Aloisia Plangger geb. Padöller am Ufer des Reschenstausees, wo sich früher die Hofstelle des Greinhofes befand.

’S hot g’miaßt weitrgean

Publiziert in 9 / 2005 - Erschienen am 12. Mai 2005
Fünf Minuten zur Kirche und fünf Minuten zum Laden: Mitten im Dorf Reschen ist Aloisia Padöller aufgewachsen. Als die jetzt 82-Jährige am 27. November 1952 Franz Plangger heiratete und zum abgelegenen Greinhof an der Weststeite des Reschenstausees zog, fühlte sie sich von der Außenwelt abgeschnitten: „Koan Weg, koan Strom, koan Wossr“. Über diese Hürden aber kam die Familie, der alsbald drei Mädchen und zwei Buben entsprossen, hinweg. Viel härter schlug das Schicksaal 1980 zu, als die zwei Söhne im Stausee ertranken. Vier Jahre später starb Franz Plangger, der über den Tod der zwei Söhne nie hinweggekommen ist. Für Aloisia folgte ein schwere Zeit als Witwe. Sie sagte sich, dass es weitergehen musste und sie wollte nicht, „dass oll’s z’grund geat“. Das Leben am Greinhof war schon seit jeher schwer. Noch gut erinnern kann sich Aloisia, wie sie am 1. Februar 1953, als sie mit ihrem Mann zu Fuß den See überquerte, bis zur Achselhöhe im Stausee einbrach. Die schönsten Wiesen des Hofes waren der Seestauung zum Opfer gefallen. Geblieben waren fast nur steile, schwerlich zu bearbeitende „Roanr“. Franz Plangger hatte zudem den „gonzn Kriag“ mitgemacht. Fünf Kindern brachte Aloisia zur Welt: 1953 wurde Bernhard geboren, 1955 Maria, 1956 Kassian, 1958 Theresia und 1964 Veronika. Den Schulweg nach St.Valentin legten die Kinder immer zu Fuß zurück. „Dieser Schulweg war für uns immer das Schönste“, erinnert sich Maria. Der Tag, der das karge, aber dennoch glückliche Leben der Bauernfamilie auf einen Schlag veränderte, war der 25.November 1980. An diesem Tag war Katharina-Kirchtag in Graun. Bernhard (27) und Kassian Plangger (24) wollten am frühen Abend zusammen mit den Brüdern Josef (54) und Peter Paul Blaas (46), die mit ihrer Familie ebenfalls am Greinhof lebten, sowie mit Franz Stecher (44) vom Spinhof in Graun und Josef Steiner (54) aus Arlund die Heimfahrt antreten, als das Auto, in dem sich befanden, gegenüber dem Café „Turm“ in Graun in den See stürzte. Alle sechs Autoinsassen ertranken. Josef Blaas hinterließ sieben Kinder. Auch für die Familie Plangger brach die Welt mit einem Schlag zusammen. Bernhard hatte den Hof schon vorher übernommen. Nun warf das Schicksaal alle Pläne durcheinander. „Ich dachte auch daran, alles zu verpachten und wegzuziehen“, erzählt Aloisia. Ihr Mann Franz sei zunehmend depressiv geworden. Vier Jahre nach dem Unglück starb er. Maria, die 1976 geheiratet hatte, war außer Haus. Theresia war drei Jahre später mit ihrem Mann nach Cuneo gezogen. Nach dem Tod des Familienvaters waren Aloisia und die jüngste Tochter Veronika als zwei Frauen allein am Hof. „Im Sommer halfen meine zwei anderen Töchter mit und auch Leute aus dem Dorf packten mit an“, erinnert sich Aloisia. Der frühere Grauner Pfarrer Alfred Rieper habe ihr immer Mut gemacht und selbst bei der Arbeit mitgeholfen. Die Stallarbeit verrichtete die tapfere Witwe über viele Jahre hinweg mehr oder weniger allein. Die Milch der wenigen Kühe verarbeitete sie zu Butter und Graukäse. Zusätzlich zur Arbeit im Haus griff Aloisia auch zur Sense und verrichtete noch viele andere Arbeiten, für die es eigentlich Männerhände bräuchte. Mühselig war stets die Heueinfuhr an den steilen Hängen. Nicht selten kollerten Heubündel in den Stausee. Noch gut im Gedächtnis hat Aloisia, wie der frühere Gemeindearzt Hans Waldner mehrmals mit dem Auto den zugefrorenen Stausee überquert hat, um den Sohn Kassian zu pflegen, der 1976 einen schweren Verkehrsunfall gehabt hatte. Den Hof hat schließlich die jüngste Tochter Veronika übernommen, die 1988 heiratete. Im selben Jahr wurde oberhalb des Seeufers die neue Hofstelle gebaut. Von den alten Baulichkeiten unten am See ist nur mehr ein Garten geblieben. Seit einigen Jahren gibt es am Greinhof als Zuerwerb für die junge Bauernfamilie auch einen Buschenschank. Wenngleich das Leben tiefe Falten in Aloisias Stirn geschnitten hat und ihre Sehkraft nicht mehr die von früher ist, strahlen ihre Augen dennoch Zufriedenheit aus. Sie arbeitet noch immer am Hof mit und ist nicht nur für die Hennen, die Schweine und die Katzen zuständig. Mittlerweile haben sich auch vier Enkelkinder dazugesellt. 1994 kamen Zwillinge (ein Bub und ein Mädchen) zur Welt, zwei weitere Buben folgten. Unter den Buben wird jetzt schon darüber „gestritten“, wer Bauer wird. (sepp)
Josef Laner
Josef Laner

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