Alpenschutz ist auch Schutz des Steinadlers
Publiziert in 4 / 2006 - Erschienen am 22. Februar 2006
Trafoi – Schon seit vielen Jahrhunderten hat der Steinadler die Fantasie der Menschen bewegt wie wohl nur der Löwe. Der Steinadler galt und gilt in vielen Teilen der Welt und bei den verschiedensten Völkern als Ausdruck der Kraft, Macht, Rasanz und Eleganz. Auch daher wird er in den Wappen nobler Familien und vieler Länder, darunter auch Südtirol, und Nationen abgebildet. So wurde der Adler in manchen Naturreligionen auch als Wächter des Himmels und der Erde angesehen.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts änderte sich allerdings das Bild des Steinadlers aus der Sicht des Menschen. Infolge der Besiedlung immer höherer Regionen und deren Fruchtbarmachung durch den Menschen erging es den Adlern ähnlich wie den Bären, sie wurden verdrängt. Auf ihrer Nahrungssuche gerieten diese Tiere dann unweigerlich in Konflikt mit dem Menschen, der Adler wurde vom Wappentier zum Feindbild abgestempelt. Die Verfolgung, Tötung, Vergiftung, der Fang und die Entnahme der Jungvögel aus den Horsten begannen, so genannte „Adlerkönige“ wurden als Helden verehrt. In der Schweiz wurden sogar Abschussprämien bezahlt. Damit stand der Adler zu Beginn des 20. Jahrhunderts vor der Ausrottung.
Rückkehr des Adlers
Nach 1920 begann ein langsames Umdenken und der Adler wurde abschnittsweise unter Schutz gestellt. Ein weiterer Schutz kam dem Adler durch nationale Gesetze und in jüngerer Zeit auch durch international verbindliche Abkommen zu gute. So haben etwa die EU–Vogelschutzrichtlinie oder das Washingtoner Artenschutzabkommen dafür gesorgt, dass heute wieder rund 1.500 Steinadlerpaare gute Lebensbedingungen in den Alpen vorfinden. In aufwändiger Kleinarbeit, abgewickelt und finanziert über das Interreg-IIIA-Projekt unter der Bezeichnung AQUILALP.NET wurden die Lebensbedingungen der Steinadler in den Ostalpen erforscht, die Bestände kartiert und das Nahrungsverhalten, die Vermehrung und die besonderen Fähigkeiten des Steinadlers minuziös aufgezeichnet. Im Nationalparkhaus „naturatrafoi“ in Trafoi wurden die Ergebnisse nun im Zuge eines Adler–Symposiums von den Vertretern des Nationalparks Hohe Tauern, des Nationalparks Stilfserjoch, des Nationalparks Dolomiti Bellunesi und der Naturparke Rieserferner-Ahrn und Fanes-Sennes-Prags vorgestellt und besprochen.
Beobachtete Adlerpaare 2005
In den Hohen Tauern, dem größten Nationalpark der Alpen und Mitteleuropas wurden auf einer Fläche von 1.800 Quadratkilometern im Jahre 2005 43 Brutpaare beobachtet. Im Südtiroler Anteil des Nationalparks Stilfserjoch waren es im Gebiet um Ortler und Cevedale und den Nebentälern bis hinunter in die Talsohle acht Paare, im Nationalpark Dolomiti Bellunesi ebenfalls acht, im Naturpark Rieserferner-Ahrn sechs und im Naturpark Fanes-Sennes-Prags wiederum acht Paare.
Steckbrief
Der älteste bekannte Steinadler im Freiland zählte 32 Jahre. Laut Auskunft der Experten werden Adler wahrscheinlich über 30 Jahre alt. Erwachsene Steinadler sind einfarbig dunkelbraun, Nacken und Oberkopf mehr oder weniger goldgelb. Weibchen sind deutlich größer als Männchen. Im Großen und Ganzen gehe es den Adlern heute in den Alpen gut, ist die Meinung der Forscher. Doch lauern auf die stattlichen, aber sehr scheuen und empfindlichen Vögel heute Gefahren ganz anderer Art durch den Menschen. Immer extremere Sportarten wie Klettern, Paragleiten und Tourengehen sowie Hubschrauberflüge und Freileitungen stören immer mehr das Ökosystem des Steinadlers oder werden ihm gar zum tödlichen Verhängnis wie etwa Freileitungen durch das Hochgebirge, obwohl die Sehkraft des Adlers mehr als dreimal so stark ist wie jene des Menschen.
Die beiden Ausstellungen in „naturatrafoi“ (Braunbär und Steinadler) sind bis 17. April von Dienstag bis Sonntag von 14 bis 18 Uhr, ab 16. Mai von Dienstag bis Freitag von 9 bis 12 und von 14 Uhr 30 bis 18 Uhr, Samstag und Sonntag sowie an Feiertagen von 14 Uhr 30 bis 18 Uhr zugänglich. Ein Besuch der Ausstellungen ist jedenfalls lehrreich und lohnenswert. Am Montag ist Ruhetag. Für Gruppen ist eine Anmeldung unter Telefon 0473 612031 erwünscht.
Erich Waldner