Ist sie nun „out“ oder „in“?
Publiziert in 34 / 2007 - Erschienen am 3. Oktober 2007
Ulli Mair, Landtagsabgeordnete der Freiheitlichen, ist eine Alkoholikerin. Nach einem 8-wöchigen Aufenthalt in einer Klinik in Deutschland ist sie seit 6 Monaten trocken.„Ich werde den Rest meines Lebens keinen Tropfen Alkohol mehr anrühren“, sagte sie einem großen, exklusiven „Outing“-Interview in der Wochenend-Ausgabe der „Neuen Südtiroler Tageszeitung“. Dieses Interview gibt zu denken. In mehrerlei Hinsicht. Die Tatsache, dass Ulli Mair über ihr Alkoholproblem öffentlich spricht, ist gut. Dass sie ein solches Problem hat, wissen nicht nur „Insider“ schon längst. Mit ihrem „Outing“ hat Ulli Mair wohl auch versucht, dieses heikle Kapitel möglichst in Eigenregie zu steuern, denn früher oder später wäre es ohnehin ans Licht der Öffentlichkeit gekommen, die Frage ist nur wie und wann. Im nächsten Jahr sind ja Landtagswahlen.
Aber trotzdem: Ulli Mair hat in jedem Fall gut daran getan, den Leuten zu sagen, dass sie ein Alkoholproblem hat. Noch besser war natürlich, dass sie sich entschieden hatte, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ein zweiter positiver Punkt ihres „Outings“ ist sicher der, dass das Thema Alkholmissbrauch nun auch in einer etwas anderen, wenn auch nicht neuen, Dimension zu betrachten sein wird: Nicht nur ganz „normale“ Menschen und Jugendliche haben in Südtirol Alkoholprobleme, sondern auch „wichtige“ Personen, wie zum Beispiel Politiker, die schon per Definition Vorbild sein sollten. Und Ulli Mair ist sicher nicht die einzige. In Rom haben sich im Sommer viele Parlamentarier einem Drogentest unterzogen, wie wär’s mit „politischen Alko-Tests“ in Südtirol?
Die Beweggründe und Ursachen, mit denen Ulli Mair ihr früheres Trinkverhalten zu begründen versucht, überzeugen nicht. Es hätten ja immer alle getrunken, sie hätte immer „funktionieren“ müssen, der Druck, stets in der Öffentlichkeit zu stehen, sei sehr groß gewesen. Das mag alles sein, aber funktionieren müssen wir alle. Es ist aber ein Unterschied, ob man am Tag danach die Maurerkelle in die Hand nehmen oder im Landtag Politik machen muss. Dass sie sich bei ihren Aussagen zum Thema Einwanderung oft im Ton vergriffen hat, gibt Ulli Mair selbst zu. Das soll sie jetzt aber bitte dem Neger sagen, der am Straßenrand die Wehrsteine putzt, das soll sie dem Moslem sagen, der hier arbeitet, hier Steuern zahlt und auch das Recht haben will, hier zu beten.
Die Einsicht, „dass Politiker Menschen sind und dass Politiker auch Probleme haben“ kommt zu spät. Bestimmte Phrasen und Aussagen, die Ulli Mair in den letzten Jahren speziell zum Thema Einwanderung vom Stapel gelassen hat, sind unverzeihlich. Ein Carabiniere ist 24 Stunden Carabiniere, ein Schütze ist 24 Stunden Schütze und ein Sportler ist 24 Stunden Sportler. Umso mehr muss das für Politiker gelten. Sie tragen Verantwortung für das Allgemeinwohl. Es ist die Allgemeinheit, die sie bezahlt. Hat ein Politiker ein Alkoholproblem, hat auch die Allgemeinheit ein Problem. Für mich ist der Fall klar: Ulli Mair ist politisch „out“!
Sepp Laner
Josef Laner