Ob bei Gomagoi (im Bild), in Trafoi, Sulden, Stilfs oder am Stilfserjoch: Lawinenstriche sind im Stilfser Gemeindegebiet alles eher als Mangelware.

Teure Pläne

Publiziert in 8 / 2012 - Erschienen am 29. Februar 2012
Vinschgau - In allen Rathäusern gibt es Pläne, welche die Gemeinden im Auftrag des Landes erstellen mussten, die dann aber in irgendwelchen Schubladen auf Nimmerwiedersehen verschwanden. Wird die Gefahrenzonenpläne dasselbe Schicksal ereilen? „Nein,“ sagt der Bezirkspräsident und Laaser Bürgermeister Andreas ­Tappeiner. Die Pläne seien sinnvoll und ein wichtiges Instrument für die künftige Entwicklung der Dörfer. Allerdings auch ein teures Instrument. Für das Erstellen des Plans in der Gemeinde Stilfs zum Beispiel wurden Gesamtkosten von sage und schreibe über 417.000 Euro veranschlagt. Südtirol ist ein Land im Gebirge und in den Bergen gibt es Lawinen, Steinschläge, reißende ­Bäche, Rutschungen, Überschwemmungen und Murenabgänge. Ziel der Gefahrenzonenpläne ist es, die gefährlichen Gebiete zu erheben, die Intensität der Risiken einzustufen und den Gemeindeverwaltungen ein verbindliches Instrument für die künftige Entwicklung in die Hand zu geben. In einer ersten Phase wurde auch im Vinschgau erhoben, mit welchen Kosten für die Erstellung der Pläne zu rechnen ist. Weiters wurden laut ­Andreas Tappeiner erste Grunderhebungen für die Ausschreibungen durchgeführt. Was zum Beispiel die Gemeinde Laas betrifft, so habe Ingenieur Matthias Platzer von der Firma Abenis Alpinexpert GmbH errechnet, dass der Plan rund 62.000 Euro kosten wird. Weiters habe der Ingenieur die Gefahrenzonen bzw. Risikogebiete in den Bereichen Wassergefahren, Massenbewegungen und Lawinen aufgelistet. „Nun wird die Gemeindeverwaltung festlegen, welche dieser Zonen von den zu beauftragenden Technikern bei der Erstellung des effektiven Plans genau untersucht werden sollen,“ so Tappeiner. Zumal die Gemeinde Laas am Etsch-Dialog beteiligt ist, können bereits erfolgte Untersuchungen und Planungsunterlagen bezüglich der Gefahren entlang der Etsch in den zu erstellenden Plan mit einfließen. Das führe auch zu einer Kosteneinsparung. Rote Zonen bleiben fürs Bauen tabu Welche konkreten Auswirkungen werden die Gefahrenzonenpläne haben? Andreas Tappeiner: „Die Pläne sind meiner Meinung nach ein sinnvolles und hilfreiches Instrument, speziell was die zukünftige Raumplanung betrifft. Wenn eine bestimmte Zone im Plan als rot eingestuft ist, was - gefolgt von blau und gelb - der höchsten Gefahrenstufe entspricht, darf in dieser Zone künftig nicht mehr gebaut werden.“ Und was passiert, wenn dort bereits Gebäude stehen? Dann werden laut Tappeiner Schutzmaßnahmen durchzuführen sein. Zu nicht unerheblichen Problemen könnte es kommen, wenn Gebiete, die derzeit noch als Bau- oder Gewerbezonen ausgewiesen sind, aber noch nicht verbaut sind, als rot eingestuft werden. Dass es hierbei zu enormen Wertminderungen kommen kann, liegt auf der Hand. Auch Erweiterungen in roten Zonen werden künftig nicht mehr möglich sein. Der Wiederaufbau eines abgebrochenen Bauwerks wird untersagt. Eine Einstufung als gelbe Zone wird nur nach der Durchführung von Sicherheitsmaßnahmen möglich werden. Solche Maßnahmen sind in der Regel aber sehr teuer. Fünf Gemeinden heuer, andere erst später Ursprünglich hätten alle Gemeinden Südtirols bereits bis Ende 2011 einen Gefahrenzonenplan ausarbeiten müssen. Die Landesregierung hat dann jedoch in Absprache mit dem Rat der Gemeinden eine zeitliche Staffelung vorgenommen. Im poli­tischen Bezirk Vinschgau müssen die Gemeinden Laas, Latsch, Mals, Stilfs und Graun den Plan innerhalb heuer auf den Weg bringen. Für Kastelbell-Tschars, Schnals und Martell ist Ende 2013 der Endtermin, für Prad, Taufers i.M., Glurns und ­Schluderns Ende 2014. Die Gemeinde Schlanders hat die Erstellung des Plans bereits im Vorjahr ausgeschrieben und die Ausarbeitung im Dezember 2011 vergeben. Der Plan, in dem sämtliche Gefahrenzonen berücksichtigt werden, soll laut Bürgermeister Dieter Pinggera innerhalb von 6 Monaten vorliegen. Die Gesamtkosten belaufen sich auf 116.500 Euro, wobei das Land - wie übrigens in allen anderen Gemeinden auch - 40% der Ausgaben trägt. Gewaltige Kosten in der Gemeinde Stilfs In Tälern wie es Martell oder das Schnalstal sind, oder in Gemeinden mit Seitentälern, etwa Graun oder Mals, kosten die Gefahrenzonenpläne sehr viel Geld. Nahezu gewaltig sind die Kosten, die auf die Gemeinde Stilfs zukommen. Laut Schätzung ist mit Gesamtausgaben von über 417.000 Euro zu rechnen. Welcher Batzen das für die Gemeinde ist, zeigt schon ein Vergleich mit dem Gemeindehaushalt. Für sämtliche Investitionen des Jahres 2012 sind 1,77 Mio. Euro vorgesehen. Die Ausgaben für den Gefahrenzonenplan sind nicht eingeplant. Wie bewältigt die Gemeinde diese Zusatzsausgaben? Bürgermeister Hartwig Tschenett: „Wir werden jetzt zunächst schauen, die Kosten in Absprache mit den zuständigen Landesämtern möglichst nach unten zu drücken.“ Auch wenn das Land einen Teil der Ausgaben übernehme, „ist der Anteil der Eigenmittel, den wir aufzubringen haben, gewaltig. Wir können unser Investitionsprogramm, das hauptsächlich in der dringenden Erneuerung der Wasserleitungen, Kanalisierung und des Straßennetzes liegt, nicht links liegen lassen und hoffen, dass sich zumindest durch den zu ermittelnden Verwaltungsüberschuss ein Teil der noch fehlenden Gelder aufbringen lässt.“ Dass die Gemeinde Stilfs ein Sonderfall ist, liegt auf der Hand. Schon der frühere Bürgermeister Sepp Hofer hat einmal gesagt: „Wir brauchen hier keinen Gefahrenzonenplan, es ist hier bei uns eh alles rot.“ Dass er nicht ganz falsch lag, beweist schon ein Blick auf die bisherigen Planunterlagen. „Wir haben in Stilfs, Sulden, Trafoi, am Joch und in Gomagoi nicht nur 23 Bäche, sondern ­nahezu 200 Lawinenstriche,“ so Tschenett. Steinschläge, ­Rutschungen und Murenabgänge kommen noch dazu. Auch die Gemeindeverwaltung von Stilfs wird nun nochmals festlegen, welche Zonen in welcher Bearbeitungstiefe untersucht werden sollen. Zu erwarten ist, dass im Plan eine Reihe von Sicherheitsmaßnahmen vorgeschlagen wird und dass die meisten Zonen in der kostenintensiven Bearbeitungstiefe untersucht werden müssen. „Die Frage ist nur, woher das Geld für diese Maßnahmen kommen soll,“ so der Stilfser Bürgermeister.
Josef Laner

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