„Guat bundn isch guat gfohrn“
Publiziert in 23 / 2006 - Erschienen am 18. Oktober 2006
Mals/Langtaufers – Viele sammeln Briefmarken oder Münzen, nicht wenige horten alte Geldscheine oder Bierdeckel und einige sind sogar hinter Polizeihüten oder Schmetterlingen her. Den Alois Weger aus Mals hat eine besondere Sammlerleidenschaft gepackt. Seit der ehemalige Enel-Arbeiter und langjährige Leiter des Bergrettungsdienstes Mals im Ruhestand ist, vergeht kaum ein Tag, an dem er nicht Freunde, Bekannte oder auch weniger Bekannte anspricht und allen dieselbe Frage stellt: „Hosch net a poor olte Ski afn Dochbodn?“. Mehr noch als auf historische Skier hat es Alois Weger auf alte Skibindungen abgesehen.
Er hat sich vorgenommen, möglichst viele der Skibindungen, die im Laufe des 20. Jahrhunderts entwickelt wurden, zu sammeln. Zumal der jetzt 62-Jährige schon als Kind immer auf dem Watles Ski gelaufen ist, kennt er sich in der Materie schon seit vielen Jahrzehnten aus. Einen Lift gab es auf dem Watles damals noch nicht. Alois Weger: „Wir sind daher nicht Ski gefahren, sondern Ski gelaufen, wie man es heute von den Tourengehern sagen könnte.“ Wer einen Blick in seine vielen Keller- und Dachbodenräume in Mals wirft, glaubt zunächst, es breche das Chaos über ihn herein: Skier links und Skier rechts, Bindungen oben und Bindungen unter. Der „Meister“ aber kennt sich in seinem „Chaos“ aus und hat die besten und rarsten Stücke sofort zur Hand.
Alois Wegers besonderer Stolz sind ein paar uralte Holzskier samt Bindungen, die ihm kürzlich Albin Stecher aus Langtaufers (Zur Schmiede) geschenkt hat. „Diese Skier, von denen ich noch ein zweites Paar besitze, stammen aus dem Ersten Weltkrieg. Ich habe sie von meinem Vater bekommen,“ erzählt Albin Stecher dem „Vinschger“. Diese Skier sind mit Bilgeri-Bindungen ausgestattet. Die Bilgeri-Bindungen tragen den Namen ihres Erfinders Georg Bilgeri (1873 in Bregenz geboren und 1934 bei Innsbruck gestorben).
Er war k. u. k. Offizier, Bergsteiger uns Skipionier. Bis 1918 war er maßgeblich an der Ski- und Alpinausbildung der Armee beteiligt. Bilgeri überwand den um 1900 bestehenden Gegensatz zwischen Lilienfelder und „Norweger“ Skifahrtechnik (Christiania, Telemark) und verhalf Zweistocktechnik und Stemmfahrweise zum Durchbruch. Er entwarf die erste Skibindung, die auch zum alpinen Skilauf geeignet war. Eine spezielle Federung machte sie auch für militärische Zwecke einsetzbar: ihr Träger konnte sich ungehindert bäuchlings fallen lassen und so auch im Liegen schießen.
Nur etwas zögerlich zieht der 71-jährige Albin Stecher ein Diplom aus der Schublade, das es ihm „gestattete“, ab der 2. Hälfte der 50er Jahre bis herauf in die 70er Jahre als „heimlicher Skilehrer“ im Oberland tätig zu sein. Der „Alpino Stecher Albino“ hatte nämlich beim Militärdienst, den er im Aostatal absolvierte, erfolgreich einen Hilfsskilehrerkurs belegt. Als die Carabinieri später überprüften, ob er ein regulärer Skilehrer sei, zog er sein „Diploma“ aus der Tasche und die Ordnungshüter gaben sich damit zufrieden.
Albin Stecher erinnert sich noch gut an seine Skilehrerzeit und an die Anfänge des Skilaufs im Oberland. Damals gab es noch den Bügellift Klopair. Pionierarbeit im Skilauf hat unter anderem Hansi Klöckner geleistet. Von 1970 bis 1998 lebte Albin Stecher in Deutschland und war dort im Holzgroßhandel tätig. 1998 kehrte er in seine Heimat Langtaufers zurück.
Alois Weger ist überglücklich, dass ihm Albin Stecher die alten Skier geschenkt hat. Ausgehend von den Bilgeri-Bindungen sowie von historischen Kandahar- und Marker-Skibindungen und noch vielen weiteren Bindungen späterer und auch neuerer Zeit ist er jetzt imstande, die Entwicklungsgeschichte der Skibindungen im gesamten 20. Jahrhundert mehr oder wenger lückenlos darzustellen. Alois Weger trägt sich mit dem Gedanken, eine Art Museum einzurichten. Es ist nicht ausgeschlossen, dass er einen Teil seiner wertvollen Sammlerstücke in absehbarer Zeit öffentlich ausstellt. Von den Bilgeri-Bindungen ist er deshalb so begeistert, weil diese dank der Spannfeder ihrer Zeit weit voraus gewesen und von der Technik her den modernen Tourenbindungen ähnlich seien. Die Entwicklungsgeschichte der Skibindungen ist höchst interessant. Sie spiegelt die ganze Palette der Befestigungsarten des Schuhs am Ski wider: fixe Befestigung, Langriemen, Drehteller usw. An die Langriemen-Bindungen erinnern sich Albin Stecher und Alois Weger noch gut. „Guat bundn isch guat gfohrn,“ hat es laut Stecher damals immer geheißen. Wie es ist, wenn einem die Skier bei jedem Sturz um die Ohren fliegen, wissen beide. Es hat einige Zeit gebraucht, bis die Sicherheitsbindung den Markt eroberte. Dank dieser Technik löst die Bindung bei einer bestimmten Krafteinwirkung automatisch aus und der Ski trennt sich vom Schuh.
Besonders nach dem Aufkommen der Carvingski landen alte Skier und Bindungen in großer Zahl auf dem Müll. Wer besonders alte Skier oder Bindungen auf eine andere Art loswerden will, kann sich an Alois Weger wenden (Tel.: 335 7185123).
Josef Laner