Leserbriefe
Lebensmittelwertkarten: Hohn der Politik
Seit August dieses Jahres kann die vom Staat getroffene Maßnahme „Wertkarten zum Einkauf von Grundnahrungsmitteln“ umgesetzt werden. Bürger*innen mit einem ISEE-Wert von unter 15.000 Euro haben die Werkarten über die Gemeinde erhalten. Nach dem ersten „Hurra“ über den Almosenbeitrag als Ausgleich zu den hohen Lebensmittelpreisen kam bald die Ernüchterung. Die Kriterien für den Anspruch muss man zweimal lesen, damit man sie glaubt. Nur wer zum Stichtag 12. Mai 2023 im Besitz der ISEE war, kam in den Genuss der Karte. Zudem galt als Voraussetzung, dass mindestens drei Personen auf dem Familienbogen aufscheinen mussten. Familien mit 2009 bis 2023 geborenen Kindern hatten den Vorrang, dann kamen Familien mit innerhalb 2005 geboren Kindern an die Reihe. Wer nicht schon bedürftig ist, wird zur/zum Bedürftigen gemacht: zum Zuge kommt nur, wer keine weiteren Beihilfen erhalten hat (Arbeitslosengeld, Grundsicherung, Lohnausgleich usw.). Der erste Einkauf muss innerhalb 15. September erfolgen, um die Karte zu aktivieren, ansonsten verfällt der gesamte einmalige Wirtschaftsbeitrag von ganzen 382,50 Euro. Widersprüchlich sind die Aussagen über das Verfallsdatum dieser Aktion, man spricht vom 31. Dezember oder später. Dabei ist noch zu beachten, was eingekauft wird. Zum Beispiel darf Zucker erworben werden, Salz hingegen ist nicht auf der Liste vorgesehen. Vergessen wir mal, dass nur in Geschäften eingekauft werden kann, welche an dieser Initiative teilnehmen. So, denken wir nun an die Alleinerziehenden. Nicht alle verfügen über ein gerichtliches Trennungsdekret, was zur Folge hat, dass die getrennten Eltern beide die ISEE abfassen und „zusammenhängen“ müssen. Verweigert der andere Elternteil die ISEE (kommt relativ häufig vor), sind dem hauptbetreuenden Elternteil die Hände gebunden, denn ohne ISEE gibt es keine Lebensmittelwertkarte. Der alleinerziehende Elternteil mit nur einem Kind fällt auch durch den Rost. Die Studien besagen, dass Einelternfamilien die am höchsten armutsgefährdete Familienform sind. Es ist beschämend, wie mit unseren Familien, in welcher Form auch immer, von Seiten der Politik umgegangen wird. Wer diese Maßnahme erlassen hat, sitzt wahrscheinlich mit vollgestopftem Bauch hinter dem Schreibtisch und weiß über das reelle Leben vom normalen Fußvolk sehr wenig!
Wer braucht Erinnerung?
Was es im der Vinschger, Nr. 15 vom 30.08.2023 auf Seite 15 zu lesen gibt, kann ich nicht unkommentiert lassen. Da liest man von der Absicht, über das Zugunglück vom April 2010 einen Dokumentarfilm zu drehen. Angeblich geht es um die „kollektive und würdevolle Erinnerung an eines der tragischsten Kapitel der jüngeren Geschichte Südtirols“. Dazu meine provokante Frage: „Wer braucht diese Erinnerung?“. Die ganzen Menschen, die einen Angehörigen verloren haben, brauchen sowas nicht. Sie leiden gewiss täglich durch den Verlust. Die teils schwer Verletzten, die noch an den Folgen leiden, genauso wenig. Und alle, die täglich oder öfters an der Unglücksstelle vorbei fahren, wohl auch nicht. Wer also, bitteschön, soll ein Interesse haben, dass diese leidvolle Geschichte filmisch dokumentiert wird? Ich bin sicher, es sind nur Wenige. Ich bitte die Verantwortlichen, dieses Vorhaben zu überdenken und bestenfalls den Gedanken an diesen Film zu verwerfen.
Armut (Kommentar im der Vinschger Nr. 14/23)
Apropos Armut: Das Beschämendste ist, dass das Gesetz keine Obergrenze für die nichtobligatorischen Kondominiumsspesen festgelegt hat, über die eine Mehrheit entscheiden kann. Ich wohne hier im Vinschgau in einem der am wenigsten luxuriösen Kondominien im Tal, wo bei einer außerordentlichen Versammlung im Juli beschlossen wurde, den Superbonus für die Sanierung des Gebäudes zu verwenden. Das führt dazu, dass Kondominien plötzlich innerhalb von 20 Tagen Beträge auszahlen müssen, die manche Familien auf eine harte Probe stellen. Abgesehen davon, dass man nicht das Geld für eine Pizza hat, muss man hier sogar Beträge berappen, die bis zu 36.000 Euro gehen, mit all den Unsicherheiten und bürokratischen Problemen, die dieser Superbonus mit sich bringt. Wer weiß, wie viele Personen dank dieses Superbonus und auch dank der Gleichgültigkeit einiger Kondominien gegenüber den weniger Wohlhabenden in Italien auf der Straße landen werden.
Wer trägt die Verantwortung?
Touristen müssen vor Wasser und Feuer in Sicherheit gebracht werden. Siedlungen werden von Schlamm und Geröll verschüttet. Die Schäden für die Wirtschaft sind immens. Was ist die Ursache dafür? Es ist die Folge unserer Lebensweise. Es ist die Folge der von Menschen produzierten Treibhausgase. Seit Langem wissen die Kapitäne aus Politik und Wirtschaft von der Brisanz der zunehmenden Erhitzung der Erde und deren Folgen. Und was tun sie? Nichts! Egoistische wirtschaftliche Interessen stehen im Vordergrund und verhindern wider besseres Wissen den Klimaschutz. Wenn junge Leute sich auf die Straße kleben oder Kunstwerke mit Farbe besprühen, um auf die Folgen der Misswirtschaft aufmerksam zu machen, dann werden sie kriminalisiert. Ihnen wird der Prozess gemacht, weil sie auf die kommenden Katastrophen aufmerksam machen. Wer macht jenen den Prozess, welche durch Leugnen und Bremsen die Notlage verursachen?
Gegendarstellung In der Bezirkszeitung
der Vinschger Nr. 14 vom 02.08.2023 wurde unter anderem auch über die neue Kindertagesstätte in Schluderns berichtet. Dazu wurde auch BM Hauser Heiko mit dem folgenden Satz zitiert: „… das Vorhaben ist notwendig und eigentlich schon überfällig!“. Er hätte dazusagen sollen, dass er (BM Hauser) als SVP-Gemeinderat jeweils dagegen stimmte, als wir (die Bürgerliste Schluderns) uns für einen Kindergartenneubau mit vier Sektionen in massiver Holzbauweise, mit dazugehörenden Kellern, einer Photovoltaikanlage auf dem Flachdach und für ein unterirdisches, modernes Musikprobelokal (Schlanders) einsetzten. Dass die 4. Sektion im neuen Kindergarten auch als moderne, großzügige Kindertagesstätte umfunktioniert werden kann, dafür setzte sich die damalige Referentin Stecher Parth Brigitta sehr ein. Man denke daran, dass wir als strukturschwache Gemeinde eine ausgezeichnete Finanzierung für das gesamte Konzept erhalten hätten. Man bedenke zudem, dass dieses Gesamtkonzept vor gut 10 Jahren realisiert worden wäre! (Gesamtkosten!) Zurzeit wird eine Kindertagesstätte für viel Geld im Erdgeschoss der Grundschule (!) von Schluderns errichtet. Was meint eigentlich die Direktion des verantwortlichen Schulsprengels dazu? Heute haben wir zwar einen neuen, aber drei Sektionen umfassenden Kindergarten, ohne einen einzigen Keller-Lagerraum, ohne Photovoltaikanlage sowie ohne Musikprobelokal!
Gerät unser Planet aus den Fugen?
Angesichts von schrecklichen Ereignissen in naher Umgebung, von Unruhen, Kriegen, Gewalt, Terror usw. wird diese Frage wohl berechtigt sein! Bei deren Antwort ist der Diskussionsstoff weitreichend, und die Denkweisen, Worte und Taten klaffen auseinander. Hilfreich dabei könnte wohl Folgendes sein: Was du willst, was man dir tut, das tu auch den Anderen, und jenes, was du nicht willst, tu auch den Anderen nicht! Zudem wird es wohl unausweichlich sein, dass sowohl weltweit als auch in der Gesellschaft Ethik und Moral wiederum einen größeren Stellenwert einnehmen. Denn es kann nicht sein, dass unschuldige Menschen grausam umgebracht werden, zu Unrecht um ihr Hab und Gut kommen, Kriege kein Ende nehmen und meistens das Gegenteil bewirken. Es kann auch nicht sein, dass man teilweise auf Schritt und Tritt videoüberwacht wird und dass man Abschreckungsmethoden wie Alarmanlagen als Patentlösung ansieht. Es kann auch nicht sein, dass man abgehört und dabei seiner Freiheit beraubt wird. Es kann nicht sein, dass man Angst haben muss, durch Anlagen, Gassen und Straßen zu gehen usw. Um Verbesserungen herbeizuführen, denken viele an Gesetzesänderungen und harte Vorgangsweisen. Eine weitere Lösung beginnt wohl im Herz und im Kopf, die auf Respekt, Wertschätzung, Menschenwürde, Hinterfragen des Gewissens und einem gesunden Wir-Gefühl aufbaut. Werte, die unser Leben und jenes der künftigen Generationen lebenswert machen und Zukunftsängste schmälern. Ich glaube, dann würde das Puzzle namens Welt und die damit verbundenen Fugen wieder passen.
Autoverkehr versus Zugverkehr (Artikel „Der Vinschgau und sein Verkehrsdebakel“ im der Vinschger Nr. 14/23)
David Frank beklagt, dass er mit dem Zug 2 Stunden nach Bozen braucht. Verena Tröger beklagt, dass sie mit dem Auto 2 Stunden nach Bozen braucht. Also Gleichstand! Dass die Baustelle im Töller Tunnel so lange verzögert wurde, liegt auch an der grundsätzlichen politischen Bedeutung, die der Zug gegenüber dem Auto hat: Wäre die Straße an der Töll von einem Pleite-Stopp betroffen gewesen, wäre sie nach e i n e m Tag wieder offen gewesen! Das zu den Voraussetzungen bzgl. Verkehrsmittelwahl. Trotzdem muss an der Bahn mit Hochdruck weiter gearbeitet werden, denn nur sie kann Pendler von der Straße wegholen. Allerdings muss es dann genügend Züge in entsprechender Frequenz geben. Von 60 Minuten Mals-Bozen kann aber auch weiterhin nur geträumt werden, denn auch ein Zug wird nie mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 85 km / h fahren können! Es sei denn, er lässt sämtliche Zwischenstationen aus. Aber was macht er dann noch für einen Sinn? Wie viele Pendler Mals-Bozen gibt es? Die Vinschger Bahn wird immer eine Lokalbahn bleiben, selbst wenn einst Züge von Bozen nach Zürich fahren sollten! Sie hat die Aufgabe, die Menschen vom Tal in die Städte zu bringen, sowohl beruflich, wie auch touristisch. Und umgekehrt. Und das bedeutet, dass sie auch in den Dörfern anhalten muss! Wer allerdings von Glurns nach Bozen pendeln will, muss wohl immer ein recht hohes Zeitbudget einkalkulieren! (Daran erkennt man, wie wichtig dezentrale Industrialisierung ist!) Frau Tröger spricht die „Problempunkte“ der Vinschgauer Staatsstraße an. Und sie meint, wenn diese beseitigt werden, gehe der Verkehr nachher „flüssiger“. Ich denke sie täuscht sich: Wenn der Verkehr flüssiger geht, wird er im selben Augenblick auch mehr! Jede Verbesserung (= Erhöhung!) des Autoverkehrs führt zu einer Attraktivitätssteigerung des Vinschgaues als Durchfahrtsstrecke für den Süddeutschen Raum! Was wir brauchen, ist eine Attraktivierung des öffentlichen Nahverkehrs unter gleichzeitiger Reduktion des Autoverkehrs. Wird dieser durch Ausbaumaßnahmen gefördert, ist alles für die Katz!