„Schaut auf Gehirngesundheit“
Christian Wenter: „Es gibt viele Dinge, die wir alle tun können, um das Risiko von Demenz-Erkrankungen zu senken.“
Laas - Treppen steigen, zu Fuß gehen, laufen, neugierig bleiben, soziale Kontakte pflegen: Dies sind nur einige von vielen Maßnahmen, mit denen man im Alltag die Gehirngesundheit stärken und damit gegen Demenz-Erkrankungen vorbeugen bzw. den Ausbruch solcher Erkrankungen verzögern kann. Praxisnah und wissenschaftlich fundiert zeigte der ehemalige Geriater (Altersmediziner) Christian Wenter am 22. Oktober bei einem gut besuchten Vortragsabend im Wohn- und Pflegeheim St. Sisinius in Laas auf, was jede und jeder vorbeugend tun kann und auch sollte, um die Gesundheit des Gehirns vorbeugend zu schützen bzw. sie nicht zu beeinträchtigen. Dass Demenz kein unausweichliches Schicksal ist und vorbeugende Maßnahmen möglich sind, hatte der Verein „Demenzfreundlicher Vinschgau“, der den Abend veranstaltet hatte, bereits in der Einladung geschrieben. Das Gedächtnis zu verlieren, bedeute nicht nur, sich selbst zu verlieren, „es betrifft auch das Umfeld, die Angehörigen und die Gesellschaft als Ganzes. In einer alternden Gesellschaft wie der unseren, in der immer mehr Menschen an Demenz erkranken, ist es wichtig, eine unterstützende und wertschätzende Gemeinschaft zu schaffen,“ so das Credo des Vereins.
Was kann man ändern und was nicht?
Während mit dem Oberbegriff Demenz verschiedene Erkrankungen des Gehirns bezeichnet werden, ist Alzheimer eine neurodegenerative Erkrankung, die in ihrer häufigsten Form bei Personen ab dem 65. Lebensjahr auftritt und durch eine zunehmende Demenz gekennzeichnet ist. Charakteristisch ist eine zunehmende Verschlechterung der kognitiven Leistungsfähigkeit, die in der Regel mit einer Abnahme der Fähigkeit, die Aktivitäten des täglichen Lebens zu bewältigen, einhergeht. Zu den Demenz-Symptomen gehören Vergesslichkeit – insbesondere kurz zurückliegender Ereignisse –, Schwierigkeiten bei der Bewältigung alltäglicher Aufgaben, Sprach- und Orientierungsprobleme sowie Persönlichkeits- und Stimmungsschwankungen.
Alter, Geschlecht und Erbgut
Als nicht modifizierbare Risiko-Faktoren für Alzheimer nannte Christian Wenter das Alter, die Erbanlage sowie das Geschlecht. Mit rund 70 Prozent sind Frauen häufiger von Demenz-Erkrankungen betroffen als Männer. „Der größte Risikofaktor ist aber das Alter“, so Wenter und warf auch die Frage in den Raum: „Sind wir überhaupt dafür gebaut, 100 oder mehr Jahre alt zu werden?“ Auch wenn die Zahl der Demenz-Erkrankungen mit dem Alter stetig steigt, kann Demenz auch bei Menschen auftreten, die deutlich jünger als 65 sind.
14 veränderbare Faktoren
Besonders eingehend hat der Referent über jene 14 Risikofaktoren informiert, die veränderbar sind: „Wir haben viele Möglichkeiten, diese Faktoren, die rund 45 Prozent der Demenzfälle erklären, positiv zu verändern.“ Schützen und stärken kann man die Gehirngesundheit zum Beispiel mit ständigem und lebenslangem Lernen. „Viel Lernen in den Jugendjahren ist eine sehr gute Prävention”, so Wenter. Je mehr das Nervensystem im Entwicklungsalter gefördert und trainiert wird, „desto geringer ist das spätere Risiko für eine Demenz-Erkrankung.“ Ebenso wichtig sei ständiges Lernen auch im Erwachsenalter und im hohen Alter. Günstig beeinflussen kann die Gehirngesundheit auch guter Schlaf. „Wer ausreichend schläft, unterstützt aktiv sein Gedächtnis und kann das Risko für Alzheimer senken.“ Den täglichen Schlafbedarf bei Menschen im Alter zwischen 18 und 64 Jahren bezifferte Wenter mit 7 bis 9 Stunden und bei über 64-Jährigen mit 7 bis 8 Stunden. Beachtlich steigen kann das Demenz-Risiko für Menschen, die unter einem Hörverlust leiden, aber keine Hörgeräte tragen. Ähnliches gilt für Menschen mit einer Beeinträchtigung der Sehkraft.
Wie verringere ich das Demenz-Risiko?
Verringern lässt sich das Erkrankungs-Risiko, indem man auf das verzichtet, was dem Gehirn schadet, wie etwa das Rauchen oder der unbedachte bzw. übermäßige Alkoholkonsum. Das Rauchen sei gefährlicher als gedacht. Wenter: „Nicht von ungefähr wird derzeit auf EU-Ebene kontrovers über ein Verbot von Filterzigaretten diskutiert.“ Als Faustregel in Sachen Alkohol nannte der Referent 1 bis 2 alkoholische Getränke – egal welcher Art – pro Woche, sowie ein Monat Abstinenz pro Jahr.
Die Faktoren Stress und Einsamkeit
Ebenfalls zu den Risikofaktoren für eine Demenz-Erkrankung gehören Bluthochdruck, Zuckerkrankheit, erhöhtes LDL-Cholesterin, Luftverschmutzung, Fettleibigkeit und weitere Faktoren, sowie auch Einsamkeit, Depressionen und psychischer Stress. „Einsamkeit macht krank“, warnte Wenter, „und kann gleich gesundheitsschädlich sein wie das Rauchen von 15 Zigaretten am Tag.“
Bewegung, Bewegung, Bewegung
Als besonderes wichtigen Faktor im Sinne der Vorbeugung nannte Wenter eine ausreichende und regelmäßige Bewegung. Das kann Laufen oder Schwimmen sein, Radfahren oder Gehen, Tanzen oder einfach nur Treppensteigen, Gartenarbeit und anderes mehr: „Je mehr Schritte man täglich geht, desto geringer wird das Demenz-Risiko.“ Erwiesen sei mittlerweile, dass die Alzheimer-Krankheit bei Joggern 9 Jahre später einsetzt als bei Nichtläufern. Nicht unerwähnt ließ Wenter auch mögliche Beeinträchtigungen der Gehirngesundheit bei der Ausübung bestimmter Sportarten. Ehemalige Fußballprofis zum Beispiel hätten ein deutlich höheres Demenz-Risiko. Abschließend verwies der Referent darauf, „dass Vorbeugung bei der Alzheimer-Krankheit besonders wichtig ist.“ Den Versammelten gab er folgenden Rat mit nach Hause: „Das Wichtigste ist, zu beginnen. Fangen Sie irgendwo an und machen Sie es sich zur Gewohnheit.“