Mit großer Spannung warten die Schulkinder darauf, bis die Wolle die Zupfmaschine bzw. die Kardiermaschine verlässt.

Gemeinsame Erlebniswoche für Schulkinder beider Sprachgruppen

Publiziert in 39 / 2007 - Erschienen am 7. November 2007
Langtaufers – Europa ist ein Haus mit vielen Kulturen und Sprachen. „Um das gegenseitige Verstehen zu fördern und Barrieren und Vorurteile abzubauen, muss schon auf der Ebene der Schulen, also bei den jungen Europäern, etwas unternommen werden.“ Davon ist Bärbel Bebensee aus Bayern, die Koordinatorin des EU-Projektes „FOPES“ (Comenius 2) überzeugt. „FOPES“ steht für Fortbildung von pädagogischem Personal für Europäische Schüler­begegnungen“. Das Projekt hat 2003 begonnen und läuft im heurigen Jahr aus. Projekt-Partner sind Südtirol mit der Erlebnisschule Langtaufers, Österreich, die Türkei, Tschechien, Polen, Slowenien und Rumänien. Die Gesamtkoordination obliegt der Bayerischen Akademie für Schullandheimpädagogik. Ein Schullandheim ist in etwa mit einer Erlebnisschule gleich­zusetzen, wie es sie in Langtaufers gibt. An der dortigen Erlebnisschule hat vom 22. bis zum 26. Oktober ein „FOPES“-Lehrgang mit zwei Schulklassen stattgefunden, und zwar mit der Klasse 2B der Mittelschule Schenna (19 Schulkinder) und mit der Klasse 1B der italienischen Mittelschule Segantini in Meran (17 Schulkinder, wobei 7 davon Kinder mit Migrationshintergrund sind). Die acht Lehrer aus Südtirol, Bayern und Frankreich haben die Begegnungen zwischen den deutsch- und italienischsprachigen Kindern bzw. Jugendlichen genau beobachtet. „Die Lehrer sehen, wie solche interkulturelle Begegnungen stattfinden, sie werden auf Probleme aufmerksam und können wertvolle Erfahrungen sammeln, die ihnen später bei der Organisation und Durch­führung von Schulland­heimbegegnungen nützlich sein können. Anhand solcher Begegnungen können sich die Lehrer gut qualifi­zieren“, so Bärbel Bebensee. Die Kinder wiederum haben Gelegenheit, über ihren Horizont hinaus­zuwachsen, andere Sprachen und Kulturen kennen zu lernen, Vorurteile abzubauen, Freundschaften zu schließen und vor allem viel zu erleben. „Was ich persönlich erlebe, ist hundert Mal mehr wert als das, was ich in einem Buch lese,“ so Bebensee. Ziel des Modellprojekts sei die Entwicklung und Erprobung von Modellen für die Fortbildung von Lehrkräften und anderem pädagogischem Personal für Europäische ­Schülerbegegnungen. Er­fahrungen hätten gezeigt, dass durch das intensive Zusammenleben und teamorientierte Lernen in Unterrichtsprojekten interkulturelles Bewusstsein nachhaltiger entwickelt wird als bei einem Austausch. Die zwei Mittelschulklassen waren während der Woche fast immer gemischt. Den Großteil der Bausteine, wie etwa Brot backen, Wolle verarbeiten oder Butter herstellen gingen sie gemeinsam an. Auf diese Weise kam es oft vor, dass deutsche Mittelschüler ganz spontan und ungezwungen mit italienischen Mittelschülern sprachen und umgekehrt. „Gegenseitige ­Berührungsängste haben wir eigentlich keine festgestellt“, stimmten die Lehrer Silvia Wieser und Rudolf Nieder­bacher aus Schenna überein. In Schenna haben die Schulkinder kaum Möglichkeiten, im Alltag Italienisch zu sprechen, „hier entdecken sie nun, wie wichtig es ist, die zweite Landessprache zu beherrschen.“ Die Be­gegnungen haben auch gezeigt, dass Kinder weniger Vorbehalte einer anderen Sprache gegenüber haben als Erwachsene. Rudolf Niederbacher war schon das 9. Mal mit Schulkindern in Langtaufers. Die Kinder seien von den Angeboten, mit denen die Erlebnisschule unter der Leitung von Wolfgang Thöni aufwartet, stets begeistert gewesen: „Wir verhängen hier immer ein Handy-, Internet- und Computerspiel-Verbot, damit die Kinder auch verzichten ­lernen. Es dauert nur sehr­ ­kurze Zeit, bis die Kinder Handy und Internet vergessen haben.“ Besonders lebhaft ging es in der Erlebnisschule am Abend des 23. Oktober her. Es stand der Baustein „Tolle Wolle“ auf dem Programm. Maria und Erwin führten vor, wie man mit der Zupf- und der Kardier­maschine Wolle verarbeitet und wie ­Fliese entstehen. Auch bei diesem Abend waren die Schulkinder gemischt.
Josef Laner

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