„Habe schon immer gerne geschrieben!“
Publiziert in 22 / 2009 - Erschienen am 10. Juni 2009
St. Moritz – Bereits in der Schule habe sie gerne Aufsätze geschrieben und ihr Traum war es, einmal zu studieren. Aber das Leben meinte es anders mit ihr: Studiert hat sie nicht, aber sie ist eine bekannte Journalistin und Autorin geworden. Die Rede ist von der 88-jährigen Marcella Maier aus St. Moritz, einer zierlichen Frau mit weißem Haar, die immer noch schreibt, gerne unter Leuten ist und wachsam das verfolgt, was um sie herum geschieht.
Dank Ernst T.A. Schweizer vom „Swiss-Historic-Hotel Chasa de Capol“ in Sta. Maria konnte „Der Vinschger“ Marcella Maier kennen lernen. Er war es auch, der der Schreibenden das Buch „Das grüne Seidentuch“ von Marcella Maier in die Hand gedrückt hatte. Nach der fesselnden Lektüre dieses Buches kam es zur Begegnung mit der Autorin. Im Buch gibt es viel Autobiografisches, da es um eine Familiensaga geht, genauer um das Leben von vier Generationen von Frauen, der Vorfahren von Marcella, im Hintergrund zweier abgelegenen Bergtäler, Engadin und Bergell. Die ersten beiden Frauen Alma und Lisabetta wurden früh Witwen, den anderen beiden, Maria und Nina, wurde das Leben aus anderen Umständen schwer gemacht, Marcella Maier hat ihren Mann vor 30 Jahren verloren (1979), erzählt sie. Sie hat vier Töchter und fünf Enkel, drei Töchter leben in ihrem Haus, die vierte auswärts. Die Familie habe ihr immer schon Halt gegeben, auch heute noch, betont Maier. Für sie sei es nicht immer leicht gewesen, schwierige Zeiten hatte auch sie durchlebt. Aber ihr Mann stand immer hinter hier. Auf die Frage, ob sie die Familiensaga geschrieben habe, um die Schicksale aufzuarbeiten, antwortet sie entschieden mit nein. Sie habe das Jammern nie gelernt, auch ihre Mutter nicht, genauso wenig wie ihre Großmutter. Marcella Maier war froh, die Schulen mit dem Handelsdiplom abgeschlossen zu haben, sie hatte sich dann in Genf und Italien aufgehalten, um die Sprachen zu lernen, war im Gastgewerbe tätig und im Verkauf, dann Sekretärin beim Kur- und Verkehrsverein St. Moritz. 1947 hatte sie ihren Mann Duri geheiratet, arbeitete in der Schreinerei mit und war ab und zu journalistisch tätig. Als die Töchter älter wurden, baute sie diese Tätigkeit aus. Sie schreibt vor allem über Lokalgeschichte, Tourismus, Frauenfragen und Soziales. Sie war auch über Jahre politisch engagiert. Marcella kannte die wichtigsten Ereignisse ihrer Vorfahren aus der mündlichen Überlieferung. Sie machte sich Notizen, es entstanden Fragmente. Der Verleger vom „Montabella“- Verlag war so begeistert, als er die Zeilen las, dass das Buch quasi „über Nacht“ im Jahr 2005 entstand, erzählt Marcella. Der Münchner Piper-Verlag hat es im vergangenen Jahr als Taschenbuch herausgegeben und bis Ende dieses Jahres soll es in das Italienische übersetzt werden. In „Das grüne Seidentuch“ beschreibt Marcella Maier auch den Aufstieg von St. Moritz zur Touristenhochburg, schöne Naturbeschreibungen sind ebenso darin zu finden. „Ich bin ein starker Naturmensch“, sagt sie dem „Vinschger“. „Diese wunderbaren Wälder, die wir hier haben“, schwärmt sie. Auf die Frage, was sie einem jungen Menschen mit auf dem Weg geben möchte, sagt sie: „Dort, wo dein Leben dich hinstellt, gib’ dein Bestes“. Mit mehr Liebe und mehr Geduld laufe das Leben rund, fügte sie hinzu. Eine Frau brauche eine gute Gesundheit und eine gute Psyche.
Das Mili-Weber-Haus in St. Moritz
Die Journalistin und Autorin Marcella Maier (siehe eigenen Bericht) führte durch das Mili-Weber-Haus in St. Moritz. 1975 hatte Mili Weber selbst, drei Jahre vor ihrem Tod, eine Stiftung gegründet, deren Aufgabe es ist, ihr Werk zu bewahren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das Haus ist ein besonderes, so wie Mili Weber wohl auch eine besondere Person gewesen sein mag. Es besteht aus mehreren kleinen Zimmern, und jedes davon ist künstlerisch von Mili Weber gestaltet. Im Treppenhaus hängen die Bilder ihrer Halbschwester Anna Haller. Sie war es auch, die Mili in ihrem künstlerischen Talent bestärkt und gefördert hatte, erzählte Maier. Besonders die Natur hatte es Weber angetan, und sie malte eine Serie von Aquarellen, eben Bildgeschichten aus der Natur, aber nicht nur. Sie verzierte etwa einen Schrank und bemalte ihr Bad. Zudem hatte sie zum Beispiel sehr schöne Puppenhäuser minutiös geschmückt sowie die sogenannte Vierjahreszeiten-Decke bemalt. Wofür sie überdies bekannt war, war die Tatsache, dass sie nicht nur zu Menschen, aber auch zu Tieren und Wildtieren besonders nett war, so zu Hirschen und Rehen. Während des Besuches des „Vinschgers“ im Haus, setzte sich plötzlich ein Eichhörnchen auf den Fenstersims und fraß ohne Scheu. Dies geschah, als Maier das letzte angefangene Bild der Malerin erklärte, das sie aufgrund einer Augenkrankheit nicht mehr beenden konnte. Das besondere Haus liegt am Waldrand, oberhalb des östlichen Endes des St. Moritzersees. Mili Weber war am 1. März 1891 in Biel geboren und hatte schon früh begonnen zu zeichnen, zu malen und Geschichten zu illustrieren. Begeistert erzählte Marcella Maier dem „Vinschger“ von Mili Weber. Alles hier wiederzugeben würde den Rahmen sprengen. „Liebe und Licht – das sind die zwei zentralen Begriffe, die als Leitmotiv das Werk von Mili Weber prägen“, schreibt Marcella Maier im Katalog anlässlich der Jubiläumsausstellung 1991, dem 100-jährigen Geburtstag dieser außergewöhnlichen Künstlerin.
Daniela di Pilla