte. Und wenn der Betrachter diese Gefühle auch als solche deuten kann. Schon in einem sehr frühen Werk ist die starke Verbindung Benedikt Fundneiders zur Lehre des Yoseikan Budo besonders stark zum Ausdruck gekommen: Eine schwangere Frau, die von einem Mann umarmt wird. Dabei steht die Frau für die fruchtbare Mutter Erde, der Mann für die Luft, die sie umgibt und das ungeborene Kind für das Wasser, Symbol für Hoffnung und Veränderung. Leben ist nur durch das Zusammenspiel dieser drei Elemente möglich, die sich im Emblem des Yoseikan Budo finden.
Nadja Thoma

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