Eigenwillig, charmant, menschlich: Hermann Brand

„Gebildeter, hochgewachsener Kuriosus“

Publiziert in 15 / 2008 - Erschienen am 23. April 2008
Burgeis - Mit einem Festabend für alle und einer 60-köpfigen Beilngrieser Bürgerschaft feierte Burgeis die Begründung der Partnerschaft zur ihrer nun offiziellen Partnerstadt im Altmühltal. Sie währt schon länger, jetzt ist sie besiegelt: die Burgeiser Partnerschaft zur 9.000 Einwohner starken Partnerstadt Beilngries im Altmühltal. Der offizielle Festakt, festliches Essen mit Schweinefilet im Kräutermantel, Musikeinlagen von der Singgemeinschaft und dem Beilngrieser Dreigesang, vermochten nicht lange darüber hinwegzutäuschen, dass es sich bei dieser Begründung um keine gewöhnliche Feier handelte. Wer den Beilngrieser Hermann Brand, der sich in Burgeis und Umgebung schon seit 1961 bestens auskennt, nicht kennt, hat nur mit offenem Mund und großen Augen die Veranstaltung verfolgen können. Er hat den Kontakt mit Burgeis nie abreißen lassen. Der Beilngrieser Volkswirt, so Eduard Platzer von der Singgemeinschaft, kam 28-jährig nach Burgeis: „Da kam ein hochgewachsener, gebildeter, charmanter Kuriosus mit blonden Locken zu uns, um seine Dokorarbeit zu schreiben“. Nur: er schrieb sie nie. Brand sollte Landparzellen vermessen, Flurstücke erfassen, doch „oft begann ich schon morgens um acht Uhr, Karten zu spielen“, erzählt Brand. Er war sehr beschäftigt – musste mehr „Arbeit“ in Gasthäusern verrichten, als in die Doktorarbeit zu investieren. Nach drei Jahren Freizeit in Burgeis holte ihn sein Vater persönlich ab. Das Diplom in Volkswirtschaft machte Brand noch, nicht aber die Doktorarbeit. Er lernte sein Frau, die aus Rodeneck stammt, in Innsbruck kennen: „Meine Schwester arbeitete in der Uni-Verwaltung, darüber hatte ich ihn kennengelernt“, so Hildegard Brand. „Anfangs hat er mir überhaupt nicht gefallen, er hatte immer so komische Knickerbocker an.“ Die gebürtige Südtirolerin ist mit ihrem Mann einer Meinung: „Die Burgeiser sind etwas ganz Besonderes“. Für Fraktions-Vorsitzenden Florian Punt und den Beilngrieser Bürgermeister Franz Xaver Uhl ist die Partnerschaft auch eine Möglichkeit, die Jugend einzubinden. „Städtepartnerschaften“, so Uhl, der nur bis 30. April Bürgermeister ist, „sind keineswegs Angelegenheiten nur der Politiker, sondern sie leben vor allem von den Menschen, die diese auch leben.“ Während es Hermann Brand während des feierlichen Umzuges der Musikkapelle irgendwann kalt wurde, zog er sich in sein „fünf Grad kaltes Auto“ zurück und schrieb, „jeweils einen Satz auf ein Blattl“, kommentierte er rauchend. „Der Punt hat mir gesagt, ich solle auch etwas vorne sagen. Dabei hatte ich mich vor vielen Jahren auf einer politischen Veranstaltung schon einmal unsterblich blamiert“. Von Freitag bis Samstag habe er durchgetrunken und sei dann sturzbesoffen am Rednerpult gelandet. Wer ihn herunterholte, was er sagte, das wisse er heute nicht mehr. Aber er habe eine Kassette als Dokumentation erhalten, darauf habe er „Danger“ geschrieben und sie nie wieder angehört. Brand selbst brauche die Besiegelung nicht, aber für die Nachkommenschaft sei es wichtig. Die Burgeiser haben ihn Freundlichkeit gelehrt, die er selbst dann überall hingetragen habe: In die Familie, das Unternehmen, Freunde und Bekannte: „Ich war immer Empfänger von Gastfreundschaft, Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft in Burgeis. Ich habe hier sehr viel gelernt.“ Eine solche Partnerschaft bedeute Chance, Aufgabe, Verantwortung und Arbeit, die mit Freude angegangen werden solle. Und er wünsche sich, so der Beilngrieser Burgeiser, dass man sich alle drei bis vier Jahre treffen könne, um zu sehen, wo man stehe. Brand hat nach seinem ersten Abschied von Burgeis später die Familie mitgebracht, den Kontakt nie abreißen lassen und manchmal finanziell den Burgeisern geholfen, wo er konnte. Im letzten Jahr lud er die Singgemeinschaft nach Beilngries ein, auf seine Kosten. Auch Johann Strobl, seit 60 Jahren bei der Musikkapelle Burgeis, war dabei, und erinnert sich an die ersten Kontakte. Schon 1962 reiste die Betriebsfußballmannschaft der Firma Gebrüder Brand nach Burgeis, um dort gegen den SV Burgeis zu spielen. Das Dankeschön der Burgeiser war ein Zirbenbaum an die Beilngrieser Einwohner. Für Brand war das Glück groß, dass er ebenfalls einen geschenkt bekam: „Ich wollte schon den der Gemeinde in Pflege nehmen, das muss ich jetzt ja nicht mehr. Ein schöneres Geschenk hättet ihr mir nicht machen können.“
Katharina Hohenstein

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