Projektgebiet (Fotomontage); Quelle: GKI

Kraftwerkspläne bereiten Sorgen

Publiziert in 24 / 2007 - Erschienen am 27. Juni 2007
Pfunds – Nicht nur diesseits der Grenze, sondern auch gleich hinter dem Reschen ist die ­Nutzung der Wasserkraft ein brandaktuelles Thema. Wie sehr den Menschen das Thema unter den Nägeln brennt, zeigte sich am 19. Juni auf einer Gemeinde­versammlung in Pfunds. Die Gemeinde Pfunds gehört zusammen mit den Gemeinden Prutz, Fendels, Serfaus, Ried, Tösens und Nauders sowie der Gemeinde Tschlin in der Schweiz zum Projektgebiet des Gemeinschaftskraftwerks Inn, kurz GKI. Erste Pläne, den Inn in der Schweiz zu stauen, einen Druckstollen durch das obere Inntal zu bauen und im Bereich Prutz/Ried ein Krafthaus zu errichten, sind bereits nach dem Zweiten Weltkrieg aufgetaucht. In den 80er Jahren wurde laut dem Pfundser Bürgermeister Gerhard Witting versucht, das Großprojekt von oben herab durchzusetzen, was allerdings nicht geklappt hat. Am 19. Juni informierten hochrangige Vertreter der ­Österreichischen Elektrizitätswirtschafts-AG (Verbund), der TIWAG (Tiroler Wasserkraft AG) und der GKI über den derzeitigen Stand der Planung. Der Verbund ist mit 40 Prozent am Projekt beteiligt, die TIWAG mit 36 und die Engadiner Kraftwerke AG (EKW) mit 14 Prozent. Über die Dimensionen des geplanten Kraftwerks geben schon ein paar wenige Eckdaten Auskunft: Turbinenleistung: 88.000 Kilowatt; Regelarbeitsvermögen: 417 Millionen Kilowattstunden pro Jahr; Wehr: 15 Meter Höhe; Druckstollen: 22,6 Kilometer Länge; Gesamtinvestition: 290 Millionen Euro. Mit der erhofften Stromerzeugung könnten theoretisch 90.000 Haushalte versorgt werden. Der Stauraum (Wehr Ovella) liegt teils im Gemeindegebiet von Nauders und teils in jenem von Tschlin. Die Wehranlage soll 500.000 Kubikmeter fassen und sich auf rund drei Kilometer erstrecken. Der Stollen soll unterirdisch verlegt werden. Wie die GKI-Vertreter in Pfunds erklärten, ist nach zweieinhalbjähriger intensiver Projektentwicklung, technischer Planung und umfassender Umweltan­alyse die Umweltverträglichkeitserklärung für das grenzüberschreitende Kraftwerksprojekt zur Genehmigung eingereicht worden, und zwar in Österreich ebenso wie in der Schweiz. Alle Umweltgutachter der GKI seien zum Ergebnis gekommen, dass das Projekt umweltverträglich sei. Es sei darauf geachtet worden, negative Auswirkungen auf die Umwelt und den Menschen während und nach der Bauzeit möglichst zu vermeiden bzw. mit geeigneten Maßnahmen auszugleichen. Im Anschluss an die Einreichung beginnt nun die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Im Bereich Maria Stein in Pfunds ist ein Fensterstollen als Ausgangspunkt für den Stollenbau vorgesehen. Wie die Referenten in Pfunds erklärten, ist im UVP-Verfahren das Mitspracherecht der Bürger gesetzlich verankert und werde natürlich auch voll gewahrt. „Dieses Projekt wird uns noch lange beschäftigen“, sagte Gerhard Witting. Er ist der Meinung, dass zunächst alle ökologischen Fragen bis ins Detail zu klären sind. In einem weiteren Schritt sollte auch über event­uelle finanzielle Entschädigungen zugunsten der betroffenen Gemeinden diskutiert werden. Die Gemeinde Pfunds werde das Thema in aller Transparenz und Offenheit den Bürgern gegenüber behandeln. Eine klare Absage erteilte dem Projekt unter anderem Hubert Patsch, Begründer der Initiative „Dem Inn eine Stimme!“. Die meisten Bürger seien mit dem Kraftwerksbau nicht einverstanden. „Die großen Gewinne werden hier die Stromkonzerne machen, wir als Region werden die Verlierer sein.“ Patsch erinnerte auch daran, „dass wir es hier mit dem größten Bauvorhaben zu tun haben, das es im Oberen Gericht je gegeben hat.“ Er berief sich auch auf die steigende Wasserknappheit, den Klimawandel, auf die ohnehin starke Nutzung des Inn (insgesamt 24 Staustufen) und auf mögliche negative Auswirkungen auf die Landwirtschaft und den Tourismus. Auch weitere Bürger äußerten sich skeptisch. Man darf gespannt sein, wie sich die Kraftwerkspläne weiter entwickeln.
Josef Laner

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