Schaug amol
„Auch wir sind Teil der Gesellschaft“
Prad - Menschen mit Beeinträchtigungen wollen nicht abseits stehen. Sie sind Teil der Gesellschaft und wollen von dieser wahrgenommen werden. Die Gesellschaft ihrerseits ist gefordert, sich für Menschen mit Behinderungen zu öffnen. „Ihr kommt zu uns und wir gehen hinaus zu euch.“ So fasste Astrid Reinstadler, die Leiterin der Werkstatt für Menschen mit Behinderung in Prad, das Ziel zusammen, das sich das Werkstatt-Team auf die Fahne geschrieben hat. Was die Menschen mit Behinderung in der Werkstatt leisten, wie sie betreut und begleitet werden und welche Angebote ihnen zur Verfügung stehen, wurde am 27. Mai bei einem Tag der offenen Tür aufgezeigt. Unter dem treffenden Motto „Schaug amol“ konnten die Besucher einen Einblick in den Alltag der Werkstatt gewinnen, mit Klienten und Angehörigen ins Gespräch kommen und sich an Informations-Tischen über die Arbeit und das Wirken von Netzwerkpartnern der Struktur in Prad informieren. Der Arbeitskreis Eltern Behinderter (AEB) war ebenso vertreten wie die Integrierte Volkshochschule Vinschgau sowie weitere Partner und auch Freiwillige. „Großen Wert legen wir auf die Wahlfreiheit und Selbstbestimmung der Klienten“, so Astrid Reinstadler.
Persönliche Zukunftsplanung
Die persönliche Zukunftsplanung war das Thema des Vortrags- und Diskussionsabends, der bereits am Vortag stattgefunden hatte. Vor rund 30 Interessierten führten die Elternkursleiterin und Zukunftsplanerin Marina Kuppelwieser Pirpamer sowie Raphael Donati, Oberschüler, Nutzer der „Unterstützten Kommunikation“ und der persönlichen Zukunftsplanung, in das Thema ein. Ausgehend davon, dass jeder Mensch eigene Wünsche, Träume, Ziele und Vorstellungen hat, sei die persönliche Zukunftsplanung als eine neue Form der Unterstützung anzusehen. Dabei werden in Abgrenzung zu traditionellen Hilfeplanungen die Fähigkeiten und Stärken der Menschen mit Behinderung, aber auch die Begrenzungen, Ängste, Widersprüche und Hindernisse in den Mittelpunkt gerückt. Einen konkreten Niederschlag findet die persönliche Zukunftsplanung in der Werkstatt in Prad unter anderem dadurch, dass die betreuten Menschen unter mehreren Urlaubszielen selbst auswählen können.
Neue Dienstcharta
Vorgestellt wurde auch die neue Dienstcharta der Werkstatt und der Tagesförderstätte „Allegra“, aufgelegt von der Bezirksgemeinschaft Vinschgau (Sozialdienste). Insgesamt werden in der Struktur in Prad derzeit 33 Menschen betreut und begleitet. Die Klienten können in verschiedenen Arbeitsgruppen mitarbeiten. Die Gruppe „Arche“ arbeitet mit Pinsel und Farbe, die Gruppe „Flores“ mit Ton und Glasuren und die Gruppe „Sirrah“ mit Naturmaterialien aus Holz und Weiden. Die Mitglieder der Gruppe „Nova und Terra“ pflegen den großen Außenbereich der Werkstatt, während die Mitarbeiter/innen der Hauswirtschaftsgruppe für alle Hausarbeiten zuständig sind. Die Palette reicht vom Wäschewaschen und dem Servieren des Essens bis zu Reinigungsarbeiten. Der Name der sozialpädagogischen Tagesstätte „Allegra“ stammt aus dem Rätoromanischen. Er bedeutet: „Grüß dich“. In dieser Stätte können Menschen mit Mehrfachbehinderungen den Tag gut verbringen und anderen Menschen begegnen. 3 der 8 Plätze sind für Menschen im Rollstuhl vorgesehen.
Gruppenübergreifende Arbeit
Jeweils zweimal in der Woche arbeiten die Menschen mit Behinderung gruppenübergreifend in verschiedenen Arbeitsgruppen mit: Mal- und Schreibgruppe, Handwerkgruppe, Gartengruppe, Praktikumsgruppe sowie Tagesstätte „Allegra“. Im Rahmen der Praktikumsgruppe helfen die Klienten in Begleitung ihrer Bezugspersonen in Betrieben mit. Einer der Betreuten arbeitet derzeit einmal wöchentlich in einer Bar, ein anderer in einem Geschäft. Seitens der Betriebe gibt es positive Rückmeldungen. Weitere Betriebe, die bereit sind, Menschen mit Behinderung mithelfen zu lassen, sind willkommen. Zum vielfältigen Tätigkeitsprogramm der an mindestens 225 Tagen im Jahr geöffneten Werkstatt gehören außerdem Tanzen, Singen (auch in der Kirche), Tombola, Italienisch-Stunden, Ausflüge, Spiel- und Sportfeste, Feiern und andere Angebote mehr.
Druckfrischer Produktkatalog
„An Katalog brauchts, dass ma epes zan onschaugen und epes zan umanonder blattln hot. Im Katalog sein Bilder drin, Foto, Fotografien und inigschrieben weart a epes. Wenn die Leit epes brauchen, nocher kennen sie epes bstelln.“ So beginnt das originelle Vorwort des Klienten Norbert Stecher zum neuen Produktkatalog „Schaug amol“ der Werkstatt in Prad. Im Katalog sind Textilien, Mosaikwerke, Keramik, Bilder, Skulpturen, Flechtwerke, Arbeiten aus Holz und weitere Produkte der Menschen mit Behinderung abgebildet. Einzigartig sind nicht nur diese Werke, sondern auch die im Katalog zitierten Texte. Koordiniert hat den von der Bezirksgemeinschaft Vinschgau herausgebrachten Katalog Dietmar Raffeiner. Die Fotos hat Udo Thoma gemacht, der Sozialreferent der Gemeinde Prad. Neben Thoma sind u.a. auch die Tauferer Bürgermeisterin Roselinde Gunsch Koch, die Latscher Vizebürgermeisterin Sonja Platzer sowie der Prader Bürgermeister Karl Bernhart in die Werkstatt gekommen. Auch viele Betreute hatten sich bereit erklärt, dabei zu sein und mitzuhelfen, obwohl sie an Samstagen normalerweise nicht in der Werkstatt sind. Karin Tschurtschenthaler, die Direktorin der Sozialdienste in der Bezirksgemeinschaft, dankte allen, die zum Gelingen des Tages der offenen Tür beigetragen haben. sepp