Ein echter Prämajurer geht nie unter!
Publiziert in 32 / 2009 - Erschienen am 16. September 2009
Prämajur – Er ist zwar 67 Jahre alt, doch wer in seine lebendigen Augen sieht, glaubt, einen jungen Spitzbub vor sich zu haben. Ein Spitzbub ist Josef Thöni vom Kastellatz-Hof in Prämajur immer geblieben. Wenn er von früher erzählt, werden die teils harten Zeiten von damals buchstäblich lebendig.
Dass nicht alle Kinder am Hof bleiben können, war auch für Josef Thöni klar. Den Hof übernahm sein älterer Bruder Heinrich (heute Ferienhotel Kastellatz). Die älteste Schwester Paula, vulgo Plasur-Paula, musste sich ebenfalls auf ihre eigenen Beine stellen wie die Geschwister Anna, Albin (Chef der Wassergeburten in Sterzing) und Lisl. Josef Thöni besuchte als 18-Jähriger ein Jahr lang die Landwirtschaftsschule Fürstenburg. Nachher arbeitete er zwei Jahre lang in der Sennerei Burgeis, bis ihn „Vater“ Staat zum Wehrdienst rief. Die Ausbildung absolvierte er auf Sardinien, den Rest des Dienstes in L’Aquila in den Abruzzen.
Im Mai 1964 kam er nach Hause und nach nur 10 Tagen war er Senner auf der Brugger-Alm in Burgeis. Der Zufall wollte es, dass er als damals jüngster und wohl auch „schneidigster“ Senner mit Hannelore Holzer aus Burgeis, seiner späterer Frau, Bekanntschaft machte. Hannelore war nicht eine „Einheimische“, sondern eine Tochter von Hedwig Fabi aus Burgeis und Sepp Holzer aus Kortsch, die 1939 (Optionszeit) nach Bayern ausgewandert waren. Sepp Holzer hatte im Zweiten Weltkrieg einen Fuß verloren. Er starb am 19. März 1999. Josefs Schwiegermutter ist am 8. Mai 2008 im Alter von 91 Jahren gestorben.
In den Jahren 1964 und 1965 arbeitete Josef Thöni auf der Brugger Alm im Vinschgau und im Winter in der Schweiz. „Es gab damals kaum Arbeit, Saison bedingt,“ erinnert er sich. Weil ein echter Prämajurer aber nie unterzukriegen ist „und auch nichts anbrennen lässt“, versuchte Josef sein Glück in der Heimat seiner Freundin Hannelore, nämlich in Garching im Landkreis Altötting. 5 Jahre lang arbeitete er im Frischmilchsektor beim Großbetrieb Bärenmarke Weiding. Zusätzlich dazu war er in Garching, wo derzeit rund 8.500 Menschen leben, in einer Schreinerei tätig. Als in Garching eine neue Schule gebaut wurde, bat ihn der damalige Bürgermeister, die Hausmeisterei an der Schule zu übernehmen. Josef nahm das Angebot an und blieb bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2004 Hausmeister. Auch Hannelore, die er 1966 geheiratet hatte, war dort tätig. 37 Jahre lang hatte Josef Thöni beruflich mit Jugendlichen zu tun. Zumal er für neue Tätigkeitsfelder stets offen war, übernahm er 1982 erstmals eine Busfahrt mit Schülern nach Frankreich. „Wenn ich schon nach Frankreich fahre, kann ich auch Busreisen nach Südtirol organisieren“, dachte sich der unternehmenslustige Prämajurer damals. Gedacht, getan: seit 1982 kommt Josef Thöni regelmäßig mit seinem Bus und im Durchschnitt mit mindestens 50 Gästen jährlich oder gar mehrmals im Jahr für längere Aufenthalte nach Südtirol, speziell in den Obervinschgau. Bei seiner ersten Fahrt waren 56 Gäste dabei. Logiert wurde bei Hans Punt in Burgeis. Später waren seine Gäste 14 Jahre lang im Hotel Panorama in Mals untergebracht, seit einiger Zeit hat Josef Thöni natürlich seinem Heimatort Prämajur und dem mittlerweile neu gebauten Ferienhotel Kastellatz (1740 Höhenmeter) den Vorzug gegeben.
Wenn Josef Thöni seine Gäste in die Berge führt, durch die Dörfer und auf die Almen, haben diese einen nicht alltäglichen Vorteil: sie werden von einem Mann des Ortes begleitet, der nicht nur viele Leute persönlich kennt, sondern die Gäste auch in die Kultur und in die Besonderheiten des Vinschgaus einführen kann, und das immer nach der Art eines echten Prämajurers. Einen Schuss „Prämajur“ hat Josef Thöni auch der Gemeinde Garching eingehaucht. Er ist dort seit vielen Jahren politisch aktiv und dies mit steigendem Erfolg: Bei den Kommunalwahlen 2008 bekam er als Listenführer der „Freien Wähler“ fast gleich viele Stimmen wie der Bürgermeisterkandidat der mächtigen CSU. Und dass viele Vinschger das Ehrenamt sozusagen in die Wiege gelegt bekommen, hat Josef Thöni ebenfalls eindrucksvoll bewiesen: 35 Jahre ehrenamtliche Tätigkeit beim Bayerischen Roten Kreuz.
Über Josef Thöni könnte man einen Roman schreiben. Wenn er von seinen zwei Heimaten erzählt („ich bin in Garching ebenso zu Hause wie in Prämajur“) sprudelt es nur so aus ihm heraus.
Eines steht fest: Mit seinen Busreisen hat der Prämajurer nicht nur dafür gesorgt, den Vinschgau bei vielen Personen als einzigartige Ferienregion bekannt und beliebt zu machen, sondern er hat auch eine nicht zu unterschätzende Wertschöpfung in der Tourismusbranche angestoßen.
Hannelore und Josef Töni haben übrigens 4 Töchter und 9 Enkelkinder. 3 der 4 Töchter sind Krankenschwestern.
Josef Laner