Uraufführung „Die Erschaffung der Welt“
Publiziert in 7 / 2006 - Erschienen am 5. April 2006
Naturns – Am Josefitag (19. März) Tag kam das Publikum im Bürger- und Rathaus Naturns in den Genuss der Uraufführung des Oratoriums von Bert Ruf „Die Erschaffung der Welt“. Aufgeführt wurde es vom Kirchenchor St. Zeno Naturns mit Orchester unter der Leitung von Josef Pircher. Auf die Wand im Hintergrund wurde das jeweils dem gerade besungenen Schöpfungstag entsprechende Bild projektiert. Alle gezeigten Bilder gehören zu dem gotischen Freskenzyklus der St. Prokulus-Kirche bei Naturns. Sie entstanden im 14. Jh. auf der äußeren Südseite zu der Zeit, als das Kirchlein aus dem 7. Jh. aufgestockt wurde. Die St. Prokulus-Kirche stellt eines der bedeutendsten und ältesten uns noch erhaltenen frühchristlichen Kunst- und Kulturdenkmäler im deutschsprachigem Alpenraum dar.
Bert Ruf hat für sein Oratorium die Texte aus dem so genannten „jüngeren“ Schöpfungsbericht (6. Jh. v. Chr.) und für den sechsten Tag die aus dem „älteren“ Schöpfungsbericht (10. Jh. v. Chr.) gewählt. Beide sind uns aus dem Buch Genesis bekannt: In einem streng gegliederten Sechs-Tage-Werk schuf Gott die Welt und all das, was darauf Leben möglich macht, Himmel, Erde und Meere, Licht und Finsternis, Zeiteinteilung, Pflanzen und Tiere, und als Krönung seines Werkes am sechsten Tag Mann und Frau. Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn als Feiertag. Chor und Solisten (Ursula Torggler/Sopranistin, Hans Erb/Tenor, Edwin Prieth/Bass), begleitet von Stefan Gstrein am Cembalo und dem Orchester haben die Schöpfungsgeschichte zu einem musikalischem Erlebnis werden lassen.
Bert Ruf, 52 Jahre alt, hat sein Musikstudium an der Musikhochschule Stuttgart absolviert und seit 1983 unterrichtet er Musik. 1994 ist er mit dem Musikpreis „Wilhelm Müller“ ausgezeichnet worden. 1997 ist die „Weihnachtskantate nach Lukas“ entstanden, mit der er sich 2000 zum ersten Mal dem Publikum in Naturns vorgestellt hatte. Der Kirchenchor von Naturns, der bereits seit über 100 Jahren besteht und heute rund 45 Mitglieder zählt, lädt seit über 30 Jahren mit großem Erfolg zu geistlichen und weltlichen Konzerten ein und hat auch dieses Mal wieder sein Können unter Beweis gestellt. Seit fast 40 Jahren hat Josef Pircher die musikalische Leitung inne.
„Der Vinschger“: Herr Bert Ruf, wie ist Ihre Verbindung zu Naturns zustande gekommen ?
Bert Ruf: Fragen Sie besser: „Wie ist Josef Pircher auf Bert Ruf gestoßen“? Pircher war ein Inserat in der Chorzeitschrift „Chorische Stimmbildung“ über die Weihnachtskantate aufgefallen; von den Probeaufnahmen war er sehr angetan und äußerte den Wunsch, diese im Neujahrskonzertprogramm aufnehmen zu wollen. Zwischen uns bestand Sympathie auf den ersten Blick. Und dieses Mal, für die Aufführung meines Oratoriums, habe ich Leute, die bereits Bezug zu meiner Kantate gehabt hatten, auf mein neues Werk angesprochen. Was Südtirol selbst betrifft, so muss ich hinzufügen, dass ich bereits über meine Eltern engere Beziehungen zu diesem Land hatte.
„Der Vinschger“: Wohin geht jetzt Ihr Oratorium „Die Erschaffung der Welt“?
Bert Ruf: Normalerweise führe ich meine Werke selber auf, aber dieses Mal ging es nicht wegen zwei Rückenoperationen, die ich in letzter Zeit hatte. Ich habe schon verschiedene Anfragen nach der Partitur erhalten, sicher ist jedoch, dass „Die Erschaffung der Welt“ schon bald auf der Insel Wangerooge aufgeführt wird.
„Der Vinschger“: Was sind Ihre nächsten Projekte?
Bert Ruf: Ich bin stets auf der Suche nach neuen Herausforderungen, wieder ein Oratorium oder eher eine Passion, wahrscheinlich nach Johannes. Mich faszinieren die biblischen Geschichten, ich finde sie einfach spannend und zeitlos. Ich wünsche mir sehr, in ein paar Jahren wieder in Südtirol eine Aufführung zu haben.
Interview: Christel Strasinsky
Christel Strasinsky