Am 30. April veranstaltete die RAI-Journalistin Gunda Regensburger ein „Mittagsmagazin mobil“ aus dem Laaser Rathaus mit (von links) dem Laaser Bürgermeister Andreas Tappeiner, dem Betriebsratsvorsitzenden der Südtiroler HOPPE-Werke, Adalbert Tschenett, dem ASGB-Metall-Landessekretär Serafin Pramsohler und dem Verantwortlichen für Finanzen der HOPPE-Gruppe, Norbert Mayr.

„Schickt mich weg und lasst Jüngere hier“

Publiziert in 17 / 2009 - Erschienen am 6. Mai 2009
Laas/Schluderns – Seit dem 28. April steht es offiziell fest. Die Firma HOPPE (Beschlagsysteme für Fenster und ­Türen) muss sich in seinen drei ­Werken in Südtirol von knapp 130 Mitarbeitern trennen. Im Werk in Laas wird es voraussichtlich 35 Mitarbeiter treffen, in Schluderns 36 und in St. Martin in Passeier 57. Wie bereits im letzten „Vinschger“ berichtet, musste bzw. muss die HOPPE-Gruppe infolge des nahe­zu weltweiten Einbruchs der Baukonjunktur drastische Umsatzeinbußen hinnehmen. „Unsicherheit unter den Mitarbeitern rasch ­ausräumen“ Über die geplanten Ent­lassungen wurden die Mitarbeiter aller drei Südtiroler HOPPE-Werke am 28. April auf Betriebsversammlungen informiert. Am 30. April fand sich im Werk in Laas ein eigens eingesetztes Verhandlungsteam zu einem ersten Treffen ein, um die Kriterien für den Stellenabbau zu erörtern. „HOPPE ist bemüht, die Verhandlungen möglichst schnell abzuschließen, um die Unsicherheiten, die es derzeit unter den Mitarbeitern noch gibt, auszu­räumen,“ sagte Norbert Mayr, der in der HOPPE-Gruppe für die Finanzen zuständig ist. Neben Mayr gehören dem Verhandlungsteam vier ASGB-Vertreter an (Adalbert Tschenett für das Werk Schluderns, seines ­Zeichens auch Vorsitzender aller drei Südtiroler Betriebsräte, Stefan Spechtenhauser für das Werk Laas, Isidor Raffl für das Werk St. Martin und der Angestellten-Vertreter Oswald Angerer) sowie die SGB/CISL-Vertreterin Roswitha Haller. Dem Team obliegt es, eine interne Liste jener Mitarbeiter zu erstellen, die vom Stellenabbau betroffen sein werden. Wie Adalbert Tschenett ankündigte, dürften die betroffenen Mitarbeiter gegen Ende der jetzt laufenden Woche benachrichtigt werden. „Wir werden bei der Auswahl vor allem nach sozialverträglichen Kriterien vorgehen, nach Kompetenz und nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit,“ sagte Norbert Mayr am 30. April. An der Tatsache, dass ca. 130 Mitarbeiter entlassen werden müssen, sei nicht mehr zu rütteln: „Die HOPPE-­Gruppe musste in Nord­amerika einen Umsatz-Einbruch von 50 Prozent hinnehmen, in europäischen Ländern Einbrüche zwischen 20 und 50 Prozent.“ Hand in Hand mit der Wirtschaftkrise sei das Vertrauen in die Zukunft insgesamt geschwächt worden. „Trotz allem haben wir unseren Berechnungen einen bestimmten ­Optimismus zugrunde gelegt. Der Abbau von rund 130 Stellen ist die Mindestzahl, bei der wir ansetzen mussten und die notwendig ist.“ Was die so genannten Schließtage betrifft, so werden diese laut Mayr von derzeit 5 bis 6 Tagen im Monat ab dem Beginn der zweiten Jahreshälfte 2009 auf 2 Tage im Monat reduziert. Auf die Frage, ob es in Zukunft weitere Entlassungen geben wird, meinte Mayr: „Eine absolute Sicherheit gibt es nicht. Versprechen kann ich nichts.“ Sind Auflassungen von ­HOPPE-Werken auszuschließen? Mayr: „Die HOPPE-Gruppe wird in absehbarer Zeit keinen Standort auflassen, auch nicht in Südtirol.“ Rund 40 gehen vorzeitig in Rente Bei einem Teil jener Mitarbeiter, die entlassen werden, handelt es sich um angehende Rentner. Es sind dies laut Mayr rund 40. Einige davon hätten sich auch mit den Worten gemeldet: „Schickt lieber mich weg und lasst Jüngere weiterarbeiten.“ Als ungerecht nannte Mayr die IRAP-Steuer: „Allein von 2004 bis 2008 hat HOPPE 5,89 Millionen Euro an IRAP bezahlt.“ Vom Land habe HOPPE im selben Zeitraum Förderbeiträge in Höhe von insgesamt 547.000 Euro für Forschung und Entwicklung, für die Einstellung von Menschen mit Behinderungen und für weitere Zwecke bekommen. Adalbert Tschenett und der ASGB-Metall-Landessekretär Serafin Pramsohler stimmten darin überein, dass ein Stellen­ abbau bei HOPPE zwar ab­sehbar war, doch das Ausmaß sei dann doch größer ausgefallen als erwartet. „Der ASGB hat die Arbeitsplätze der ­HOPPE AG, die sich in der Peripherie Südtirols befinden, immer als sehr wertvoll angesehen,“ so Pramsohler. Das Land müsste sich laut Tschenett in erster Linie um den Erhalt der Arbeitsplätze in der Peripherie kümmern, besonders im strukturschwachen Vinschgau und auch im Passeiertal, „wenngleich es nicht leicht und wohl auch nicht sehr sinnvoll ist, ‚nur’ mit der Ausschüttung von Geld Arbeitsplätze zu sichern. Wir müssen leider feststellen, dass uns die Krise immer mehr und härter auf den Boden der Realität zurückholt.“ „Zurück auf den Boden der Realität“ Nach dem Stellabbau wird sich die Gesamtzahl der HOPPE-Mitarbeiter in den Werken in Laas und Schluderns noch auf rund 560 belaufen. Laut dem Laaser Bürgermeister Andreas Tappeiner nimmt die HOPPE somit nach wie vor einen sehr bedeutenden Stellenwert im wirtschaftlichen und sozialen Gefüge in den Gemeinden Laas und Schluderns bzw. im gesamten Obervinschgau ein. „Für die betroffenen Mitarbeiter und deren Familien sind die Entlassungen sehr schmerzlich.“ Er und auch sein Schludernser Amtskollege Erwin Wegmann seien bemüht, als Gemeindeverwalter eine Vermittlerrolle zu übernehmen. Was Laas betrifft, so kann sich Tappeiner vorstellen, dass ein Teil der Entlassenen von der Landwirtschaft aufgefangen werden kann „und vielleicht eröffnen sich dank neuer Investoren auch bei der Lasa Marmor AG neue Möglichkeiten.“ Mit der Berufsfachschule für Steinbearbeitung Laas seien bereits Gespräche für die Abhaltung von besonderen Kursen angelaufen. Einen kleinen Trost sieht Tappeiner darin, „dass die Mitarbeiter, die entlassen werden, nicht von heute auf morgen ohne nichts dastehen, sondern dass sie 1, 2 oder 3 Jahre begleitet und unterstützt werden.“ „Eine mittlere Katastrophe“ Bürgermeister Erwin Wegmann wertet die Entlassungen im Werk Schluderns als ­„mittlere Katastrophe“ und harten Rückschlag für die Arbeitsmarktlage im Raum Schluderns, Mals, Graun, Taufers und auch darüber hinaus, „denn es gibt auch Personen aus Schlanders und anderen Gemeinden im Untervinschgau, die bei HOPPE in Schluderns arbeiten.“ Das Potential, dass Entlassene in Schluderns bzw. im Raum Obervinschgau neue Arbeitsmöglichkeiten finden, sei äußerst gering: „Im Tourismus ‚krebsen’ wir nach wie vor hinterher, der Bereich Obstbau und Sonderkulturen ist erst im Aufbau und andere größere Betriebe, die im Handwerk und anderen Sektoren tätig sind, müssen selbst schauen, dass sie die Arbeitsstellen halten können.“ Neue Betriebsansiedelungen halten sich trotz der Bemühungen der Gemeinden in Grenzen. ­Wegmann wörtlich: „Wir haben in Schluderns Gewerbeflächen von 2 Hektar ausgewiesen, doch der Bedarf ist in nur zwei Jahren auf 2.000 Quadratmeter geschrumpft.“ Auch jenseits der Grenzen seien die Arbeitsmöglichkeiten sehr begrenzt, in der Schweiz noch mehr als in Österreich: „In der Schweiz ist die wirtschaftliche Lage bei weitem nicht mehr so wie sie einmal war.“ Zu bisher keinen konkreten Ergebnissen geführt haben auch Wegmanns Bemühungen, über die Business Location Süd­tirol (BLS) Neuansiedlungen in Schluderns in Gang zu bringen, etwa im Bereich Forschung und Entwicklung oder im Sektor der alternativen Energie. Auch die Ansiedlung einer Außenstelle der EURAC oder einer Universität könnte sich Wegmann vorstellen. „HOPPE-Führung soll über neue Entwicklungen schnell informieren“ Was die HOPPE betrifft, so wolle er deren Stellenwert in keiner Weise schmälern, „doch im Nachhinein betrachtet halte ich es für einen Fehler, dass man damals die Hoffnungen auf einen einzigen Betrieb gesetzt hat.“ Was die Zukunft angeht, „so soll die HOPPE-Führung im Falle weiterer Kündigungen oder gar einer Auflassung eines der Werke die Mitarbeiter umgehend und in aller Transparenz informieren, damit sie zumindest etwas Zeit haben, sich nach Alternativen umzusehen.“ Sollte sich das Szenario der Schießung eines der HOPPE-Werke bewahrheiten, „was ich natürlich nicht hoffe, dann sollte von ‚unten nach oben’ geschlossen werden, denn es ist ein Unterschied, ob ein ­Passeirer oder zum Beispiel ein Langtauferer zum Arbeiten nach Meran oder Bozen pendeln muss.“ Im Hinblick auf die Zukunft heißt es in der Pressemitteilung, die HOPPE am 28. April versandte, wörtlich: „HOPPE bedauert es, diesen Schritt tun zu müssen, erhöht damit aber die Überlebensfähigkeit des Unternehmens und die Arbeitsplatz-Sicherheit für die verbleibenden Mitarbeiter.“ Für den 19. Mai hat Landesrätin Barbara Repetto übrigens ein Treffen in Meran mit Vertretern der HOPPE sowie der Gewerkschaften einberufen, bei dem es vor allem um jene Mitarbeiter gehen soll, die in die Mobilitätslisten eingetragen werden. Eingeladen sind auch Vertreter der Landesabteilung Arbeit sowie die Bürgermeister der drei betroffenen Gemeinden. Laut Repetto „müssen wir möglichst jetzt schon Maßnahmen zur Umschulung und Weiterbildung vorsehen bzw. alles daran setzen, um andere Arbeitsplätze zu finden.“ In diesem Zusammenhang sollen auch Geldmittel aus dem so genannten Krisenpaketes des Landes verwendet werden.
Josef Laner

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