Mario Pinggera, Pfarrer und Chorleiter in Müstair, feiert am 15. Juni 2003 in Lichtenberg seine "Heimatprimiz". Mario: "Das Priesterbild muss ehrlich und glaubwürdig sein und den Veränderungen der Gesellschaft Rechnung tragen". Familiengeschichte: Marios Großvater verließ mit s einer Familie in der Optionszeit den Vinschgau und ließ sich in Österreich nieder. Marios Vater Wolfgang (Jg.1930) absolvierte eine Ausbildung zum Ingenieur für Großküchen und Abwassertechnik und fand Arbeit in einer Firma in Offenburg (Schwarzwald). Er heiratete Frieda Kneissl, die er beim Skifahren im Ötztal kennen gelernt hatte. Mario kam am 6. Mai 1969 zur Welt. Er blieb einziges Kind. Während all der Jahre pflegte die Familie die Beziehungen zu Lichtenberg.

"Es ruft jemand"

Publiziert in 11 / 2003 - Erschienen am 5. Juni 2003
Der Unfall auf der Offenburger Straße war für den damals achtjährigen Mario ein Schlüsselerlebnis auf dem Weg zu seiner Berufung zum Priester. Nachdem ihn ein Auto überfahren hatte und er schwer verletzt am Boden lag, sah er für Augenblicke ein helles Licht, das ihn wohlig umhüllte und ihn mit einem angenehmen Gefühl der Leichtigkeit umgab. Er vernahm die Stimme eines Retters, der sagte: „Den sehen wir sowieso nicht mehr“. Im Krankenhaus stellte sich dann heraus, dass er mit Prellungen davon gekommen war und keinen einzigen Knochen gebrochen hatte. Dabei war ein Wagenrad über sein Bein gerollt. Die Ärzte konnten sich das ganze nicht erklären. “Seither weiß ich, meine Zeit sollte noch nicht zu Ende sein”, sagt er. Er entwickelte daraufhin eine besondere Verbundenheit zu Gott. Diese Verbundenheit besiegelte er am 4. April 2003 mit seiner Weihe in Maria Einsiedel. „Es ruft jemand“, so beschreibt er seine Berufung, „und es ist ganz konkret. Es ist die Erfahrung, dass man nicht allein ist, dass Jesus einen begleitet und sich plötzlich neue Türen auftun, wenn man mit dem Rücken zur Wand steht.“ Marios Wurzeln liegen in Lichtenberg. Er lebte mit seinen Eltern zwar in Offenburg, doch seit Kindertagen verbrachte er die Sommermonate jährlich im Vinschgau. Mit Gleichaltrigen hütete er Kühe und war auch Lausbubenstreichen nicht abgeneigt. Marios musikalisches Talent zeichnete sich schon als Kind ab. Er hatte es von seinem Lichtenberger Großvater geerbt. Bereits als Neunjähriger übte er am Klavier und an der elektronischen Orgel. Sein Betätigungsfeld war anfangs die Unterhaltungsmusik. 1984 drückte er erstmals die Tasten einer Kirchenorgel. Es war Liebe auf den ersten Blick. Die Klänge, die mystische Stimmung in der Kirche faszinierten ihn. „Seither habe ich das andere nicht mehr angerührt“, betont er. Mit vierzehn Jahren gab er seinen ersten Orgelunterricht, um sich das Taschengeld zu verdienen. Finanzielle Mittel waren knapp bemessen, nachdem seine Eltern ein altes Haus in Lichtenberg gekauft hatten, das sie nach und nach sanierten. An der Orgel entwickelte sich Mario zu einem Meister des Faches. Er erhielt bereits 1987 den “Offenburger Musikpreis”. Er studierte Kirchenmusik in Rottenburg und bewarb sich zusammen mit sechzig anderen Musikern erfolgreich um einen der drei Studienplätze an der „Hochschule für Musik und darstellende Kunst“ in Frankfurt. 1996 schloss er mit dem Staatsexamen ab. Der plötzliche Tod seines Vaters 1994 brachte Mario aus dem Gleichgewicht. Er wusste nicht mehr, wie er sein Studium finanzieren sollte. „Und wieder tat sich eine Tür auf”, erzählt er. In Seligenstadt erhielt er eine Organistenstelle. Die Zeit in der südhessischen Stadt empfindet er als die bislang schönste. Eingebettet in ein riesiges kulturelles Angebot machte er im musikalisch künstlerischen Bereich einen großen Sprung. Auf seinem Weg hin zum Orgelvirtuosen blieb der Wunsch Priester zu werden sein Begleiter. 1997 entschied er, Theologie zu studieren und zog nach Freiburg in die Schweiz. Auf das Zölibat angesprochen antwortet Mario: „Ich hatte bis zum 33. Lebensjahr Zeit, darüber nachzudenken und konnte nun das Versprechen eingehen”. 2001 wählten ihn die Münstertaler zu ihrem Pfarrleiter. Sie feierten mit ihm heuer dann Priesterweihe und Primiz. In der "Winterkirche" von Müstair gelingt es ihm gut, die Eucharistiefeier mit dem Orgelspiel zu verbinden, denn das Instrument steht direkt neben dem Altar. Seine Aufgabe als Pfarrer sieht er in erster Linie darin, für die Menschen da zu sein. Mario freut sich nun auf seine "Heimatprimiz" in Lichtenberg, dort wo sein Vater begraben liegt und wo seine Mutter Frieda lebt. Bei ihr fährt er regelmäßig mit seinem Motorrad vor. Auto hatte er nie eines besessen. Auf dem “heißen Stuhl” legt er jährlich über 30.000 Kilometer zurück. Im Straßenverkehr reagiert er auf alles sehr sensibel. Er fährt bedächtig und besonnen. „Man muss dem Schutzengel eine Chance geben“, lacht er. Der Unfall hat nicht nur seinen Lebensweg geprägt, sondern auch seinen Fahrstil.
Magdalena Dietl Sapelza

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