„Das Wasser steht uns bis zum Hals“
Düstere Klima-Szenarien in Plaus. Aber auch Hoffnung und Chancen.
PLAUS - „Anregungen und Ideen für die Energiewende bei Dir zu Haus“: So lautete das Motto der Energy Days 2023 in Plaus, organisiert vom lokalen Bildungsausschuss. Thomas Egger, der Präsident des Klima Clubs Südtirol, referierte über den Klimawandel, erneuerbare Energien und Energieeinsparung. Er zeichnete ein düsteres Bild. „Das Wasser steht uns bis zum Hals“, brachte er es auf den Punkt. Es sehe derzeit nicht danach aus, als könne man das 1,5-Grad-Ziel erreichen. Zur Erinnerung: Dabei handelt es sich um das Ziel, den menschengemachten globalen Temperaturanstieg durch den Treibhauseffekt auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, gerechnet vom Beginn der Industrialisierung bis zum Jahr 2100. Auch wenn dieses Ziel noch erreicht werde, dürften schwierige Zeiten auf die Menschheit zukommen. Verstärkte Trockenheit, mehr Waldbrände auch in Südtirol, Konflikte um die Ressource Wasser, vermehrt Flüchtlingsbewegungen. Teile der Erde werden nicht mehr bewohnbar sein.
Sollte das Ziel nicht erreicht werden und es einen Anstieg auf 2 bis 3 Grad oder mehr geben, dann drohe die Klima-Apokalypse. „Wenn wir entgegensteuern, können wir vielleicht noch das Schlimmste verhindern. Aber es wird so oder so schlimm, insbesondere für unsere Nachfolgegenerationen. Unsere Kinder werden sagen: ‚Was habt ihr uns hier nur für einen Schlamassel hinterlassen?‘“. Egger betonte auch: „Die Situation, in der wir uns befinden, ist kein Zufall oder höhere Gewalt. Energiekrise, Energieknappheit, fast vollständige Energieabhängigkeit und enorme Preissteigerungen sind das Ergebnis völlig verfehlter Energiepolitik der letzten 20 bis 30 Jahre“. Die Politik habe wider besseren Wissens bewusst auf fossile Energieträger gesetzt.
Radinfrastruktur „bis ins letzte Dorf“
Was Südtirol betreffe seien laut einer EURAC-Studie von 2018 44 Prozent der Kohlendioxid-Emissionen auf den Verkehr zurückzuführen, 36 Prozent auf die Erzeugung von Wärmeenergie, 18 Prozent auf die Landwirtschaft, 2 Prozent Sonstiges. Einflussmöglichkeiten gebe es auch in Südtirol durchaus. Man müsse unbedingt weg von den fossilen Energieträgern. Was den Verkehr betreffe könne man nicht direkt beeinflussen, dass alle auf E-Autos umsteigen. Hier gelte es den Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes und die Radmobilität voranzutreiben. „Ein massiver Ausbau der Radinfrastruktur bis ins letzte Dorf ist nötig“, forderte Egger. Das Ziel der Landesregierung, bis 2040 klimaneutral zu sein, sei löblich. Aber: Hier gebe es noch einiges zu tun. „80.000 fossile Heizanlagen müssen innerhalb von 17 Jahren ersetzt werden. Einige große Fernheizwerke, die derzeit noch Gas verwenden, müssen innerhalb 17 Jahren umgerüstet werden“, so Egger. Man müsse auf einen massiven Ausbau von Wärmepumpen setzen. Das größte Ausbaupotenzial habe Südtirol aber in Sachen Fotovoltaik. „Die Ausbauziele laut Klimaplan reichen unseren Berechnungen zufolge bei weitem nicht aus“, kritisierte Egger.
Plauser Maßnahmen
Dass seine Gemeinde in Sachen Nachhaltigkeit nicht schlafe, erklärte der Plauser Bürgermeister Jürgen Klotz: „Wir waren eine der ersten Gemeinden in ganz Südtirol, die den Klimaplan genehmigt hat“. Und: „Die Gemeinde tut viel“. Zuletzt umgesetzte Energieeffizienzmaßnahmen waren unter anderem die energetische Sanierung von Gebäuden, die Installation von drei Fotovoltaikanlagen, der Einbau von Wärmepumpen, die Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED. Ein Musterbeispiel einer energetischen Sanierung sei das Pixnerhaus, in dem sich die Energy Days abspielten. Die Bauarbeiten waren 2021 fertiggestellt worden. Auch weitere Energieeffizienzmaßnahmen seien geplant, wie etwa die energetische Sanierung weiterer gemeindeeigener Gebäude und Anlagen: Sportplatz, Feuerwehrhalle und Jugendraum.
Südtiroler Energiegenossenschaften
Barbara Passarella vom Raiffeisenverband Südtirol berichtete über das neue Modell „Energiegemeinschaften“. Es sei der „Beginn einer neuen Ära für die Erzeugung und den gemeinsamen Verbrauch erneuerbarer Energie in Südtirol“. Dabei könne es sich um verschiedene Zusammenschlüsse handeln, von kleinen oder mittleren Unternehmen, von Privatpersonen oder auch von Gemeinden. Damit könne man die Energieabhängigkeit vom nationalen Stromnetz verringern. Der Raiffeisenverband Südtirol, die Alperia und der technologische Partner unterstützen die Gründung solcher Gemeinschaften. Die Gemeinde könne die Dächer für die Erzeugung von Energie aus Fotovoltaikanlagen zur Verfügung stellen. Offiziell gegründet wurden in Südtirol noch keine solcher Energiegemeinschaften, dies solle aber bereits in den nächsten Monaten geschehen. Zuletzt durchliefen Pilotprojekte die verschiedenen Testphasen, mit Energieanalyse, Planung zur Entwicklung der Fotovoltaikanlagen und dem Aufbau der Gemeinschaftsstruktur in genossenschaftlicher Form.
