Im Bild (v.l.): Luise Pörnbacher, Dieter Pinggera, Anke Gähme, Albrecht Plangger, Renate Gebhard und Rosemarie Mayer.
Erich Achmüller
Auch viele Vertreterinnen und Vertreter der Politik sind zur 50. Grenzpendlertagung nach Schluderns gekommen.

Auf der Zielgeraden

Neues Steuerabkommen für die Grenzpendler soll ab 2024 gelten.

Publiziert in 10 / 2023 - Erschienen am 23. Mai 2023

Schluderns - Es war der 30. Dezember 1971, als auf Initiative von Johannes Messner (geistlicher Assistent des KVW), Josef Göller (Vorsitzender der Arbeitsstelle für Heimatferne) und Luis Gamper (KVW Bezirkssekretär in Schlanders) in Glurns die erste Grenzpendlertagung stattfand. Bei der heurigen 50. Auflage der Tagung am 20. Mai im Kulturhaus in Schluderns wurde einerseits zurückgeblickt und andererseits nach vorne geschaut, weil es auch 5 Jahrzehnte nach der ersten Tagung immer wieder Neuerungen gibt, speziell was das steuerrechtliche Abkommen zwischen Italien und der Schweiz betrifft. Wie Erich Achmüller, Vorstandsmitglied der „Südtiroler in der Welt“ und Moderator der gut besuchten Tagung, in Erinnerung rief, war schon 1971 gefordert worden, „die Pendler nicht doppelt zu besteuern.“ 1974 sorgten sich Seelsorger des Dekanats Mals um das Seelenheil der Grenzpendler. Ende der 1970er Jahre wurde das Lohnsteuerausgleichs-Abkommen zwischen Italien und der Schweiz ratifiziert. Lange Zeit zu schaffen machten den Grenzpendlern die Devisenbestimmungen. 

Viele Pendler waren Hilfsarbeiter

1979 wurden 482 Grenzpendler gezählt. 451 davon pendelten in die Schweiz: 190 Hilfsarbeiter, 102 Maurer, 45 Metallarbeiter, 38 Angestellte im Gastgewerbe, 35 Zimmerleute, 20 Holzarbeiter, 11 Steinmetze, 5 Tischler und als einzige Pendlerinnen 5 Putzfrauen. Schon allein diese Zahlen veranschaulichen, wie sehr sich die beruflichen Tätigkeiten im Laufe der Jahre verändert haben. Die Zahl der Grenzpendler aus dem Vinschgau belief sich zum Teil auf weit über 1.000. Im Jahr 1983 z.B. gab es bereits fast 700. Zu Beginn der 1980er Jahre flossen erste Lohnsteuerausgleichszahlungen für den Zeitraum 1974 bis 1979 in den Vinschgau. Im Sommer 2016 kam es zur Gründung der Grenzpendler-Arbeitsgruppe. Einige Jahre später wurde in Mals die Grenzpendler-Beratungsstelle eingerichtet. Ein Schwerpunkt bei allen Tagungen war es, die Grenzpendler stets transparent zu informieren. Aus diesem Grund hatte man auch regelmäßig Fachreferenten aus der Schweiz eingeladen. Abgeschlossen hat Erich Achmüller seine Rückschau mit Dankesworten. Besonders bedankt hat er sich beim langjährigen Sprecher der Grenzpendler, Sepp Trafoier, bei der Arbeitsgruppe, sowie bei den Landeshauptleuten, Bezirkspräsidenten und Bürgermeistern, vor allem aber beim ehemaligen Kammerabgeordneten Albrecht Plangger, der sich in Rom jahrelang mit viel Herzblut für die Grenzpendler eingesetzt hat, sowie bei der Kammerabgeordneten Renate Gebhard, die die Grenzpendler-Agenda übernommen hat und damit in die Fußstapfen von „Abi“ getreten ist.

Für attraktivere Arbeitsplätze

Obwohl sich das Land Südtirol in den vergangenen 5 Jahrzehnten stark entwickelt hat, „sind Arbeitsplätze in angrenzenden Regionen, vor allem in der Schweiz, noch immer attraktiv und für manche notwendig“, sagte Landeshauptmann Arno Kompatscher in seinen Grußworten. Zum Umstand, dass speziell die Schweiz Arbeitskräfte „absaugt“, meinte Kompatscher, „dass wir die Arbeitsplätze in unserem Land attraktiver gestalten müssen, im öffentlichen Sektor, wie etwa im Gesundheitswesen, ebenso, wie im privaten.“ Mit Grußworten warteten auch Luise Pörnbacher, die Vorsitzende der „Südtiroler in der Welt“, die stellvertretende KVW Bezirksvorsitzende Annemarie Tinzl Kainz, der KVW Landesvorsitzende Werner Steiner und Renate Gebhard auf, die zusammen mit Albrecht Plangger über das neue Steuerabkommen informierte.

Künftig konkurrierende Besteuerung

Die Vorbereitungsarbeiten für das neue Abkommen sind schon vor rund 10 Jahren angelaufen. „Nun befinden wir uns auf der Zielgeraden und können realistisch annehmen, dass es ab dem 1. Jänner 2024 gelten wird“, sagte Gebhard. Der Kernpunkt des Abkommens sei eine konkurrierende Besteuerung anstelle der Doppelbesteuerung. Zukünftige Grenzpendler werden in der Schweiz und in Italien besteuert: In der Schweiz fallen 80% der Quellensteuer an, die bei der Restbesteuerung in Italien zum Abzug gebracht werden können. Zudem werde es bei der Festlegung der Besteuerungsgrundlage einen Steuerfreibetrag von 10.000 Euro geben. Für alte bzw. aktuelle Grenzpendler, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Abkommens bereits Grenzpendler sind bzw. es im Zeitraum vom 31. Dezember 2018 bis zum Inkrafttreten bereits einmal waren, bleibt die bisherige Regelung aufrecht. Der Steuerausgleich seitens der Schweiz (40% der anfallenden Quellensteuer) bleibt bis einschließlich 2033 in Kraft. Außerdem wird ein Fonds zur Förderung der sogenannten Grenzgemeinden für lokale Projekte eingerichtet. „Einige Punkte sind zwar noch offen und es gibt auch noch Grauzonen, aber im Großen und Ganzen steht das Abkommen“, so Gebhard. Über Neuerungen bei Arbeitsverhältnissen in der Schweiz berichtete Anke Gähme, Regionalleiterin der Gewerkschaft Unia. Arbeitskräfte aus dem Vinschgau bzw. Südtirol seien in der Schweiz nach wie vor sehr willkommen. Speziell in Graubünden werde derzeit eine massive Abwanderung ausländischer Arbeitskräfte verzeichnet. Ein Grund dafür sei das extrem teure Wohnen. Zu den Themen Kindergeld, Krankenversicherung, Homeoffice, Rente und Rentenversicherung referierte Rosemarie Mayer (Leiterin „Südtiroler in der Welt“ und Zuständige für die Beratungsstelle Mals). 

1,2 Millionen Euro als Steuerausgleich

Über die Geldmittel, die als Steuerausgleich in den Vinschgau fließen und vom Staat immer mit einem zweijährigen Verzug ausgezahlt werden, berichtete der Bezirkspräsident Dieter Pinggera. Der Steuerausgleich des Jahres 2020 belief sich auf insgesamt rund 1,2 Millionen Euro: 230.000 Euro für Graun, 36.000 für Glurns, 90.000 für Laas, 391.000 für Mals, 120.000 für Prad, 41.000 für Schlanders, 115.000 für Schluderns, 150.000 für Taufers im Münstertal und 11.000 für die Gemeinde Stilfs.

Josef Laner
Josef Laner

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