„Die Enkeltochter selbst entbunden“

Publiziert in 8 / 2008 - Erschienen am 5. März 2008
Die gebürtige Wienerin Elisabeth Lipphard Christandl ist Hebamme. Beim Skiurlaub in Gröden lernte sie ihren heutigen Mann kennen. Die 54-Jährige zweifache Mutter lebt mit ihrem Mann und Kindern sowie ihrer sechsjährigen Enkeltochter in Langtaufers. Früher ging sie oft auf den Berg und zum Skilaufen, heute wandert sie und ist Leiterin des Tauferer Frauenchores und singt in der Musikschule Mals im Kammerchor mit. Frau Lipphard Christandl, fühlen Sie sich wohl im Vinschgau? Wenn überhaupt, was vermissen Sie? Mir geht es als Frau im Vinschgau gut. Wir Hebammen müssen um Emanzipation nicht kämpfen. Wir Hebammen sind von Natur aus emanzipiert. Das Herrlichste hier sind die Berge. Besonders schön war, dass meine Kinder in der freien Natur aufwachsen konnten. Wir waren früher immer auf dem Berg oder beim Skilaufen. Wie ist für Sie Familie und Beruf vereinbar? Bis die Kinder fünf Jahre alt waren, war ich zu ­Hause. Danach hatte ich nur Nachtdienst, was für die Kinder gut war, für mich manchmal recht anstrengend. Ich habe lange in der Schweiz gearbeitet, weil mein in Österreich ausgestelltes Diplom erst vor zehn Jahren hier anerkannt wurde. Heute sind meine Kinder erwachsen. Da ich Freiberuflerin bin, arbeite ich nur, wenn ich gerufen werde. Das sind Hausgeburten und Betreuung nach ambulanten Geburten. Ab diesem Frühjahr biete ich auch Schwangerschaftsvorbereitungen und Schwangeren-Schwimmen an. Ihr Beruf als Hebamme, wie hat dieser Ihre eigenen Entbindungen beeinflusst? Ich hatte sie mir viel schlimmer vorgestellt. Ich hatte meine Kinder sehr problemlos entbunden. Bei der ersten Geburt war meine Freundin meine Hebamme. Das war mir sehr wichtig. Wie schätzen Sie den Stellenwert der Frau heute zutage ein? Er wird immer besser und ist in den letzten Jahren merklich gestiegen. Vinschgerinnen waren immer schon starke Frauen, aber heute sind mehr und mehr Frauen in der Politik tätig. Auch im privaten Umfeld haben sie mehr Freiheiten und nehmen sich diese auch. Und im Rahmen von Beziehungen zu Männern muss man sich die Freiheiten sowieso erarbeiten. Welche Frau hat für Sie eine Vorbildfunktion? Das wäre Alice Schwarzer, weil sie sich traut, vieles zu sagen, was wir uns nur denken. Der Erfolg, den sie hat, ist toll. Sie hat viel Mut aufbringen müssen, sie musste auch aushalten, sich unbeliebt zu machen, dabei aber immer ihren Humor behalten. Welches Erlebnis hat Sie besonders geprägt? Die Geburt meiner Enkeltochter, die ich entbinden durfte. Was wünschen Sie sich für die Zukunft? Dass es uns freiberuflichen Hebammen leichter gemacht wird. Hier müssen die Frauen die Hebammen zahlen, es ist für uns ein Kampf gegen die starke Sanitätseinheit, die kostenlos entbindet.
Katharina Hohenstein

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