Karl Platino, genannt „Onkel Taa“ Jahrgang 1947: „A pissl besser sain isch ollm guat, deis isch schun pan Wein asou“.

Der "Hilber Taa" wird "Schneckenkaiser"

Publiziert in 4 / 2004 - Erschienen am 26. Februar 2004
Es scheint fast so, als spiegle sich Karls außergewöhnliche Wesensart mit Humor, Witz und der Neigung zu Besonderheiten auch in den Namen wider, die ihn begleiten. "Hilber Taa" rief man ihn in seinem Heimatdorf Kuens, weil er als Knirps den Namen Karl nur als "Taa" aussprechen konnte. Sein Familienname "Platino" ist die italienische Übersetzung für "Platter". Karls Familie, 1939 zu den "Dableibern" gehörend, hatten man diese tolomeiische Wortfindung übergestülpt. Fünf seiner Geschwister machten die Zwangstaufe später rückgängig, sechs versäumten es, darunter auch Karl. "Miar elf Gschwister hoobm zwoa verschiedene Schreibnamen", lacht er. Ihn bekümmerte das nie sonderlich. Er war lange als Handelsvertreter in Europa unterwegs, ein Weltenbummler mit wenig Sinn für Kleinkariertes, dafür aber mit einem Riecher für gute Geschäfte. Besonders leidenschaftlich frönte er den kulinarischen Genüssen. Die Esskulturen anderer Länder beeindruckten ihn. "A guater Esser bin i schunn dahoam gweesn", sagt er und schwärmt von den Kochkünsten seiner Mutter. Sie sei seine erste Lehrmeisterin gewesen. In der Fremde zog es ihn oft in noble Restaurants. So manchem Spitzenkoch schaute er über die Schulter und entlockte ihm Geheimnisse. Auf diese Weise bildete er sich selbst zum Koch aus. Eine ganz besondere Liebe entwickelte er für alte Gebrauchsgegenstände, die verstaubt auf irgendwelchen Dachböden dahinschlummerten. Immer wieder gelang es ihm, einzigartige Stücke zu erwerben. Schon bald waren es so viele, um ein ganzes Museum zu füllen. Doch vorerst hortete er die Sachen zu Hause. In den 70er Jahren übernahm er den "Würstelhans" in Sinich und nannte sich in Anlehnung an den "Hilber Taa" dann zum ersten Mal "Onkel Taa". Schon kurz darauf erwarb er "auf Pump" das heruntergekommene "Bad Egart" in Töll, einst ein Heilbad. Das Anwesen war für ihn der richtige Ort, um Kulinarisches mit Musealem zu verbinden. Er entwickelte die "anonyme Architektur". So nennt er seine eigenwillige Bauweise. In Eigenregie begann er seine oft ausgefallenen Ideen umzusetzen. Er plante, sanierte, richtete ein, jahrelang. Anfangs der 80er Jahre eröffnete er dann das sonderbar anmutende, nostalgische Restaurant mit labyrinthähnlichen Gängen, Winkeln und Ecken, ausgestattet mit verschiedensten Raritäten. Eine Kostbarkeit ist die Habsburger-Stube. Die Gäste speisen neben alten Herden, Kellen und Pfannen, neben Büsten, dem Glockenwerk aus Graun, Hellebarden, Münzen, Puppenwagen, einem Ötzi-Gerippe, Gemälden, Autogrammkarten und vielem mehr. Die wohl berühmteste Unterschrift stammt von Giulio Andreotti. Ein leichter Schauer läuft einem über den Rücken, wenn man zu einem Teich gelangt, in dem sich unzählige Flusskrebse tummeln. An den antiken Balken hängen an die 3500 verschiedenste Schlüssel. Seine Tochter Janett unterstreicht, dass ihr Vater immer sofort merke, wenn einer nicht an seinem Platz sei. Sie und ihre Mutter Marianne verbringen viel Zeit mit Abstauben. Das ist gleichzeitig auch eine Art Kontrolle. Ein größeres Malheur passierte beim Erdbeben vor zwei Jahren. Damals seien die meisten Schlüssel zu Boden gefallen, erzählt Karl. Auch acht neue Quellen seien hinter dem Haus aus den Felsen herausgeschossen und hätten eine wahre Überschwemmung verursacht. Bad Egarts Lebensadern waren einst die Mineralquellen. "Onkel Taa" setzt nun auf neue Wasser-Vermarktungsstrategien. Die wohl originellste Form ist das erotische Abendessen für Liebende in einem mit Wasser gefülltem Zuber. Und sollte es in der Beziehung dann doch krachen, steht die hauseigene "Versöhnungskapelle" zur Verfügung und ein geweihter Messwein. Er könne auf Wunsch sogar den päpstlichen Segen weitergeben, rühmt er sich, den er selbst im vergangenen Juni bei der Audienz im Vatikan erhalten habe. An überragenden Einfällen fehlt es dem "Onkel Taa" nie. Vor Jahren gründete er beispielsweise den "Wilderer Verein". Zwanzig Männer treffen sich seither einmal im Monat, jeder bestückt mit schwarzem Hut, Rucksack und Schürze. "Miar gean obr lai afn Stöckelwild", beruhigt Karl, "odr af di Schneggn". Die Weinbergchnecken, von ihm schmackhaft zubereitet, wurden schon vor Jahrzehnten zum Markenzeichen für den "Onkel Taa", und daran hat sich bis heute nichts geändert. Er züchtet sie nun zentnerweise neben dem Haus. Ihnen hat er die Auszeichnung "Goldene Schnecke" zu verdanken und einen weiteren Namen, nämlich den des "Schneckenkaisers".
Magdalena Dietl Sapelza

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