Eduard Gamper, Fasnachtfiguren 1920 aus dem Buch Musikkapelle Laas 1842-1992

Der Lourd-Schneider Eduard Gamper

Publiziert in 20 / 2006 - Erschienen am 27. September 2006
Eduard Gamper und die sagenhafte Schneiderwerkstätte in der Trujegasse in Laas: Was sich in solch einer Dorfschneiderei in den Jahren 1920 bis 1940 alles abspielte, passte auf keine Kuhhaut. Mein Vater Eduard war nicht nur ein guter Schneider sondern auch ein Theaterspieler und Komödiant sondergleichen. Alles was Rang und Namen hatte ging in der Schneiderwerkstätte aus und ein. Es war auch im wahrsten Sinn des Wortes eine „Huangartn Stube“ (abendliches Beisammensein). Friedl, mein ältester Bruder, Jahrgang 1917, hatte beim Vater das Schneiderhandwerk gelernt. Dadurch war er in der Werkstätte für meinen Vater eine große Hilfe. Natürlich waren beide auch bei der Laaser Musikkapelle. Durch ihr Fachwissen und ihre Freundlichkeit waren sie im Dorf sehr beliebt. Wie ich früher schon berichtete, war die Schneiderwerkstatt im Haus Emil Lechner untergebracht. Emil war ein täglicher Gast in der Schneiderwerkstätte. Er war nicht nur der Hausbesitzer, sondern auch der Radio, welcher sich in der Schneiderwerkstätte befand, war sein Eigentum. Natürlich konnte der gute Mann nicht Tag und Nacht vor dem Radio sitzen. So war es ihm ein Ärgernis, wenn er einmal nicht da war und andere Leute haben sein Radio eingeschaltet. Es kam dann soweit, dass er sich einen Radioschrank anfertigen ließ. Natürlich mit Absperrschloss damit man nur Radio hören kann, wenn er da war. Aber die Burschen hatten natürlich irgendwann einen zweiten Schlüssel angefertigt. Ein Kollege hatte seinen Stammsitz ganz nahe beim Radio. Seine Tugend oder Gewohnheit war das Nasenbohren. Mit der heruntergeholten Materie ging er immer sehr sparsam um. Er „wuzelte“ immer längere Zeit mit zwei Fingern herum, bis er eine kleine runde Kugel hatte. Da nicht allzuviel aus dem „Kumpf“ oder Riecher zuholen war, hat er sich im Radioschrank auf einer Leiste ein paar Kugeln auf Reserve gelegt, welche er bei Bedarf wieder nach oben in die Nase schob. Manchmal hatte der gute Mann für den nächsten Abend vorgesorgt und wenn der Nasenbohrer nach Hause ging, konnte man sich das Gelächter und die Gaudi der noch Anwesenden vorstellen. Da kam einer auf die Idee und sagte, wenn der mit den Nasenbollen so sparsam umgeht, so müssen wir einwenig nachhelfen. Mein Vater saß auf dem Schneidertisch und flickte an einer Lodenhose herum und meinte zu dem guten Vorschlag: „Du, daneben in der Rumpelkammer sain Mausgogglen gnuog“. Lechner Willi meinte dann aus der Männerunde heraus, „Eduard du hast wieder einmal den besten Einfall.“ Bald gingen die Burschen an die Arbeit und hatten aus Mäuseendprodukten ein paar schöne „appetliche“ runde Kugeln für den nächsten Abend vorbereitet. Als es soweit war, ist natürlich die Spannung in der Werkstätte gestiegen. Und siehe da, der Nasenbohrer ließ nicht lange auf sich warten und nahm das größte Stück vom Radio und steckte es mit Hochgenuß in die Nase hinauf. Da aber die Kugel ein wenig zu groß geraten war, musste der Mann ein wenig nachhelfen, indem er mit der Nase kräftig Luft einschnaufte. Nun ging alles so schnell, die kostbare Kugel verirrte sich in der Nase nach oben in die Nasenhöhle - durch den Rachen und von dort in den Magen. Allerdings musste er noch mit einem Schluck Wasser nachhelfen. Da in der Werkstätte kein Laufbrunnen war, trank er einfach aus einer Schüssel, welche nur zum Händewaschen da war. Ich erinnere mich heute noch an einige ältere Laaser, die in der Schneiderwerkstätte fast täglich ein und ausgingen. Manchmal ging ich nach der Schule in die Werkstätte, dort hatte manchmal ein Kumpel die „Spendierhose“ an und schickte mich zum „Klas“ um ein Stück Gorganzola und einen Doppelliter Wein zu kaufen. Ich durfte natürlich auch bei der Marende dabei sein. Meine Schwester Liesl und ich wollten gerade nach Hause gehen, da kam noch der Kobalten Heinrich zur Tür herein und sagte zur Liesl: „Du Madele, i schenk d‘r an Honig“ und griff in die (saubere) Hosentasche und brachte einen knödelartigen kristallisierten Bollen Honig zum Vorschein. Seinerzeit hatte man sich auf diese Art unterhalten, heute gibt das „Patsch‘nkino“ (Fernseher). Norbert Gamper, Dornbirn - Laas Juni 2006

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