Mehrere Berufe, e i n e Berufung!

Publiziert in 42 / 2008 - Erschienen am 26. November 2008
Tschengls – Er betreut nach wie vor „seine Arche Noah“, obwohl 75 Jahre alt und seit September 2008 in Pension. Die Rede ist von Alois Oberhöller, Seelsorger in Tschengls. Er kann auf ein bewegtes Ausbildungs- und Arbeitsleben zurückblicken. Eine unbeschwerte Kindheit erlebte er auf dem auf 1500 Meter hoch gelegenen Pichlerhof in Reinswald im Sarntal. „Täglicher Messbesuch und Tischgebete sowie Rosenkranz am Abend waren ebenso selbstverständlich wie die vielen anfallenden Arbeiten am Hof.“ Wie damals üblich kam der talentierte Bursch ins Knabenseminar Johanneum in Dorf Tirol. Nach der Matura begann für Alois Oberhöller dank seiner vielseitigen Begabung eine abwechslungsreiche Studien- und Arbeitszeit: Studium der Philosophie, Psychologie und Theologie in Innsbruck, zusätzlich Besuch des Konservatoriums, welches nach vierjähriger Ausbildung mit der Reifeprüfung für Chorgesang und Schauspiel in Wien abgeschlossen wurde. Es folgten zehn Jahre Tätigkeit in den Landestheatern von ­Innsbruck, Linz und St. Pölten als Sänger und Schauspieler. 1968 kehrte er nach Südtirol zurück. Er unterrichtete als Supplent literarische Fächer in der Mittelschule, besuchte die so genannten Supplentenkurse in Brixen und erwarb dort das Doktorat in Geschichte. D i e Entscheidung fürs Leben traf Dr. Alois Oberhöller im Jahre 1983 mit dem Eintritt ins Priesterseminar von Brixen. ­Bischof Josef Gargitter weihte den Spätberufenen 1985 zum Priester. Alois Oberhöller ist das geworden, wofür er berufen war: Seel-Sorger im wahrsten Sinne des Wortes. Oberhöllers Wirken als Seelsorger in Schlanders und in Tschengls lässt sich kurz so skizzieren: Freude an der Feier der Eucharistie und am Gebet, besondere Hingabe zur Alten- und Krankenbetreuung, immer ein offenes Ohr und eine offene Hand für Bettler und Randexistenzen, Liebe zur Natur besonders zu den Tieren, ein äußerst karges Privatleben. Zusätzlich zu seiner Seelsorgstätigkeit in Tschengls feiert er in Laas und in Göflan regelmäßig Gottesdienste, besucht und betreutvor allem Alte und Kranke im Bürgerheim von Schlanders, von Laas und gelegentlich auch von Latsch und nimmt immer wieder an Beerdigungen teil. Besonders geschätzt wird auch sein Gesang. Es bedrückt ihn einerseits schon, dass der ­Kirchenbesuch immer mehr abnimmt, dass Kinder, Jugendliche und junge Eltern sich nicht mehr oder nur bei besonderen Anlässen zum Gottesdienst einfinden. Andererseits, sagt er, braucht es Gelassenheit und vor allem Gottvertrauen. Ein weiteres Problem sieht er im Verfall von Ehe und Familie: „Familien zerbrechen, Trauungen in der Kirche haben Seltenheitswert bekommen. Ohne reli­giöse Rückbindung ist es noch schwieriger durchzuhalten. Trennungen sind vor allem für die Kinder sehr leidvoll und die Männer werden oft in den ­finanziellen Ruin getrieben“. Auf die Frage nach dem Priester­sein heute zitiert er Jugendseelsorger Heinrich Demanega, der im Jahre 1953 den damaligen Priesteramtskandidaten ­folgendes gesagt hat: „Ihr müsst mit dem Mut der Verzweiflung auf aussichtslosen Posten stehen“ Die Erwartungen an den neuen Bischof formuliert Alois Oberhöller so: „Er muss voll Feuer und Heiligen Geist sein! Ich persönlich würde ihm raten, jeden Sonntag unangemeldet in den Seelsorgseinheiten aufzutauchen, um Aushilfe zu leisten und so die seelsorgliche Realität hautnah zu erleben.“ „Vergelts Gott, lieber Herr Alois“, sagte die Pfarrgemeinde Tschengls anlässlich der Pensionierungsfeier. Diesem Dank verbunden mit dem Wunsch für ein noch langes segensreiches Wirken schließen sich viele Menschen auch außerhalb von Tschengls an.
Hermann Schönthaler

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