Ein Herz für Fassaden
Publiziert in 43 / 2011 - Erschienen am 30. November 2011
Latsch – Es ging weder um Ensembleschutz, noch um Dorfbildgestaltung, dennoch beherrschten diese Themen die Gemeinderatssitzung am 18. November.
Bei Punkt 5 der Tagesordnung mussten die überarbeiteten Durchführungsbestimmungen zum Gemeindebauleitplan genehmigt werden. Dazu wurde die Einteilung des historischen Ortskerns oder der Wohnbauzone A in 12 Blöcken festgelegt und die entsprechende Baudichte zugewiesen. Die Freiheitlichen Räte, Thomas Pichler und André Pirhofer, enthielten sich der Stimme. Konkreter wurde es dann beim nächsten Punkt. Bürgermeister Karl Weiss, persönlich zuständig für die Urbanistik in Latsch, führte mit Genugtuung an, dass bei der „wesentlichen Abänderung des Durchführungsplanes“ im Sanierungsbereich Block V. der Bauherr von der Baukommission überzeugt worden sei, das alte Wohnhaus nicht abzureißen. „Damit wäre in einem Straßenzug eine Lücke aufgerissen worden“, argumentierte Karl Weiss. Nicht erwähnt wurde die geschichtliche Bedeutung des Hauses. Der einstige „Mitterhof“ wurde um 1803 auch „Marteller Gasthaus“ genannt. Die „Wirthsgerechtigkeit“, die Lizenz, ging später auf den heutigen Roten Adler am Kirchplatz über. Der Mitterhof ist in Besitz von VI.P-Direktor Sepp Wielander, Sohn von Heinrich Wielander, des ersten gewählten Latscher Bürgermeisters nach dem Krieg und Ehrenbürger.
Nach dem „Fassaden-Erhalt“ in der Hofgasse kam die „Fassaden-Schaffung“ in der Bahnhofstraße. Gedacht war ein Grundtausch zwischen Gemeinde und Grundbesitzerin. „Eine derartige Vertragsurbanistik hat es in Latsch noch nie gegeben“, teilte Bürgermeister Weiss seinem Rat mit und berichtete vom Übereinkommen mit der Besitzerin, Marina Pirhofer in Naturns. Für Ausbau und Erweiterung der Kubatur werde die Gemeinde mit 275 Quadratmetern im Süden des CulturForums, dem „Hennepark“, und einer Geldsumme entschädigt. Objekt des Vertrages sei das „Kino Eden“ in der Bahnhofstraße, das mit dem Aufkommen des Farbfernsehens 1972 geschlossen wurde und seither nur mehr als Plakatierungswand dient. Mit der Erweiterung und der Verbauung einer südlich sich anschließenden, freien Fläche würde es zu einem Zusammenschluss mit dem bestehenden Wohn- und Bürogebäude kommen. Karl Weiss sprach von einer Aufwertung und von einem neuen Gesicht für die Bahnhofstraße. Alles andere als eine Aufwertung sah Freiheitlichen-Sprecher Sepp Kofler in der Zweckbestimmung als Unterkunft für Hotelpersonal. Er sprach von einer „Absteige“. Er und Parteigenosse Thomas Pichler enthielten sich der Stimme. Sogar den Punkt „Allfälliges“ prägte im Gemeinderat die Denkmalpflege; die Prägung war lautstark und emotional. Thomas Pichler erwähnte die geringen finanziellen Mittel für Kulturdenkmäler und stellte Vergleiche an mit reichlich fließenden Geldströmen in Richtung Sportanlagen.
Günther Schöpf