Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel
Publiziert in 29 / 2009 - Erschienen am 26. August 2009
Trafoi – Der Sommerbetrieb läuft und auch im nächsten Winter sollen die Aufstiegsanlagen in Trafoi nicht stehen bleiben. Die Hoffnung auf eine große Erneuerung des Kleinskigebietes, wie von Walter Klaus, dem alleinigen Eigentümer aller Anlagen in Sulden und Trafoi, seinerzeit versprochen, ist allerdings endgültig gestorben. Wie es gelingen soll, zumindest den nächsten und übernächsten Winterbetrieb zu gewährleisten, erklärten Bürgermeister Josef Hofer und Erich Pfeifer, Präsident der Seilbahnen Sulden GmbH, am 20. Juli im Hotel-Restaurant „Traube“ in Stilfs vor der Presse. In Vertretung von Trafoi waren das Gemeinderatsmitglied Alfred Thöni und der Hotelier Hugo Ortler gekommen. Ein langfristiges Konzept für den Erhalt des Skigebietes gibt es nicht. Die schwierige Situation lässt sich mit dem Satz „Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel“ wohl am besten beschreiben.
„Wir wollen Trafoi nicht schließen“, stimmten Hofer und Pfeifer überein. Um zumindest einen kurzfristigen Weiterbestand zu garantieren, sei ein Konzept erarbeitet worden, hinter dem sowohl Landeshauptmann Luis Durnwalder steht als auch Walter Klaus. Das „Überbrückungskonzept“, vorgelegt von der Seilbahnen Suden GmbH, der Muttergesellschaft des Trafoier Skigebietes, sieht vor, dass der Zubringer-Sessellift und der Schölmental-Lift revisioniert werden sollen. Die Revision des Sesselliftes kostet etwas mehr als eine Million Euro. Ein Teil der Arbeiten für rund 200.000 Euro soll noch heuer vor dem Beginn der Wintersaison ausgeführt werden, der große Brocken (ca. 800.000 Euro) im nächsten Jahr. Der Schölmental-Lift soll noch heuer mit rund 140.000 Euro revisioniert werden. Zusätzliche rund 50.000 Euro sind für kleinere Zusatzinvestitionen vorgesehen.
Das Land hat höchstmögliche Beiträge zugesichert. Für die heuer anfallenden Restkosten in Höhe von ca. 100.000 Euro wird laut Hofer die Gemeinde aufkommen. 2010 dürften Restkosten in doppelter Höhe auf den Gemeindehaushalt zukommen. Hofer: „Eine bittere Pille für die Gemeinde und auch für die direkt Interessierten.“ Für letztere deshalb, weil nicht nur der Steuerzahler zum „Bluten“ angehalten ist, sondern auch die Tourismus- und Wirtschaftstreibenden von Trafoi und des Einzugsgebietes (Stilfs, Gomagoi und Prad). Es sind 100.000 Euro aufzubringen, um das zu erwartende Defizit zu decken. Hofer wörtlich: „Walter Klaus verlangt für diese privaten finanziellen Leistungen Bankgarantien zu seinen Gunsten.“ Die Gemeinde könne nicht Defizite abdecken, sondern „nur“ bei den Investitionen mithelfen. „Die Gemeinde hat sich jahrzehntelang für Trafoi eingesetzt, auch finanziell, und solange ich Bürgermeister bin, wird das weiterhin so bleiben“, sagte Hofer. Was Walter Klaus betrifft, so könne man ihm nur dankbar für das sein, was er bisher für Trafoi und auch Sulden getan hat.
Wie schon Hofer unterstrich auch Pfeifer, dass Walter Klaus nicht mehr bereit ist, das jährliche Betriebsdefizit in Trafoi abzudecken. Auch Investitionsbeiträge seien von Walter Klaus nicht mehr zu erwarten.
Die Frage, wo Trafoi heute stünde, wenn Walter Klaus das Skigebiet 2002 nicht übernommen hätte, muss laut Erich Pfeifer erlaubt sein. Er erinnerte an die vielen Investitionen im Ausmaß von über einer Million Euro, die Klaus in Trafoi in den vergangenen 6 Jahren getätigt hat: Talabfahrt, Pisten, Beschneiung, Kinderlift, Furkelhütte. Zusätzlich habe Klaus jährlich ein Defizit in Höhe von ca. 100.000 Euro gedeckt.
Das ursprünglich von Walter Klaus geplante Erneuerungskonzept mit Ausgaben von rund 15 Millionen Euro könne aus drei Gründen nicht umgesetzt werden: 1) Die Firmengruppe Walter Klaus hat strategisch anders entschieden und darüber steht uns kein Urteil zu; 2) Es wären rund 8 Millionen Euro an Restfinanzierung notwendig gewesen und dies hätte die Seilbahnen Sulden GmbH übermäßig belastet, sodass am Ende sogar das Hauptgebiet Sulden in gefährliche Gewässer geraten wäre; 3) Auch im Falle einer Umsetzung des Konzeptes wäre das Problem nicht endgültig gelöst, im Gegenteil, es wäre mit noch größeren Jahresdefiziten zu rechnen, denn 300 bis 350 Gästebetten reichen einfach nicht aus, um ein Kleinskigebiet kostendeckend zu führen; die Zahl der Betten im Einzugsgebiet sei rückläufig.
Grundsätzlich hielt Pfeifer, seines Zeichens auch Präsident der Ortler Skiarena, fest, dass fast alle Kleinskigebiete in- und außerhalb von Südtirol ohne öffentliche oder private Finanzzuschüsse nicht überlebensfähig sind. Kleinskigebiete erfüllen in der Regel auch eine soziale Funktion und haben durchaus eine Existenzberechtigung. Pfeifer ist auch davon überzeugt, „dass wir alle profitieren, wenn alle Anlagen laufen.“
Mit der jetzt angepeilten Überbrückungs-Variante kann im besten Fall garantiert werden, dass der Betrieb für ein paar Jahre aufrecht bleibt. Was nachher kommt, weiß niemand. Fest steht, dass Bürgermeister Josef Hofer der nachfolgenden Gemeindeverwaltung, die im Frühjahr 2010 neu bestellt wird, in Bezug auf die Zukunft von Trafoi kein leichtes Erbe weitergibt.
Auf die Frage, ob der beliebte Schönblick-Lift im nächsten Winter in Betrieb sein wird, meinte Pfeifer. „Nein. Dieser Lift müsste neu gebaut werden und wenn man ihn schon neu baut, wäre im gleichen Atemzug auch eine Beschneiung sinnvoll. Für solche Investitionen aber ist das Geld nicht vorhanden.“
Alfred Thöni und Hugo Ortler sagten zu, alles daran zu setzen, um die genannten 100.000 Euro in Trafoi und im Einzugsgebiet „zusammenzukratzen.“ Einig sind sie sich darin, dass die Anlagen weiterlaufen müssen: „Wenn sie einmal still stehen, ist es für immer vorbei.“ Froh ist Ortler zumindest insofern, „als dass wir unseren Gästen jetzt mitteilen können, dass die Anlagen im Winter 2009/2010 in Betrieb sein werden.“
Josef Laner