Kapuziner nehmen Abschied

Publiziert in 8 / 2016 - Erschienen am 2. März 2016
Provinzial: „Für alle Beteiligten schwer.“ OFS Vinschgau: „Sehr betroffen“. Schlanders - Man schrieb das Jahr 1645, als die Kapuziner in Schlanders den Klosterbetrieb aufnahmen. Über 370 Jahre nachher steht nun der Abschied ins Haus. „Die Kapuziner werden Schlanders am 1. September 2017 verlassen“, sagte Br. Lech Siebert, Kapuziner-Provinzial und Ordensoberer für Südtirol und Österreich, am 28. Februar im Anschluss an den Gottesdienst in der voll besetzten Kapuzinerkirche in Schlanders. Es sei ihm ein Anliegen, die Gläubigen persönlich über diese Entscheidung zu informieren. Ein Versprechen, vom Beschluss abzurücken, werde es nicht geben: „Über die Hintergründe der Entscheidung, die Nachnutzung des Klosters und die Frage, wie es weitergehen kann, werde ich morgen in persönlichen Gesprächen informieren“, so der aus Polen stammende Provinzial. Mit Dekan Josef Mair sowie mit Bürgermeister Dieter Pinggera hat Br. Lech Siebert mittlerweile bereits Gespräche geführt. Europaweites Schrumpfen Als eigentliche Ursache für den Abschied von Schlanders bzw. dem Vinschgau nannte der Provinzial dem der Vinschger gegenüber den Umstand, „dass wir Kapuziner europaweit zusammenschrumpfen.“ In Südtirol gebe es derzeit nur mehr rund 40 Kapuziner in 7 Klöstern. Die letzten Klostereintritte liegen ca. 35 Jahre zurück. Wegen des fehlenden Nachwuchses und der starken Überalterung sei man gezwungen, größere Gemeinschaften zu schaffen. Aus diesem Grund sei schon 2013 unter Einbindung aller Brüder beschlossen worden, bestimmte Klöster personell zu verstärken. Das wiederum bedeute, die Zahl der Standorte zu reduzieren. „Das Zusammenleben in der Ordensgemeinschaft ist für uns Kapuziner ein zentrales Anliegen“, so der Provinzial. Auch der Abschied von Schlanders sei in diesem Sinn zu verstehen. Der Abschied von den Standorten Imst in Nordtirol und Hartberg in der Steiermark erfolge bereits im Herbst 2016. Kein plötzlicher Abschied Plötzlich verschwinden werden die Kapuziner von Schlanders laut dem Provinzial aber nicht. Wie es auch in einer Pressemitteilung heißt, „geht es hier um gewachsene Beziehungen. Die Kapuziner sind seit Jahrhunderten in Schlanders. Dass dies nun ein Ende haben wird, ist für alle Beteiligten schwer, die Menschen in Schlanders und uns als Kapuziner gleichermaßen.“ Bis September 2017 wollen die Kapuziner „uneingeschränkt für die Menschen in Schlanders da sein.“ Zu diesem Zeitpunkt werden die zwei im Kloster in Schlanders lebenden Brüder, Pater Max und Pater Albert, weiterhin die Seelsorge vor Ort als Hauptaufgabe wahrnehmen. „Danach werden sie in andere Klöster übersiedeln.“ In der Kapuzinerkirche finden übrigens auch die italienischsprachigen Gottesdienste statt. Bischof nimmt Stellung „Die Entscheidung der Kapuziner, Schlanders im September 2017 zu verlassen, macht uns als Diözese betroffen. Wir bedauern das Weggehen, da wir um das lange und segensreiche Wirken der Kapuziner in Schlanders wissen“, heißt es in einer Stellungnahme von Bischof Ivo Muser. Gleichzeitig könne man diese Entscheidung aber durchaus nachvollziehen, „da es Sinn macht, wenn die Kapuziner ihre Kräfte bündeln, um auf diese Weise starke und lebendige Zellen zu bilden.“ Das starke Abnehmen der Ordensberufe sei eine große Verarmung der Ortskirche. „Wie eine Lanze ins Herz“ Sehr betroffen von der Entscheidung, die Kapuzinergemeinschaft von Schlanders aufzulassen, zeigen sich die Mitglieder des „Ordo Franziscanus Saecularis“ (ehemalige Franziskanische Gemeinschaft) sowie auch Bürger der Pfarrgemeinde Schlanders und darüber hinaus. Eine Unterschriftensammlung ist bereits im Gang. „Gerade im Jahr der Barmherzigkeit Gottes...trifft uns diese Mitteilung wie eine Lanze mitten ins Herz“, heißt es in einem Schreiben des Vorstandes des OFS Vinschgau an den Provinzial, den Bischof, den Dekan und den Schlanderser Bürgermeister. Hier einige Auszüge aus dem Schreiben: „Müssen wir wirklich alle Abschied nehmen von unseren liebgewonnenen täglichen, sehr gut besuchten Neunuhrgottesdiensten in der Kapuzinerkirche Schlanders, wobei Mitfeiernde sogar von auswärts hier her kommen? Abschied nehmen auch von den vielen Sonntagsmessen in mehreren Pfarreien, in denen die Kapuzinerbrüder aushelfen, sowie die tägliche heilige Messe in der Krankenhauskapelle? Nicht zuletzt auch Abschied nehmen von den täglichen, einfühlsamen Krankenbesuchen, sei es im Krankenhaus als auch im Bürgerheim, von den wohltuenden, einfachen und ehrlich gemeinten Worten lebenserfahrener Ordensmänner? ...Unendlich leid tun uns die Brüder, Pater Albert und Pater Max, sowie ihre Häuserin Veronika, die nun nach einem fleißigen, arbeitsamen, langen Leben im Kapuzinerkloster Schlanders Heimat und auch zwischenmenschliche Freundschaften gefunden haben und nun im Alter, vor ihrem Lebensende, noch einmal ihr heimisch gewordenes Umfeld verlassen sollen.“ Der Provinzial wird gebeten, die Entscheidung noch einmal zu überdenken. Es müsse in der heutigen Zeit des Wohlstandes Wege und Möglichkeiten geben, das Kloster, diese Oase der Ruhe und Stille, zu erhalten, auch aus Respekt vor den Mühen und Opfern, unter denen das Kloster einst erbaut wurde. Wie geht es weiter? Was wird nun mit dem Kloster, der Klosterkirche und den dazugehörigen Grundflächen, die teils als Obstbauflächen verpachtet sind, geschehen? Viele werden sich noch an die Diskussionen rund um den Bau einer Tiefgarage im Kapuzineranger erinnern. Eigentürmer der Klosteranlage sind die Kapuziner. Wie Br. Lech Siebert bestätigte, gehe es dem Orden keineswegs darum, das Kloster zu verkaufen bzw. Geld zu machen, sondern darum, es möglicherweise einer anderen kirchlichen Gemeinschaft bzw., einem anderen Orden zur Führung zu überlassen. Interessierte Gemeinschaften können sich melden. Und wenn es dafür keine Interesse? Br. Lech Siebert: „Nach der Diözese sind unsere nächsten Ansprechpartner das Land und die Gemeinde. Als weitere Option denken wir an die Nutzung des Klosters für soziale Zwecke.“ Erst wenn alle genannten Varianten nicht greifen, könnte sich der Orden eventuell auch an Private wenden. Sepp
Josef Laner
Josef Laner
Vinschger Sonderausgabe

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