Stephan Tratter (links) und Christoph Bacher

„Wos einigeat“

Publiziert in 18 / 2007 - Erschienen am 16. Mai 2007
Die Treventus-Gruppe hat im März dieses Jahres den IT-Nobelpreis der EU gewonnen. Der Partschinser Stephan Tratter hat am ScanRobot, dem vollautomatischen Buchscanner, der 25 Seiten in nur einer Minute einscannen kann, mitgearbeitet und als Mitglied der Treventus-Gruppe eine bahnbrechende technische Neuheit auf den Markt gebracht. Im Interview mit dem „Vinschger“ gibt der schlagfertige ­Stephan Tratter neben seiner Liebe zur Technik noch andere Leidenschaften preis. „Der Vinschger“: Herr Tratter, der IT-Nobelpreis der EU ist nicht der erste Preis, den Treventus gewinnt. Was ist der Erfolg der Treventus-Gruppe? Stephan Tratter: Wir sind ziemlich hartnäckig bei der Verfolgung unserer Ziele. Unsere wirkliche Schlagfertigkeit aber liegt definitiv in der Kraft unserer Teamarbeit, denn nur durch unsere Teamarbeit haben wir diesen Preis gewinnen können. Wir ergänzen uns sehr gut und können uns voll aufeinander verlassen - wir harmonieren wunderbar, so was ist selten. „Der Vinschger“: ScanRobot: 25 Seiten vollautomatisches Scannen in einer Minute. Unternehmen und Institutionen müssen Ihnen doch jetzt die Bude einrennen? Stephan Tratter: Allerdings! Es kommen Anfragen aus ganz Europa. Aber auch Russland und Japan haben sich schon gemeldet, ebenso die Amerikaner. Wir wollten zwar erst im Sommer mit dem Marketing beginnen, aber der IT-Nobelpreis hat sich als wunderbare Möglichkeit ergeben. „Der Vinschger“: Die Haifische, die Händler bei einer Bank, das sind auch junge, schnelle ­Köpfe. Arbeiten viel, feiern viel...Haben Sie mit denen etwas gemeinsam? Stephan Tratter: Gemeinsam mit den Haifischen? Ich glaube nicht, außer vielleicht die Tatsache, dass wir unglaublich viel und sehr ehrgeizig arbeiten. Zum Feiern sind wir immer noch nicht wirklich gekommen, aber das kann man ja nach­holen. Was uns von den Haifischen unterscheidet, ist unser Mut, einen eigenen und unkonventionellen Weg zu gehen. Immer wenn es heißt: „Das machen alle immer so!“, dann versuchen wir, ob es sich nicht einfacher und ehrlicher machen lässt. Wir sind in einem sehr jungen, neuen Markt, und haben jetzt die Möglichkeit, mit Konventionen zu brechen, an die Banker z.B. gebunden sind und können selber ganz neue Ideen einbringen: Die Bibliothekare lieben diesen frischen Wind. Und mit Wind kennen wir Vinschger uns ja aus, oder? „Der Vinschger“: Wann und wodurch kam Ihr Interesse für die Technik? Stephan Tratter: Ich war schon als Kind immer von allem fasziniert, was sich automatisch bewegt. „Der Vinschger“: Wer oder was kann Sie noch aufhalten? Stephan Tratter: Nicht sehr viel, außer vielleicht unsere eigene Zufriedenheit. Denn ist man erst einmal mit sich zufrieden, dann verabschiedet sich der Ehrgeiz und es gehen einem die Ziele aus. An beidem mangelt es uns aber zurzeit nicht, weder an Zielen, noch am Ehrgeiz, denn an der Spitze zu stehen ist uns immer noch zu weit hinten. „Der Vinschger“: Was sind Ihre Ziele für die nächsten 5 Jahre? Stephan Tratter: In drei Jahren wollen wir in Europa die Nummer 1 sein, was automatische Buchdigitalisierung anbelangt. Und in fünf Jahren wollen wir weltweit ein sehr deutliches Wörtchen im Digitalisierungsmarkt mitzusprechen haben. Beides scheint wahnwitzig, aber es ist definitiv machbar. „Der Vinschger“: Südtiroler Vordenker, Idole – gibt es da welche? Stephan Tratter: Peter Mitterhofer! Ein wirklich klassischer, verkannter Pioniergeist! Unglaublich, da erfindet einer die Schreibmaschine (bahnbrechend!), schleift das ‚Trumm’ zu Fuß 600 km auf einer Kraxe (nix Vinschgerbahnl und Pendolino) nach Wien und wird dort ebenso wie leider bereits im eigenen Dorf billig abgespeist und als Spinner abgetan. Das typische Vorreiter-Schicksal, wenn man seiner Zeit zu sehr voraus ist. Die Orte sind für mich dieselben, Partschins und Wien, aber diesmal ist das Timing besser, wir sind mit unserem Produkt unmittelbar am Puls der Zeit. „Der Vinschger“: Was schätzen Sie an Ihren Kollegen? Stephan Tratter: Dieser bunte Mix an so verschiedenen Charakteren, die sich wunderbar ergänzen, ist einzigartig! Die Jungs sind extrem zielstrebig, aber gleichzeitig so locker, dass es richtig erfrischend ist mit ihnen zu arbeiten. Und am allerwichtigsten: Diese Ehrlichkeit und dieses Vertrauen ist der wahre Nährboden für perfekte Teamarbeit! Wir sind beileibe nicht immer derselben Meinung, aber dann wird immer sehr fruchtbar diskutiert und wir sind noch immer auf ein einstimmiges Ergebnis gekommen, mit dem sich jeder identifizieren konnte. „Der Vinschger“: Das Vinschgau könnte auch auf ...... verzichten? Stephan Tratter: …wirklich gar nichts… „Der Vinschger“: Südtirol wäre noch attraktiver, wenn... Stephan Tratter: …die Billigflüge von Wien oder anderswo nach Bozen das ganze Jahr über flögen. „Der Vinschger“: Das Beste am Vinschgau? Stephan Tratter: Die herrlich karge, trockene Landschaft, die sich sehr oft auch in den Vinschgern widerspiegelt. „Der Vinschger“: Ein guter Wissenschaftler ist immer auch...? Stephan Tratter: …neugierig und ständig unzufrieden! Mit unzufrieden meine ich nicht undankbar! Es bedeutet, sich mit Lösungen nicht zufrieden geben, weiter hinterfragen, nicht aufgeben, etwas ändern zu wollen. Ist man erst mal zufrieden, bleibt langsam alles stehen. „Der Vinschger“: Ohne was fangen Sie keinen Tag an? Stephan Tratter: Mit sehr viel starkem Kaffee, immer! „Der Vinschger“: Wem haben Sie beruflich viel zu verdanken? Stephan Tratter: Meinem Treventus-Team, Christoph Bauer, Christoph Hörmann, Markus Barth und Prof. Wolfgang ­Zagler und dem Südtiroler Christoph Bacher! Nie habe ich so gerne so viele Stunden in der Arbeit verbracht und von niemandem lerne ich täglich mehr, als von meinem Team. „Der Vinschger“: Ihre Schwächen? Stephan Tratter: Genuss bei Speiß und Trank! „Der Vinschger“: Ihre größte Stärke? Stephan Tratter: Meine Geduld und mein Mundwerk… „Der Vinschger“: Die schwärzeste Nacht in Ihrem Leben? Stephan Tratter: Als wir an der Universität bei einem Experiment mitten in der Nacht so einen kapitalen Kurzschluss verursacht haben, dass in unserem ganzen Uni-Trakt der Strom ausgefallen ist. Und dann mussten wir uns im Dunkeln (alles Nichtraucher, also keine Feuerzeuge) auf die Suche nach dem zentralen Automaten machen, was ohne Licht echt schwierig war! „Der Vinschger“: Mit wem wollten Sie schon immer einmal eine ganze Nacht lang diskutieren? Stephan Tratter: Mit den beiden Google-Bossen Larry Page und Sergey Brin. „Der Vinschger“: Mit wem wollen Sie das auf keinen Fall? Stephan Tratter: Leute mit unumstößlichem Kirchturmdenken sind mir ein Gräuel, da würde ich es sicher keine Nacht durchhalten und das, obwohl ich echt was auf meine lose Klappe halte! „Der Vinschger“: Welches Gemälde würden Sie kaufen, wenn der Lamborghini erst einmal in der Garage steht? Stephan Tratter: Unbedingt ein Bild von Paul Flora! Ich habe einmal eines von ihm geschenkt bekommen und bin begeistert von seinen Zeichnungen! So habe ich immer ein Stück Heimat in der Nähe. „Der Vinschger“: Ihr Held der Neuzeit? Stephan Tratter: Helden sind für mich immer Visionäre, Pioniere, die sich allen Meinungen und Widrigkeiten zum Trotz bis zu Ihrem Ziel durchgekämpft haben. Da fällt z.B. ein ­Christian Kuntner ebenso drunter, wie ein Franz Haller oder ein Hans ­Perting. „Der Vinschger“: Was macht einen schönen Menschen aus? Stephan Tratter: Größe… „Der Vinschger“: Intelligenz ist? Stephan Tratter: …nicht mal mit dem IQ-Test beschreibbar. „Der Vinschger“: Und Dummheit? Stephan Tratter: Fehler zu machen ist menschlich, das sollte man akzeptieren. Dieselben aber mehrfach zu wiederholen würde ich als Dummheit bezeichnen. „Der Vinschger“: Warum mögen Sie Literatur? Stephan Tratter: Literatur holt mich da ab, wo ich gerade bin und bringt mich in eine ganz andere Welt, wo ich für die Zeit des Lesens abschalten kann und mich auf den Gedanken des Autors ausruhen kann. Literatur ist für mich Entspannung. „Der Vinschger“: Angst haben Sie vor...? Stephan Tratter: Festplattencrash! „Der Vinschger“: Was wollten Sie als Kind später einmal werden? Stephan Tratter: Ich wollte immer schon irgendwas mit Technik machen, das hat mich immer schon fasziniert! Und ich liebe es, Sachen zu verkaufen. Ich habe schon an der Oberschule meinen Lehrern die neuesten technischen „Spieler­eien“ weiterverkauft, die ich ausprobiert hatte. „Der Vinschger“: Was würden Sie auf einen einsamen Ort mitnehmen? Stephan Tratter: Klassischerweise würde man jetzt Bücher aufzählen, aber ich würde mir da einen Internetzugang wünschen, dann könnte ich alles lesen was ich möchte (weil wir ja viele Bücher digitalisieren und online stellen werden). „Der Vinschger“: Stephan Tratter kann am besten verzichten auf? Stephan Tratter: Milchreis. „Der Vinschger“: Geld bedeutet? Stephan Tratter: Geld ist ein wunderbares, beruhigendes Mittel zum Zweck. In den ­Händen kreativer Köpfe, die nicht geizig damit umgehen, kann Geld so was von fruchtbar sein! Ich bin überzeugt, dass man Geld mit beiden Händen beim Fenster rausschmeißen muss, damit es zur Tür wieder hereinkommen kann. „Der Vinschger“: Erfolg bedeutet? Stephan Tratter: Als wir auf der CeBIT die EU-Kommissarin Viviane Reding unseren Namen sagen hörten, sind wir herumgesprungen wie die Fußballer bei einem lang ersehnten Final-Tor. Da sprudelte das ­Adrenalin in unseren Adern, das war Erfolg! Erfolg bedeutet für mich, dass man den richtigen Weg eingeschlagen hat und damit genau das erreicht hat, was man sich vorgenommen hat. „Der Vinschger“: Macht bedeutet? Stephan Tratter: Man muss nie zweimal fragen! „Der Vinschger“: Mut ist? Stephan Tratter: Mut ist, wenn man seine Angst kennt und sie auch im Griff hat! Wir haben in unserem Unternehmen oft mutige Schritte machen müssen. Dabei war es stets wichtig zu wissen, was passiert, wenn es schief geht? Können wir damit leben? Was passiert, wenn’s gut geht? Können wir damit leben? Wenn ja, dann so weit raushängen wie nur möglich, frei nach dem Motto: „Wos einigeat!“ Interview: Katharina Hohenstein
Katharina Hohenstein
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