Kellermeister Stefan Kapfinger
Blick in den Keller

Vinschgau-Linie wächst

Vinschgau Riesling ist der Fünfte im Bund. Kellermeister Stefan Kapfinger spricht über das Weinbaujahr 2024, internationale Weinmessen, neue Herausforderungen und darüber, warum alpine Bergweine aus dem Vinschgau sehr geschätzt werden.

Publiziert in 9 / 2025 - Erschienen am 6. Mai 2025

der Vinschger: Kellermeister Stefan Kapfinger, welches Resümee über das Weinjahr 2024 kann die Kellerei Meran insgesamt und im Besondern über die Weinlese im Vinschgau ziehen?

Stefan Kapfinger: Das Weinbaujahr 2024 war in ganz Südtirol kein einfaches Jahr. Im Frühling führte der April zu einer frühen Sommerperiode, allerdings war es aber auch das regenreichste Frühjahr seit 1965, was zu einem geringeren Fruchtansatz führte und damit schlussendlich zu einer durchschnittlich um ca. 20% tieferen Erntemenge. Der August 2024 war temperaturmäßig ein Rekordmonat, wobei die Nachttemperaturen auffallend hoch waren. Der September brachte durchschnittliche Temperaturen, teils milde Herbstnächte und leider auch viel Niederschlag mit sich, was uns als Kellerei und unseren Mitgliedern eine hohe Flexibilität bei den Leseterminen abverlangte. Trotz des schwierigen Spätsommerwetters konnten die Trauben mit optimaler phenolischen Reife gelesen werden. Das Ergebnis lässt sich sehen: Der Jahrgang 2024 ist sehr fruchtig und mineralisch mit moderateren Alkoholwerten. Besonders die Weißweine und Blauburgunder stechen im Keller hervor.

Wie verlief die Vermarktung der Weine im Vorjahr und was bahnt sich für die Kellerei Meran im Hinblick auf die vieldiskutierte Zoll-Politik der USA an?

Die Produktionskosten bei Energie, Verpackung, Roh- und Hilfsstoffen sind stabil geblieben, aber die durch die Inflation geschobene Preiserhöhung bei den meisten Produkten des täglichen Bedarfs verursachte allgemein eine schwächere Kaufkraft. Es kam somit generell zu einem Rückgang der Verkaufsmengen in der Weinwirtschaft und die rückläufigen Verkaufsmengen durch weniger Alkoholkonsum - auch aufgrund schärferer Straßenverkehrskontrollen - und sparsamere Kunden waren und sind leider spürbar. Am internationalen Markt versuchen wir uns seit der Corona-Pandemie breiter aufzustellen. Russland, aber auch die USA bilden bei uns einen überschaubaren Exportanteil, sodass wir zwar auch die pönalisierende Handelspolitik spüren werden, aber durch andere Märkte hoffentlich erfolgreich kompensieren können.

Auf welche besonderen Höhepunkte des Weinjahres 2024 kann die Kellerei Meran zurückblicken?

Die Traubenlese für unseren Sektgrundwein im August 2024 war sicherlich ein Höhepunkt des Weinbaujahres. Alle Trauben wiesen exzellente Säure- und PH-Werte auf und wurden zum optimalsten Zeitpunkt gewimmt. Bei unserem Südtiroler Sekt nach der klassischen Methode (eine Cuvée aus ca. 70% Chardonnay, 20% Blauburgunder und 10% Weißburgunder) erwarten wir uns einen äußerst vielversprechenden Jahrgang 2024! Da unser Brut Riserva „36“ ganze 3 Jahre (36 Monate, daher auch der der Sektname) auf der Feinhefe reift, werden wir diesen außergewöhnlichen Tropfen erst 2028/2029 genießen können. 

Wie war die allgemeine Stimmung bei der heurigen Auflage der Vinitaly in Verona?

Die Stimmung war gut, sowie auch auf der Prowein, wo ich sehr viel Begeisterung für das Thema Wein gespürt habe. Allerdings hatte ich den Eindruck, dass auf der Prowein in Düsseldorf im März eine größere internationale Präsenz zu verzeichnen war als auf der Vinitaly, wo mir vorwiegend Interessenten aus dem italienischen Markt aufgefallen sind. Zum Thema internationale Weinmessen ist auch zu erwähnen, dass sich die relativ neue „Wine Paris“ - im Februar fand die 2. Auflage statt - langsam einen Namen macht bzw. wohl in Zukunft gerne zur größten, internationalen Fachmesse in der Weinbranche aufsteigen möchte.

Mit welchen Neuheiten wartete die Kellerei Meran im vergangenen Jahr auf und worauf können sich Weinliebhaberinnen und Weinliebhaber im heurigen Jahr freuen?

Letztes Jahr hatten wir unseren neuen Sommerwein vorgestellt, der uns auch dieses Jahr als Südtiroler Meraner DOC „Valerie“ den gesamten Sommer über begleiten wird: frisch, leicht, lebendig und voller Charakter. Diesen Frühling hatten wir Zuwachs bei unserer Vinschgau-Linie. Der neue Fünfte im Bunde, neben dem Vinschgau Weißburgunder, Vinschgau Kerner, Vinschgau Vernatsch und Vinschgau Blauburgunder, ist der Vinschgau Riesling. Als anspruchsvolle Rebsorte reifen die Riesling-Trauben sehr spät und genießen die geballte Sonneneinstrahlung auf den kargen und verwitterten Urgesteinsböden des Vinschgau. Nur die besten Trauben, handgelesen, werden einer schonenden Ganztraubenpressung unterzogen und anschließend im Edelstahl und in Tonneaux zu alpiner Raffinesse ausgebaut. Dieser neue „Vinschger“ Botschafter ist ein Weißwein mit sehr viel Charakter und großem Reifepotential.

Wie wichtig sind die Weinbauern aus dem Vinschgau für Ihre Kellerei? 

Filigrane, alpine Bergweine aus dem Vinschgau werden vor allem in Italien sehr geschätzt. Diese Linie aus unserem Produktsortiment liegt mir sehr am Herzen, deshalb freut es mich besonders, dass wir unsere Vinschgau-Linie mit einem weiteren „Vinschger“ ausbauen konnten. Das war natürlich nur in enger Zusammenarbeit und Absprache mit unseren Mitgliedern aus dem Vinschgau möglich. Selbstverständlich sind  auch weitere Mitglieder aus dem Vinschgau willkommen.

Wie ist es derzeit um die Qualität der Vinschger Weine bestellt?

Auf den kargen, verwitterten Gesteinsböden und aufgrund der oft extremen Wetterbedingungen im Vinschgau ist es umso wichtiger, dass nur geeignete Traubensorten angebaut werden. Daran halten wir uns und es zahlt sich aus. Dabei müssen sehr viele Faktoren beachtet werden: Sonneneinstrahlung, Mikroklima, Bodenbeschaffung usw., speziell auch im Hinblick auf die sich in den letzten Jahren verändernden Klimabedingungen. Die Arbeit unserer Weinbauern in den steilen Hängen und an den Terrassenlagen war und ist bis heute harte Handarbeit. Jeder Tag ist eine Herausforderung. Mit viel Leidenschaft, Fleiß und Zeitaufwand erhalten wir im Herbst bestes, streng selektioniertes Lesegut, das dann im Keller zu qualitativ hochwertigen und bemerkenswerten Botschafter alpiner Bergweine veredelt werden können. 

Wo orten Sie die derzeit größten Herausforderungen für die Weinbauern?

Die Klimaerwärmung und die damit verbundenen Konsequenzen, die wir teilweise bereits zu spüren bekommen, wie Dürreperioden, intensive Niederschläge, erhöhter Pilzdruck usw. sowie die fortschreitende Globalisierung mit Verbreitung neuer Schädlinge, stellen uns als Kellerei und unsere Mitglieder vor neuen Herausforderungen.Dabei wird sich wohl in nächster Zeit der Trend verstärken, dass man Weißweinsorten für die Zukunft vermehrt in der Höhe anbauen wird und sich im unteren Talbereich zwischen 300 und 450 Höhenmeter mehr die Rotweinsorten etablieren werden. Die Auswahl der passenden Rebsorte an den jeweiligen Standort wird diesbezüglich immer wichtiger.

Ist man gegen das Auftreten neuer Schädlinge gewappnet?

Der Südtiroler Beratungsring und das Versuchszentrum Laimburg verfolgen seit Jahren Forschungsarbeit für eine erfolgreiche Schädlingsbekämpfung und verzeichnen äußerst gute Fortschritte. Neue Schädlinge sind zu Beginn immer eine Herausforderung, da oft keine Nützlinge als Gegenspieler vorhanden sind. Durch die Globalisierung wird die Frequenz neuer Schädlinge außerdem immer kürzer. Aufgrund der Klimaerwärmung finden sie auch idealere Bedingungen vor und vermehren sich damit schneller. Durch unsere Kleinstrukturierung sind wir aber gut aufgestellt und sehr wachsam. Eine schnelle Erkennung und entsprechend kurze Reaktionszeiten vermeiden meistens, dass es zu größeren Ausbreitungen kommt.

Lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt schon sagen, wie das heurige Weinjahr wird?

Es ist schwierig Prognosen zu stellen, zumal das Weinbaujahr erst mit der erfolgreichen Ernte der Trauben als „abgeschlossen“ betrachtet werden kann. Dabei sind viele Faktoren in Betracht zu ziehen, das allgemeine Wetter im Verlauf des Weinbaujahres und eventuelle spezifische aufkommende Ereignisse wie unvorhergesehene Wetterkapriolen, sprich Regenphasen, Hitze- und Dürreperioden, Hagel usw., aber auch Schädlings- und Pilzbefall. Aktuell können wir sagen, dass dieses Jahr bisher keine besonderen Frostvorkommnisse gemeldet wurden. Das ist schon mal gut. Der Austrieb - im durchschnittlichen Jahresvergleich - ist etwas verzögert, was aber aktuell keine wirklichen Rückschlüsse zulässt.

Josef Laner
Josef Laner

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