Der „Prophet“ und seine Gefolgschaft
Reinhold Messner und Hunderte in Sulden auf Wanderschaft. Yaks ließen sich nicht aus der Ruhe bringen.
SULDEN - Nein, eine herkömmliche Wanderung war dies nicht. Es glich einer Wallfahrt. Hier der „Prophet“. Da seine Gefolgschaft. Der Prophet war in diesem Falle Reinhold Messner. Die Pilger Hunderte von Touristen, größtenteils aus dem bundesdeutschen Raum. Weit mehr als 500 wurden allein bei den Bahnfahrten hinauf auf die Bergstation der Seilbahn Sulden gezählt, wo der Startschuss für das „Hike and Talk mit Reinhold und Diane Messner“ erfolgte. Von hier aus ging es für die Menschenscharen hinauf auf die Madrischhütte, vorbei an den Weideflächen der Yaks. Der herkömmliche Yak-Auftrieb fand damit nicht mehr statt. Zur Erinnerung: In den vielen Jahren davor begleitete Messner stets Ende Juni/Anfang Juli, gefolgt von Heerscharen versteht sich, die Yaks mit einigen Hirten selbst vom Tal hinauf zur Mittelstation der Seilbahn Sulden, wo die Tiere in die „freie Wildbahn“ entlassen wurden. „Wir können die Tiere nicht mehr mit derart großen Menschenmengen rauftreiben. Da werden sie unruhig“, erklärte Messner. So wurden die Tiere diesmal vorab in aller Ruhe hinauf auf die Weideflächen gebracht. Mit der Ruhe war es dann an jenem 17. Juli bei der Bergwanderung mit Reinhold und Diane Messner freilich vorbei. Hier ein Schnappschuss, da ein Video – die Yaks waren neben ihrem Besitzer Reinhold Messner einmal mehr ein Höhepunkt für die Touristen. Sie ließen sich jedoch vom Trubel nicht aus der Ruhe bringen, dürften aber dennoch erfreut gewesen sein, dass sich der Tross sofort weiter auf den Weg zur Madritschhütte machte.
Den Partner umarmen – aber nicht die Yaks!
Derzeit befinden sich vier Jungtiere auf den Madritscher Weideflächen. Hier finden sie ideale Bedingungen. Die Höhe zwischen 2.500 und 3.000 Metern sagt den Tieren zu. Yaks klettern wie eine Gämse und brauchen keine Aufpasser. Yaks sind grundsätzlich friedliebende Tiere. Es gelte aber Abstand zu halten. „10 bis 20 Meter. Und man sollte die Tiere ja nicht umarmen. Sie können Ihre Männer und Frauen umarmen. Aber nicht die Yaks“, mahnte Messner. Die Yaks selbst bleiben im Sommer einige Monate auf den Weideflächen. Im Herbst, wenn der erste Schnee kommt, gehen sie alleine und freiwillig zurück ins Tal. Dort warten übrigens rund zehn Muttertiere. Diese wurden diesmal aus Sicherheitsgründen nicht auf die Weideflächen gebracht. Mutterkühe könnten insbesondere auf Wanderer mit Hunden aggressiv reagieren, da sie darauf bedacht sind, ihre Kälber zu verteidigen.
Paul Hanny und die große Idee
Seit rund 40 Jahren hält Messner Yaks in Sulden. Maßgeblichen Anteil daran hat „ein Freund, der heute leider nicht da ist“. Damit meinte Messner seinen Bergfreund Paul Hanny. Der Tausendsassa war zusammen mit Messner im Jahre 1982 bei einer Cho Oyu-Expedition. Im Himalaya begegneten sie zahlreichen Yaks und waren von den Tieren begeistert. Gerade mal zwei Jahre später ergab sich die Möglichkeit, die in Zentralasien beheimateten Rinder in den Vinschgau zu bringen. Messner kaufte 1984 zwei Yak-Stiere sowie drei Muttertiere. Hanny konnte krankheitsbedingt heuer nicht dabei sein.
Kritik an Wolf und Bär
Die Yaks seien auch ein Mittel gegen den Wolf, da sie von diesem „nicht angegriffen werden können“, wie Messner erklärte. Ohnehin durfte scharfe Kritik an den Großraubtieren nicht fehlen. Wolf und Bär gehören nicht hierher, betonte Messner. „Wir haben das große Problem, dass es viel mehr Tierschützer gibt als Bergbauern. Das sind natürlich zahlreiche Wählerstimmen“, erklärte er seine Einschätzung hinsichtlich der Politik. Ohnehin hatte die Bergsteiger-Ikone, die am 17. September den 80. Geburtstag feiert, auf die vielen Fragen der Mitwanderer eine Antwort. Vom „Sündenerlass“ für den E-Biker bis hin zu persönlichen Ratschlägen war hier so einiges dabei.
